Debatte zum Antrag der Linksfraktion : Hamburger*innen schützen – Klimaschutzgesetz auf Verfassungsmäßigkeit prüfen!

In der Sitzung am 13. März 2024 debattierte die Bürgerschaft über einen Antrag der Linksfraktion: "Hamburger*innen schützen – Klimaschutzgesetz auf Verfassungsmäßigkeit prüfen!" Der umwelt- und klimapolitische Sprecher der Linksfraktion, Stephan Jersch begründete die Initiative:

  • Antrag der Linksfraktion zum Thema "Hamburger*innen schützen - Klimaschutzgesetz auf Verfassungsmäßigkeit prüfen!" Drucksache 22/14600
  • Die Debatte zu diesem TOP ist hier in der Mediathek der Bürgerschaft in voller Länge zu sehen. Die Redebeiträge von Stephan Jersch sind hier, hier und hier online.

Die Reden von Stephan Jersch im Wortlaut:

Redebeitrag Nummer 1:

Stephan Jersch DIE LINKE:
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das
1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens
ist kein Selbstzweck. 1,5 Grad bedeuten auch für
Hamburg – wenn sie nicht erreicht werden – Sturm-
fluten, Stark- und Hochwasserereignisse, vermehr-
te Trockenperioden mit ihren Auswirkungen auf Flo-
ra und Fauna, steigende Meeresspiegel mit Auswir-
kungen auf die Hafenwirtschaft und sich ändernde
Vegetationsprozesse mit einem erhöhten Trinkwas-
serverbrauch für die Bewässerung der Ländereien.
Um einmal mit einem Zitat des Umweltsenators
Jens Kerstan vom März 2021 weiterzumachen:
Als der Schriftzug "Wir alle für 1,5 Grad" auf der
Mönckebergstraße angebracht wurde, da sagte er
der Presse nach:

"1,5 Grad – das ist die harte Zahl und die
Richtschnur für den Klimaschutz. Es muss
das Ziel bleiben, die Erderwärmung auf die-
sen Wert zu begrenzen."

Heute ist nicht mal mehr Hamburg bei diesem Ziel
wirklich dabei. Und trotzdem hat der Senat ein Kli-
maschutzgesetz vorgelegt, das die 1,5 Grad nicht
mehr als Ziel beinhaltet.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Ur-
teil klargemacht: Artikel 20a Grundgesetz verpflich-
tet den Staat dazu, weitergehende Regelungen
zum Klimaschutz zu treffen, um die Freiheitsrechte
zukünftiger Generationen sicherzustellen. Trotzdem
hat der Senat es vergeigt. Er hat das Pariser Klima-
ziel mit 1,75 Grad als eigenes Ziel abgeschrieben
und letztendlich damit den Kurs von Olaf Scholz
weiter fortgeführt, der nie weniger als 2 Grad ha-
ben wollte. Deshalb fordern wir mit diesem Antrag
die Überprüfung des Hamburgischen Klimaschutz-
gesetzes auf die Vereinbarkeit mit dem Grundge-
setz. Denn damit Hamburgerinnen und Hamburger
nicht nur zwischen Gummistiefeln, Schlauchbooten
und Lichtschutzfaktor 100 wählen können, sollten
wir jetzt Klarheit schaffen. Liebe Kolleginnen und
Kollegen, lassen Sie uns handeln. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN)

Redebeitrag Nr. 2

Stephan Jersch DIE LINKE:
- Ja, Tempo ist das, was im Klimaschutz hier ein
bisschen fehlt. Aber okay.
(Beifall bei der LINKEN und bei Lena Zagst
GRÜNE)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
müssen doch konstatieren, dass dieser Klimaplan
und dieses Klimaschutzgesetz – das erkenne ich ja
an – zwar die besten sind, die Hamburg jemals hat-
te, aber es trotzdem nicht ausreichend ist. 1,5 Grad
sind 1,5 Grad und nicht 1,75 Grad mit 67-prozenti-
ger Wahrscheinlichkeit. Deswegen steht es uns frei,
den Senat dazu aufzufordern, eine entsprechende
Überprüfung über die grundgesetzgemäße Ausfüh-
rung dieses Klimaschutzgesetzes zu veranlassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe es schon
gesagt: Die Pariser Klimaziele sind kein Selbst-
zweck. Die 1,5 Grad, auf die man dann hinsteuern
soll, sind auch nicht ohne Zweck gewählt worden.

Hier geht es um Kipppunkte. Hier geht es um die
Zukunft dieser Welt. Hier geht es um die Zukunft
von Flora, Fauna und letztendlich den Menschen.
Und in diesem Zusammenhang, muss ich sagen,
habe ich doch beim Kollegen Mohrenberg den ei-
nen oder anderen Zweifel herausgehört, wie eine
solche Klage denn wirklich ausgehen würde. Die-
sen Zweifel würde ich dann auch noch einmal un-
terstützen.

Liebe Kollegin Domm, es gibt eine politische Idee,
die wir umsetzen wollen. Die heißt 1,5 Grad, Pa-
riser Klimaziele. Nichts anderes wollen wir. Und
es ist tatsächlich Fakt, dass in dieser Koalition viel-
leicht in zwei unterschiedliche Richtungen gezogen
wird oder vielleicht nicht mit der gleichen Geschwin-
digkeit. Aber wenn das die 1,5 Grad verhindert,
muss man entsprechend überprüfen, ob es dann
noch wirklich gerecht ist.

(Rosa Domm GRÜNE: Aber das macht doch
nicht das Bundesverfassungsgericht!)
Deswegen bleiben wir dabei: Lassen Sie uns auf-
fordern, das hier zu überprüfen. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN)

Redebeitrag Nummer 3

Stephan Jersch DIE LINKE:

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja,
es ist fast alles gesagt, aber … Den Rest kennen
Sie, die Klimadebatte ist eine alte. Insofern war
das jetzt tatsächlich ein neuer Akzent, von dem wir
ausgehen, dass er erfolgreich sein könnte. Nichts-
destotrotz möchte ich dem Kollegen Mohrenberg
jetzt noch einmal hinsichtlich der Verbindlichkeit der
Zielsetzungen von Ländern gern das Zitat aus dem
Koalitionsvertrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN entgegenhalten:

"Die Koalitionspartner sehen sich den Zielen
des Pariser Klimaabkommens verpflichtet,
und sie orientieren ihre Politik am dort verein-
barten 1,5-Grad-Ziel."

Ja, verdammt noch mal, das tun Sie nicht. Das tun
Sie einfach nicht. Sie sind da nicht angekommen,
und da müssen Sie kräftig nachlegen. Deswegen
haben wir Zweifel, ob das so verfassungsgemäß
ist angesichts des Urteils des Bundesverfassungs-
gerichts. Aber ich sehe, Sie haben nicht den Mut,
das zu überprüfen. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN)