Debatte: Klimakatastrophe und Hamburg - Schutz vor Extremwetterereignissen

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Klimakrise global und in Hamburg: In der Debatte der Bürgerschaft am 18. August 2021 zum TOP 86 "Schutz vor Extremwetterereignissen" nahm Stephan Jersch für Fraktion DIE LINKE Stellung und kritisierte die unzureichende Klimapolitik des rot-grünen Senats.

 

  • Die Rede von Stephan Jersch ist hier als Video online. Die gesamte Debatte ist hier.
  • Zum Thema gehört die Drucksache 22/5350 

Die Rede im Wortlaut: 

Katastrophen- und Bevölkerungsschutz in Hamburg nachhaltig verbessern – digitale und analoge Warnsysteme ausbauen!

Stephan Jersch DIE LINKE:
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Der  beste Schutz vor Extremwettersituationen ist ein funktionierender Klimaschutz. Infolgedessen reden wir hier heute über Folgenverhinderung klimapolitischen Versagens. Und das hat in dieser Stadt durchaus Tradition. Olaf Scholz, damals Erster Bürgermeister dieser Stadt, heute oberster Klimaschützer, Papst des Klimas, hat noch im Juni 2017 gesagt, das ehrgeizige Ziel Hamburgs sei, nur eine Erderwärmung von 2 Grad zu erreichen, und niemand würde erwarten, dass wir mehr leisten könnten – anderthalb Jahre, nachdem das Pariser Klimaschutzabkommen unterschrieben worden ist.

Das sind die Folgen, die wir hier mit dieser Klimapolitik und mit dieser Orientierung der Klimapolitik sehen. Da muss man sagen: Wesentlich spannender, als diesen Antrag zu lesen, ist es, das "Hamburger Abendblatt" zu lesen. Aber das ist, glaube ich, ein anderes Thema. Das Petitum wirkt dementsprechend etwas hilflos. 

Der Senat bekommt ein halbes Jahr Zeit, um über Sachen zu referieren, die er eigentlich schon in der Schublade haben müsste und die er schon längst erledigt haben sollte. Letztendlich fehlt hier natürlich auch ein zentraler Aspekt: der Finanzierungsvorbehalt für den Klimaschutz. Mit Grausen sehe ich den nächsten Doppelhaushalt und das, was dann für Klima noch wirklich übrig bleiben soll. 

Sie verweisen im Antrag zu Recht auf die zweite Deichlinie. Seit 2016 verweisen wir auf deren Zustand. Im Januar 2012 wurden in 500 Häusern in den Vier- und Marschlanden die Leute in der Nacht rausgeklingelt, weil der Deich an Dove- und Gose-Elbe drohte überzulaufen. Zehn Jahre später soll es jetzt tatsächlich ein Konzept dafür geben.

Was wäre passiert, wenn in der Zwischenzeit ein solches Binnenhochwasser tatsächlich eingetreten wäre? Das wäre politisches Versagen sondergleichen.

Sie wollen wissenschaftliche Erkenntnisse. Die Frage ist doch: Warum tun Sie nicht das, was Sie schon wissen, was wissenschaftliche Erkenntnisse sind? Wo bleibt zum Beispiel das im Koalitionsvertrag angekündigte Entsiegelungsprogramm? Davon ist weit und breit nichts zu sehen. Stattdessen wird versiegelt, was der Betonmischer hergibt. A26, Oberbillwerder, diese Kette lässt sich nahtlos weiterführen in dieser Stadt. Auf der anderen Seite lesen wir beim Landesrechnungshof die Kritik daran, dass es geschönte Zahlen über Katastrophenschutzübungen in dieser Stadt gibt. Da ist noch viel nachzuholen.

(Beifall)
Stattdessen brauchen wir Klimamaßnahmen ohne Finanzierungsvorbehalt. Es gibt keine wissenschaftliche Erkenntnis, die sagt, dass die Krisen nicht stattfinden, wenn kein Geld da ist. Es muss radikale Transformationen in dieser Gesellschaft geben, und währenddessen überholt uns die Erkenntnis, überholt uns die Zeit. Der Klimaplan in Hamburg ist bestenfalls noch Mittelmaß.

(Beifall)
Er muss dringend und sehr schnell überarbeitet werden mit neuen Herausforderungen. Die Konsequenz des Handelns heißt auch, dass wirksamer Klimaschutz in dieser Stadt letzendlich ja doch eine Fehlanzeige ist. Wir brauchen eine Abkehr vom Finanzierungsvorbehalt, wir brauchen wirksame Entsiegelung und ein Versiegelungsverbot, einen Versiegelungsstopp, und wir brauchen massive Investitionen in Klimamaßnahmen, Katastrophenschutz und natürlich in Personal- und Sachmittel, da, wo es in dieser Stadt Jahr für Jahr und jedes Mal hakt und wo immer noch nicht angekommen ist, was Ursache und was Folge ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden dem Antrag natürlich zustimmen. Er schadet nicht, aber es ist nicht das Problem der Zeit, das Sie hier behandeln. Da müssen Sie ganz andere Anträge auf den Tisch legen, und Sie müssen sich bewegen für einen wirksamen Klimaschutz. – Danke.

(Beifall)