Debatte: Haushaltsberatungen über den Etat der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrawirtschaft

Haushaltsberatungen der Bürgerschaft in der 98. Sitzung am 16. Dezember 2024. Auch der Einzelplan 6.2 mit dem Entwurf für die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft steht auf der Agenda. Dazu geht für die Linksfraktion der umweltpolitische Sprecher Stephan Jersch ans Mikrofon.

Einzelplan 6.2: Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft

Das Video von der gesamten Debatte ist hier online. Die Redebeiträge von Stephan Jersch sind als Video direkt hier und hier. (Mediathek Bürgerschaft)

Die beiden Redebeiträge von Stephan Jersch im Wortlaut:

Stephan Jersch DIE LINKE:

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Die-
ser Haushaltsentwurf ist etwas, was nachdenklich
macht, nachdenklich darüber, welche Rolle der Um-
welt- und Klimaschutz in Hamburg spielt, welche
Rolle ihm noch zugebilligt wird, und weniger etwas,
was Hoffnung stiften kann. Es ist kein Quanten-
sprung. Es ist nicht einmal ein normaler Sprung. Es
ist kein eigentlich notwendiges Bündeln aller Kräfte
in dieser Stadt.

Der Entwurf zeugt davon, dass in dieser Koaliti-
on die Bedeutung von Klima- und Umweltschutz
nicht wirklich angekommen ist. Schon allein die un-
terdurchschnittliche Steigerung des Einzelplans 6.2
ist für uns völlig unverständlich angesichts der Auf-
gaben, die vor uns liegen. Fast allen Fraktionen
ist klar, dass die Auswirkungen des Klimawandels
verheerende Kosten verursachen werden und be-
reits verursacht haben. In einer reichen Stadt wie
Hamburg mag man das noch einige Zeit abpuf-
fern können, aber sicherlich ist auch da das En-
de schon abzusehen. Allein mit einigen Leuchtturm-
projekten wie einer homöopathischen, aber privati-
sierten Wasserstoffproduktion oder dem immer wie-
der verschobenen Einsatz für die Kohleschleuder in
Wedel und einer guten Presse allein werden wir die
vor uns liegenden Aufgaben nicht meistern können.
Und wenn ich "wir" sage, dann meine ich, dass
das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, bei
der ein Konsens, so weit wie möglich, hergestellt
werden muss. So ist der Blick in den vorliegenden
Haushaltsentwurf ein Blick auf Stagnation und kom-
mende Probleme.
(Beifall bei der LINKEN)

Was diesen Haushalt angeht, möchte ich mit Blick
auf den Co-Umweltsenator Dressel von Haushalts-
klebern reden, die im Gegensatz zur Letzten Ge-
neration, die etwas verändern wollte, versuchen,
den dringend notwendigen Paradigmenwechsel im
Haushalt auf Biegen und Brechen zu verhindern.
Ein sehr zentraler Punkt, den es an diesem Haus-
halt zu kritisieren gilt, ist die fortgeschriebene In-
transparenz. Mit immer noch 20 Prozent globaler
Mehrkosten im Haushaltsplan wird hier ein Persil-
schein ausgestellt, der angesichts der anstehen-
den Aufgaben absolut inakzeptabel ist. 61 Millionen
Euro in der Schatulle des zukünftigen Umweltsena-
tors oder der zukünftigen Umweltsenatorin als nicht
weiter bestimmte globale Mehrausgaben, die der
parlamentarischen Kontrolle dadurch entzogen wer-
den, das ist völlig inakzeptabel, liebe Kolleginnen
und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN)

Angesichts des in Hamburg bereits aufgegebenen
1,5-Grad-Ziels ist das, was dieser Haushalt an
Absichten darlegt, völlig unzureichend. Klimaan-
passungsstrategie und Entsiegelungsprogramme –
Fehlanzeige; und selbst Low Hanging Fruits wie
zum Beispiel der Reparaturbonus werden nicht um-
gesetzt in dieser Stadt. Die gerade veröffentlich-
te Studie von CORRECTIV über die Versiegelung
dreier deutscher Metropolen zeigt, wie wichtig eine
konsequente Entsiegelungsstrategie für Hamburg
wäre. Fakt ist aber, dass die Versiegelung in Ham-
burg weiter voranschreitet, die Studie zeigt es, mit
dramatischen Folgen für das Stadtklima. Da hilft
auch der Vertrag für Hamburgs Stadtgrün anschei-
nend nicht.

Mit den im Haushalt vorgesehenen 14 Millionen
Euro für Klimaanpassungsmaßnahmen – immerhin
erstmals identifizierbar aufgeführt – ist keine ver-
nünftige Klimaanpassung zu leisten. Und dass die
Entsiegelung nur ein einziges Mal im Zusammen-
hang mit dem Bezirk Altona aufgeführt wird, ist
auch für die Ambitionen dieser Koalition ärmlich.
(Beifall bei der LINKEN)

Auch wenn die Umsetzung des Klimaplans angeb-
lich zu einer Querschnittsaufgabe über alle Behör-
den geworden ist, so ist an keiner Stelle dieses
Haushaltsentwurfs transparent zu entnehmen, was
das für den Haushalt in Hamburg bedeutet. Um-
gangssprachlich kann man das nur als Nebelkerzen
bezeichnen.

Ich habe noch einige Worte zu den bezirklichen
Zuweisungen: Es kann angesichts der Aufgaben
der Bezirke einfach nicht sein, dass die Rahmenzu-
weisungen Gewässer zum Beispiel nicht nur nicht
steigen, sondern sogar abgesenkt werden. Und als
wäre das nicht schon genug, werden auch noch die
Zweckzuweisungen für wasserwirtschaftliche Bau-
maßnahmen abgesenkt.

Wir fordern, dass die Notwendigkeit aus dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz-
gesetz des Bundes einen sehr deutlichen Fußab-
druck in diesem Haushalt hinterlassen muss, und
dem ist leider nicht so.
(Beifall bei der LINKEN)

Und so ist es an uns, erneut darauf hinzuweisen,
dass Umwelt und Klima eine Frage des Überle-
bens, aber auch der sozialen Gerechtigkeit sind.
Umwelt- und Klimagerechtigkeit sind nicht zum
Nulltarif zu haben, aber sie sind doppelt wichtig, um
die Akzeptanz für Umwelt- und Klimamaßnahmen
in der Bevölkerung zu steigern.
(Beifall bei der LINKEN)

Das leistet dieser Haushalt nicht, und er ist weit
davon entfernt, neue Schwerpunkte zu setzen, am-
bitionierte Klimaschutz- und Umweltziele nicht nur
zu definieren, sondern diese auch sozial gerecht zu
finanzieren. Wir werden auch in den nächsten zwei
Jahren sehen, dass bei PR-trächtigen Projekten
das Geld aus der Behördenschatulle fließt; dafür
sind die globalen Mehrkosten sicherlich gut. Im Ge-
genzug zu schönen Presseberichten wird gleichzei-
tig der Zustand hinter der Fassade immer maroder
werden. Und wenn dann die Gullys im Keller voll-
laufen, die Fleete erbärmlich stinken, der Ausbau
der Windenergie und der Photovoltaik in Hamburg
nicht feststellbar sein wird, die Wasserstoffproduk-
tion dem Bedarf nicht gerecht wird, dann werden
Sie erkennen, dass Haushaltskleber nicht recht ha-
ben. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)

Zweiter Redebeitrag:

Stephan Jersch DIE LINKE:
Ein bisschen Zeit habe ich mir aufgespart.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Ich
glaube, wir werden noch eine andere Gelegenheit
haben, Bilanz zu ziehen, was Umweltsenator Kers-
tan erreicht hat – und ich denke, sie ist überwie-
gend positiv –, und diese dann noch einmal ins
Mikro zu geben. Nichtsdestotrotz möchte ich hier
noch einmal auf zwei Sachen deutlich hinweisen:
Der Erste Bürgermeister hat am Anfang seiner Re-
de tatsächlich einige umwelt- und klimapolitische
Sachen zum Besten gegeben. Er hat aber nicht be-
sonders auf den Haushalt, sondern auf die öffentli-
chen Unternehmen und deren Investitionen verwie-
sen – öffentliche Unternehmen, die gegen den Wil-
len der SPD durch den Volksentscheid wieder in die
Hand der Stadt gekommen sind. Die Schwarmin-
telligenz dieser Stadt war an dieser Stelle wieder
schlauer, sie hat uns Freiheiten gegeben, die Inves-
titionen zu machen. Wir sollten doch nicht glauben,
dass die großen Investitionen von Stromnetz Ham-
burg jetzt vom Himmel gefallen seien. Nein, sie be-
ruhen darauf, dass Vattenfall seine Netze bis zum
Schluss ausgereizt hat. Das ist der Einfluss von
privatisierter Infrastruktur. Genau den gleichen Feh-
ler machen wir jetzt bei der Wasserstoffproduktion,
und das darf eigentlich nicht sein. Das wollte ich
an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich und klar
sagen und loswerden. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN)