Debatte: Hamburg wappnet sich: gegen die Klimakrise und die zerstörerischen Folgen des Extremwetters
Debatte in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft am 2. Oktober zum Thema Klimakrise und Extremwetter und wie Hamburg dagegen besser vorgehen kann. Für die Linksfraktion ging Stephan Jersch in diesem TOP ans Rednerpult.
- Top: AKTUELLE STUNDE - Hamburg wappnet sich: Gegen die Klimakrise und die zerstörerischen Folgen des Extremwetters - angemeldet von der GRÜNEN Fraktion.
- Foto: M.Zapf, Bürgerschaft HH
Das Video von der Debatte ist hier komplett online und hier und hier die Redebeiträge von Stephan Jersch.
Die beiden Reden von Stephan Jersch im Wortlaut:
Stephan Jersch DIE LINKE:
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die
Titelanmeldung heute ist mal wieder unvollständig
und müsste heißen: "Hamburg wappnet sich: ge-
gen Klimakrise und die zerstörerischen Folgen des
Extremwetters und das mangelnde Handeln von
Rot-Grün."
(Beifall bei der LINKEN)
Wir hatten jetzt die zwei wärmsten Jahre in der
Geschichte Deutschlands; wir haben eine durch-
schnittliche Temperaturerhöhung von 1,8 Grad seit
1881, und der Klimaplan in Hamburg – das können
wir feststellen – ist nicht klimawandelfest. Es gibt
einen Abschied vom 1,5-Grad-Ziel. Und, Kollege
Lorenzen: Ja, es lohnt sich, um jedes Zehntelgrad
zu kämpfen. Sie haben die Zehntelgrade nämlich
vorher aufgegeben, und das ist Ihre Schuld.
(Beifall bei der LINKEN)
Und es gibt keinen Paradigmenwechsel hin zum
CO2-Budget; auch das müssen wir feststellen. Mit
solchen Projekten wie der A26-Ost reißen Sie sich
Ihre Klimaziele selbst unterm Hintern weg.
(Beifall bei der LINKEN)
Globale Erwärmung gibt mehr Extremwetter: Das
haben wir hier jetzt von mehreren Rednerinnen und
Rednern gehört, das ist Rot-Grün bekannt, aber
ist Hamburg auch gewappnet dafür? Hitze, Dürre,
Hochwasser und Starkregenereignisse kommen im-
mer häufiger. Die Bodenversiegelung in Hamburg
wird nicht angegangen, die Starkregengefahrenkar-
te zeigt die Bedrohung, und aus den Drohungen
wird immer häufiger Ernst. Bei mir in der Wohnung
kann ich es sowohl hinter mir an der Bille wie vor
mir am Bornmühlenbach sehen, der mittlerweile re-
lativ häufig die Straße überflutet.
Der Hitzeaktionsplan muss endlich her; Maßnah-
men, die das Stadtklima verbessern, sind bisher
wirklich Fehlanzeige. Das unzureichende Handeln
wird in Hamburg immer mehr zu einem russischen
Roulette: gesundheitlich durch die körperlichen Fol-
gen der Hitzeperioden und materiell durch die Fol-
gen der Starkregen-, der Überflutungsereignisse.
Und die Klimaanpassung in Hamburg ist letztend-
lich ein nebulöses Starknebelereignis, wie man
feststellen muss, denn Sie sagen immer noch nicht,
wann was genau umgesetzt werden soll – die
fortlaufenden Deicherhöhungen können nicht alles
sein. Der einzige Deich, der in Hamburg wirklich
ausreichend hoch ist, ist der, den Rot-Grün vor sei-
nen Haushalt gelegt hat.
(Beifall bei der LINKEN)
Die hanseatische Klimapolitik muss sich aber rech-
nen, und da hätte ich Zahlen: Die Schadensbilanz
der Versicherer für 2023 spricht von 4,9 Milliarden
Euro Schaden durch Extremwetterereignisse, und
für 2024 werden 7 Milliarden Euro prognostiziert.
Der Senat gibt aber lieber Geld hinterher, um die
Folgen mit Sanierungen und Reparaturen auszu-
bessern und eine schöne Berichterstattung darüber
zu bekommen. Das macht sich in der Presse gut,
ist aber keine Vorsorge und schon gar nicht extrem-
wetterfest für Hamburg. Die Schwammstadt wird
von Hamburg aufgegeben und wird zu einem För-
derprogramm der IFB für Privatpersonen. Das ist
deutlich zu wenig für eine Stadt, die auch in der
öffentlichen Hand immer Vorbild sein muss. Es
braucht die ausgestreckte Hand gegenüber den
Hamburgerinnen und Hamburgern, und in dieser
ausgestreckten Hand müssen auch Haushaltsmittel
vorhanden sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Nehmen Sie Ihre gesellschaftliche Verantwortung
wahr; der erhobene Zeigefinger reicht schon lange
nicht mehr, und die Klimaverspätungspolitik des Se-
nats ist mittlerweile bahnreif. Die Jahrzehnte sind
wirklich aufgebraucht, die Erkenntnis ist da – das
hören wir immer wieder –, die Taten reichen in die-
sem Senat wirklich vorn und hinten nicht. Daher
finde ich die Anmeldung des Themas hochmutig.
Vom Erkenntnisgewinn ins Handeln zu kommen, ist
spätestens jetzt dringend notwendig.
(Beifall bei der LINKEN)
Deswegen, zum Schluss: Klimaschutz rechnet
sich – für Hamburg, für die Hamburgerinnen und
Hamburger und letztendlich auch für den Haushalt
und damit für den Finanzsenator, der so eine Art
Co-Umweltminister dieser Stadt ist. Sie müssen
nachlegen, sehr deutlich. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweite Rede von Stephan Jersch zu diesem TOP:
Stephan Jersch DIE LINKE:
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In den
Beiträgen waren viele richtige Worte – das kann
ich an dieser Stelle deutlich sagen –, die mich aller-
dings daran zweifeln lassen, ob Sie wirklich Mitglied
der in Hamburg regierenden Koalition sind, weil das
Handeln dieser Koalition dann sehr deutlich anders
aussehen müsste.
(Beifall bei der LINKEN)
Wie ich es schon mal gesagt habe: Die Erkenntnis
scheint da zu sein, aber das Handeln, das aus
diesen Erkenntnissen resultieren sollte, ist deutlich
unterrepräsentiert. Daher kann ich nur sagen: Es
ist keine gute Leistung, die hier vorgelegt worden
ist; die Warnungen vor dem Klimawandel, die War-
nungen vor den Extremwetterereignissen an sich
reichen nicht. Tun Sie mehr, tun Sie etwas, um
auch in Hamburg für die Menschen weiter lebens-
wertes Leben zu ermöglichen. Da sind Sie wirklich,
sage ich mal, zu dünn aufgestellt.
Und wer hier in seinen Reden zum Beispiel Fri-
days for Future oder auch den Zukunftsentscheid
anführt, der sollte sich schon fragen: Warum ist
da draußen auf der Straße mit den vielen Plaka-
ten zum Zukunftsentscheid nicht ein einziges da-
bei, auf dem "Koalitionäre sagen Ja zu Hamburg"
steht? Das hat seine Gründe. Als der Zukunftsent-
scheid angemeldet wurde, sagte Senator Kerstan,
er freue sich über jede Unterstützung für seine Kli-
mapolitik. Dazu kann ich nur sagen: Ja, das finde
ich gut, aber warum muss das an dieser Stelle
denn notwendig sein? Ich glaube, der Zukunftsent-
scheid wird doch in seiner Intention von den meis-
ten in diesem Hause völlig geteilt. Insofern ist die-
se Koalition für den Klimawandel augenscheinlich
nicht handlungsfähig genug, um den Interessen der
Stadt nachzukommen.
(Beifall bei der LINKEN)
Sehr konkret möchte ich jetzt auf das zuletzt ange-
sprochene Thema Wasserstoff kommen. Wir brau-
chen den grünen Wasserstoff, keine Frage, aber
warum macht diese Stadt wieder den gleichen Feh-
ler wie bei allen anderen Sachen? Sie ist bei der
Umsetzung maßgeblich mit privatwirtschaftlichen,
profitorientierten Unternehmen auf dem Weg. Das
muss sich endlich ändern; wir brauchen ein ande-
res Herangehen. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN