Wirtschaftspolitik muss bei Strukturwandel und Nachhaltigkeit endlich aufwachen

Stephan Jersch

Rede zum Einzelplan 7, 90. Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft am 13. Dezember 2018

Einzelplan 7

Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation
Bereich Wirtschaft und Innovation

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Stephan Jersch DIE LINKE: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man sich den Haushalt des Einzelplans 7 anguckt, dann wäre der Begriff Mangelwirtschaft eigentlich genau das, was einem auf Anhieb dazu einfallen sollte:

(Beifall bei der LINKEN - Ekkehard Wysocki SPD: Damit kennen Sie sich ja aus!)

ein nachhaltiger Mangel an Ideen, vor allen Dingen an neuen Ideen ...

(Glocke)

Stephan Jersch DIE LINKE (fortfahrend): ... aber vor allem eine fast völlige Fehlanzeige bei der Umsetzung des Lippenbekenntnisses dieses Senats zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Was jetzt auch nicht überrascht, denn das mehrdimensionale Denken war in dem Haus­halt des Einzelplans 7 eigentlich noch nie großartig verankert, und so zieht sich hier das Weiter-so auch durch diesen Einzelplan. Infolge dessen ist es schon erstaunlich, wie viele Änderungsanträge die Regierungskoalition trotz des Weiter-so in diesem Haushalt noch stellen konnte.

Wenn man Zahlen sprechen lässt, dann bedeutet dieser Haushalt zum Beispiel die Fortsetzung des langen Abschieds von der Agrarpolitik in Hamburg, von den Bienen auf dem Dach der Umweltbehörde vielleicht einmal abgesehen. Wie sehr diese fragile Sterbebegleitung des Senats auf der Kippe steht, hat sich gezeigt, als die Fördermittel für die Ge­meinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruk­tur und des Küstenschutzes kurz vor der Kürzung standen, denn Hamburg ist und bleibt nach wie vor das einzige Bundesland, das aus dem europäi­schen Förderprogramm ELER ausgestiegen ist - eine Verantwortungslosigkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Und das angesichts der selbstfestgestellten beson­deren Herausforderungen in diesem Gebiet. Man hat das Gefühl, dass der Agrarposten hier tatsäch­lich nicht steigt, weil die Personalkosten gegen die Investitionen verrechnet werden. Das ist wirklich überhaupt nichts.

(Beifall bei der LINKEN)

Schauen wir uns einmal die Sustainable Develop­ment Goals an. Die wurden nun, wie Hänsel und Gretel im Wald ausgesetzt wurden, über die diver­sen Einzelpläne des Haushalts ausgesetzt. Nach­haltigkeit im Einzelplan 7 taucht 18-mal auf, sieben­mal im Sinne von dauerhaft und von den verblei­benden elf Erwähnungen haben wir acht im Bereich der Agrarpolitik - als Alibiveranstaltung taugt dieser Bereich, zu dem der Senat sich ja eigentlich nach­haltig bekennt, dann noch, und das bei einer Fläche von 20 Prozent unserer Stadt. Für die Verwaltung von Bauerwartungsland brauchen wir in der Tat nicht so viel im Haushalt und genau da steuert der Senat hin.

Ich kann unmöglich in der Kürze der Zeit alle Punk­te aufführen. Vielleicht noch ein großes Missverständnis der Wirtschaftspolitik der Freien und Han­sestadt Hamburg: die Metropolregion. Liebe Kolle­ginnen und Kollegen, da geht es auch um eine Las­tenverteilung und nicht um das Nehmen seitens Hamburg und das Geben des Umlandes in Rich­tung Hamburg.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben angesichts der Flächenknappheit in der Stadt deutliche Aufgaben, die wir uns in der Metro­polregion aufteilen könnten - und auch da keine Anstrengungen, was den Haushaltsplan angeht.

Die Tourismusstrategie für Hamburg, Tourismusför­derung at its best, ist die Verwaltung von drei GmbHs, die den Tourismus managen. Eine politi­sche Steuerung, eine haushaltspolitische Steue­rung findet in keinster Weise statt, und natürlich auch keine Nachhaltigkeitsziele, die hier umgesetzt werden. Gerade der Tourismus verursacht infra­strukturelle Kosten, die sich im Einzelplan 7 nicht wiederfinden.

Der Stagnation wird in diesem Haushaltsplan ge­zielt das Wort geredet. Schwerpunkte sind nicht umsonst reichhaltig über diesen Einzelplan ver­streut. Das ist verwaltungstechnisches Handeln und nicht innovatives Fördern der Wirtschaft in unserer Stadt; das hätte die Stadt wirklich einmal verdient. Man kann sich auf dem Weiter-so nicht ausruhen. Viele andere Gegenden haben Strukturwandel nicht geschafft, weil sie sich lange ausgeruht haben. Ich hoffe, dass im Wirtschaftsbereich hier auch noch einmal aufgewacht wird. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)