Haushaltsdebatte 2021/22 - Bezirke

In der Generaldebatte zum Hamburger Doppelhaushalt für die Jahre 2021 und 2022 ergriff auch der Abgeordnete Stephan Jersch das Wort. Sein Beitrag in der Sitzung am 1. Juni beschäftigte sich mit der Situation der Bezirke.

Die Rede von Stephan Jersch DIE LINKE im Wortlauf: 

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schön, dass wir über die Bezirke an so exponierter Stelle dieses Mal reden können, und für die Initiative ein Dank an die CDU-Fraktion.

Bezirke sind tatsächlich das Gesicht der Stadt gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, und wenn
man eine Titulierung dafür bräuchte, dann muss man nur zehn Jahre zurückblicken: Bürgernähe,
vernünftig organisiert und auskömmlich finanziert, so haben die Bezirksamtsleiterinnen und Bezirks-amtsleiter ihren Brandbrief 2011 überschrieben. 

Das ist heute noch genauso, diese Forderung, denn hier jagt sich eine panikhafte Einstellungsoffensive nach der nächsten Qualitätsoffensive, denn die Bezirke sind nach wie vor meilenweit von  auskömmlicher Finanzierung entfernt.

(Beifall bei der LINKEN)

Man kann das jetzt machen wie die CDU, auf jede Lücke ein Pflästerchen kleben, aber letztendlich haben wir bei den Bezirken einen finanzpolitischen Flächenbrand. Und so ist auch dieser Haushalt wieder für die sieben Bezirke nichts anderes als ein Kreuzweg. Sie werden bei wichtigen sozialen Projekten, Projekten im Rahmen des Klimaplans zerrieben zwischen investiv, konsumtiv und leeren
Kassen, und finanzpolitisch ist diese Armenspeisung für die Bezirke durch die Regierungskoalition
schlicht und ergreifend unwürdig.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben in Hamburg ein strukturelles Problem, und dem müssen wir uns mit einer grundlegenden Trendumkehr entgegenstellen. Das heißt, wir brauchen statt der Einbeziehung der Bezirke in die Einsparverpflichtungen eben genau die Ausklammerung der Bezirke aus diesen Einsparverpflichtungen. Statt nicht konkurrenzfähiger Bezahlung in den Bezirksämtern brauchen wir konkurrenzfähige Löhne, damit auch das Personal in den Bezirksämtern wieder aufgebaut werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wir brauchen eine auskömmliche Finanzierung, und zwar auf Dauer, für die Bezirke. Genau
deswegen beantragen wir von der LINKEN eine dauerhafte Trendumkehr bei der Finanzierung. Wir
wollen die Stärkung von handlungsfähigen Bezirken, und dafür beantragen wir erst einmal als Ersthilfe die Verdoppelung des Quartiersfonds,

(Beifall bei der LINKEN)

allerdings wissend, dass die Bezirke natürlich strukturell unterfinanziert sind. Viele Aufgaben, die eigentlich in normale Produktgruppen gehören, werden über den Quartiersfonds abgewickelt. Und genau hier verlangen wir eine Evaluation, damit wir einen genauen Bedarf der Bezirke ermitteln können und sie künftig auf eine reale Basis im Haushalt stellen und nicht aus irgendwelchen Töpfchen, die mit Vorliebe dann auch noch von den Regierungsabgeordneten verteilt werden, leben lassen.

Beispielhaft für die Verteilung von Aufgaben ist unser Antrag, Tourismusbeauftragte in den Bezirken einzurichten. Solche bürgernahen, hier wirtschaftsnahen Dienstleistungen gehören in die  Bezirke, und dafür müssen die Bezirke ermächtigt werden, dass sie diese Aufgaben dann auch  wahrnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen appellieren wir: Geben Sie den Bezirken wieder Luft zum Handeln, geben Sie ihnen die notwendigen Finanzen. Und falls Sie es noch nicht wissen, empfehle ich tatsächlich noch einmal  einen letzten Blick in den Brandbrief der Bezirksamtsleiterinnen und Bezirksamtsleiter vom Februar 2011, vor der Bürgerschaftswahl, als die SPD dann die absolute Mehrheit errang, denn nichts, gar  nichts hat sich an der Situation der Bezirke seitdem geändert.

Sie werden nach wie vor hintenangestellt. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)