Klimacamp erlaubt: Ohrfeige für Hamburgs Polizei

Das Hamburger Verwaltungsgericht hat heute weitreichende Auflagen der Versammlungsbehörde aufgehoben – zuvor hatte die Behörde das „System Change Camp“ weitgehend untersagt. Zu dem Camp werden vom 9.-15. August mehrere Tausend Aktivist:innen nach Hamburg kommen, um für Klimaschutz zu demonstrieren. Das Gericht erkannte den Versammlungscharakter des Camps an und erklärte, dass sowohl Schlafzelte als auch Versorgungs- und Infrastrukturzelte dazu gehören. Lediglich beim Ort für das Camp gab das Gericht der Versammlungsbehörde recht: Nach dem Urteil darf das „System Change Camp“ nicht im Stadtpark stattfinden - die Organisator:innen sollen sich mit einer Fläche am Volkspark begnügen, die sie allerdings für zu klein halten. Dazu Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft:

„Das Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichts ist eine schallende Ohrfeige für die Hamburger Polizei, die offenbar nichts aus den Fehlern während des G20-Gipfels gelernt hat. Das Urteil sichert die Versammlungsfreiheit in Hamburg. Jetzt erwarten wir vom Hamburger Senat, dass er sich mit den Organisator:innen des Camps auf eine Fläche einigt, die zentral ist und zugleich groß genug für die erwartete Anzahl an Teilnehmer:innen.“

Informationen zum Camp und den Veranstaltungen unter anderem hier.

Zum Hintergrund:
Es geht um die juristische Frage, ob Protestcamps mit Infrastruktureinrichtungen dem Schutz der Versammlungsfreiheit unterfallen. Aktuelle Gerichtsentscheidungen haben diese Frage einhellig bejaht. So stellte das Bundesverwaltungsgericht erst im Mai 2022 fest, dass das  "Klimacamp 2017" im Rheinland mit Infrastruktureinrichtungen der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Grundgesetz unterfiel. Denn: "Eine infrastrukturelle Einrichtung eines als Versammlung zu beurteilenden Protestcamps unterfällt dem unmittelbaren, durch das Versammlungsgesetz ausgestalteten Schutz durch Art. 8 GG, wenn sie entweder einen inhaltlichen Bezug zu der mit dem Camp bezweckten Meinungskundgabe aufweist oder für das konkrete Camp logistisch erforderlich und ihm räumlich zuzurechnen ist." (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2022 - 6 C 9.20). Explizit mit Bezug auf Hamburger Umstände entschied das Verwaltungsgericht Hamburg erst im Mai diesen Jahres, dass das G20-Protestcamp im Entenwerderpark eine Versammlung darstellte (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 04.05.2022 - 21 K 264/18). Gerade die Untersagung des Aufstellens von Schlafzelten, des Errichtens von Duschen und des Aufbaus von Küchen durch die Versammlungsbehörde sei rechtswidrig gewesen (Link Pressemitteilung: https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/16144400/pressemitteilung/).