Die Straßenreinigungsgebühr ist gegen die Bürgerinnen und Bürger geplant

Die Straßenreinigungsgebühr ist gegen die Bürgerinnen und Bürger geplant

Stephan Jersch

Der Plan der SPD-Grünen-Regierungskoalition soll das Versagen des Senats kaschieren und würde Hamburgs Einwohnerinnen und Einwohner ungerecht belasten.

Die Straßenreinigungsgebühr ist gegen die Bürgerinnen und Bürger geplant

Das Ansinnen des Senats, Hamburgs Einwohnerinnen und Einwohnern eine Straßenreinigungsgebühr aufs Auge zu drücken, schlägt Hamburgs letzter Mülltonne den Boden aus. Mit dieser Gebühr wird Sauberkeit in Hamburg zur kostenpflichtigen Zusatzausstattung. Statt die Bezirke personell wieder in die Lage zu versetzen, wirksam für Sauberkeit zu sorgen, wird die Müllvermeidung hintangestellt und Hamburgerinnen und Hamburger sollen für den Müll der anderen zahlen.

"Ihr Vorgehen ist undemokratisch"

Ohne überhaupt zu wissen, wie genau die Bedarfe sind und was die Bezirke bislang aufwenden, um das Sauberkeitsproblem auf Hamburgs Straßen in den Griff zu bekommen, und ohne den üblichen Weg über die Ausschüsse zu gehen, hat die Regierungskoalition bereits ein detailliertes Gebührenkonzept ausgearbeitet. Es kann nicht sein, dass die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs für das Versagen der Senatspolitik aufkommen sollen und dies auch noch auf einem höchst undemokratischen Wege.

 

Stephan Jersch DIE LINKE: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mal sehen, ob ich mich jetzt auch einem Verdacht aussetze,

(Farid Müller GRÜNE: Immer!)

aber mit Blick auf die Stadtreinigungsgeschichte stellt man fest, dass die Taktung von Sauberkeitsmaßnahmen, von Initiativen seit 1560, als die erste auf den Markt geschmissen wurde, mittlerweile atemberaubend ist. Und ich habe angesichts dieser Initiative das Gefühl, dass die Regierungskoalition mittlerweile hyperventiliert. Wenn wir von der LINKEN immer mal wieder sagen, die Einnahmenseite der Stadt müsse verbessert werden, dann möchte ich Ihnen an dieser Stelle doch einmal sagen, dass Sie das völlig falsch verstanden haben.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Monika Schaal SPD: Warten Sie doch einmal die Gebührenordnung ab! – Dr. Andreas Dressel SPD: Seit wann wollt ihr die Grundeigentümer stützen?)

Es geht hier auch um eine soziale Staffelung und natürlich um eine Staffelung, bei der letztendlich nicht jeder für den Müll des anderen bezahlen soll. Das, was Sie hier vorlegen, schlägt auch Hamburgs letzter Mülltonne den Boden aus. In diesem Bereich mit einer neuen Gebühr zu kontern und vor allen Dingen wieder die Zentralisierung in Hamburg hinterherzuschieben, sind altbekannte Mechanismen, die dieser Senat allzu gern macht.

Dabei ist es doch wirklich eine Ursache, dass das Personal in den Bezirken seit Jahren ausgedünnt wird, dass Sie den BOD aufgelöst haben als Kraft,

(Dr. Monika Schaal SPD: Trauern Sie ausgerechnet dem hinterher?)

der auch für Sauberkeit gesorgt hat. Stattdessen wollen Sie 400 neue Kräfte für die Stadtreinigung einstellen, die in den Bezirken viel besser für den Zustand der Straßen und der Parks eingesetzt werden könnten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist eine absolute schlechte Leistung des Senats, die auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger geschieht. Ich verstehe nicht, wieso Sie erst jetzt eine langfristige Finanzierung des Themas Sauberkeit sicherstellen wollen. Seit Jahren ist klar, dass die Positionen im Haushalt dafür nicht ausreichen. Sie wissen laut eigener Drucksache immer noch nicht, wie viel Sie dafür wirklich benötigen. Insofern ist das völlig aus dem hohlen Bauch von Ihnen für diese Stadt gegen die Bürgerinnen und Bürger geplant. Ich wage zu bezweifeln, dass das die einzige Position des Haushalts ist, bei der den Bezirken die finanzielle Luft ausgeht.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Die Bezirke kriegen so viel Geld!)

Insofern würde mich schon interessieren, worin Ihr Leistungsversprechen für die Menschen in Altengamme, in Duvenstedt, in Rissen oder in Cranz besteht. Das ist mir ein Rätsel. Etwa darin, dass, wenn sie als Tourist nach Hamburg kommen, die Innenstadt sauber aussieht? Wir sollten erst einmal darüber diskutieren, wo die Hotspots sind und wer hier für wen zahlen soll. Dann können wir uns darüber unterhalten, wie so etwas zu finanzieren ist.

(Beifall bei der LINKEN und bei Stephan Gamm CDU)

Augenscheinlich haben Sie die Finanzierung bereits komplett ausgeplant.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Eben hieß es noch, wir haben keine Ahnung! Ja, was denn nun?)

Das finde ich äußerst spannend, zumal es doch erst einmal eine entsprechende Drucksache gibt, dass das entsprechend vorbereitet werden soll. Vor allen Dingen nimmt die Stadt damit wirklich Abstand vom Verursacherprinzip. Das ist ein Versagen der Politik in dieser Stadt. Die Müllvermeidung wird hintangestellt. Stattdessen werden alle in Kollektivhaft genommen und müssen für all die zahlen, die sich nicht an Grundsätze des Zusammenlebens halten.

(Dr. Monika Schaal SPD: Wo haben Sie das denn her?)

Dieser Paradigmenwechsel geht zulasten aller Hamburgerinnen und Hamburger. Das ist der Skandal, der dieser Drucksache der SPD-GRÜNEN-Koalition zugrunde liegt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich empfehle Ihnen wirklich, noch einmal die Sustainable Development Goals der UN zu lesen. Ich glaube nicht, dass Sie diese großartig in Einklang bringen werden mit dem, was Sie hier beantragen. Da gibt es einige Differenzen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Was? Da steht Vermüllung der Landschaft, oder was?)

– Partnership for the goals.

Sie machen die einen zum Zahlesel und dieser Antrag gehört nur an einen Ort: nämlich in die blaue Tonne.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit falschem Ansatz, mangelnder Zielstrebigkeit und ohne nachhaltige Maßnahmen für die Umwelt riskieren Sie auch ein öffentliches Unternehmen und die Zukunft der Bezirke, weil Sie sie weiter ausdünnen, weil Sie Aufgaben aus den Bezirken wegnehmen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Was? Wir dünnen nicht aus, wir stärken die Bezirke!)

Mit dieser Gebühr wird Sauberkeit in Hamburg zu einer kostenpflichtigen Zusatzausstattung. Das geht so nicht. Sie verhalten sich wie ein Autohändler.

(Beifall bei der LINKEN)

Das jetzt durchzupeitschen, ohne vorher in den Ausschuss zu gehen, ist ein Skandal. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

 

[Teil 2]

Stephan Jersch DIE LINKE: Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dann drängt es mich doch noch einmal, Herr Dr. Tjarks. Nach sechs Jahren Bezirksversammlung, denke ich, kann ich sehr gut beurteilen, wie die Bezirke in Hamburg aufgestellt sind. Und ich habe durchaus das Gefühl, dass das Senatskreuzworträtsel, das Sie des Morgens unter der Rubrik Sparschwein mit sechs Buchstaben spielen, mit "Bezirk" beantwortet wird.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der CDU und der FDP)


Eigenheimbesitzerinnen und Eigenheimbesitzer kann man schützen, auch die haben natürlich wirklich Rechte. Aber nichtsdestotrotz ist das, was wir an dieser Stelle kritisieren, letztendlich, dass Sie doch schon ein Gebührenmodell fertig haben, das man eigentlich heute bereits als Drucksache einbringen könnte, so detailliert ist es aus Ihrer Koalition herausgekommen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Der eine sagt so, der andere sagt so!)


Sie wissen noch nicht einmal, wie die Bedarfe sind. Sie wissen noch nicht einmal, wie viel die Bezirke bisher aufgewendet haben. Sie wissen eigentlich in der Tat überhaupt gar nichts. Und dann kommen Sie uns mit einem fertigen Gebührenkonzept, in dem Sie schon wissen, wie viel Sie ungefähr pro Straßenmeter berechnen wollen. Ich halte das für undemokratisch, wie Sie hier vorgehen. Letztendlich sind es, und da haben Sie nichts anderes gesagt, die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt, die für dieses undemokratische Verhalten und für Ihr Versagen in der Müllpolitik aufkommen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Was ist denn daran undemokratisch?)