Position der Bezirksamtsleiter_innen muss gestärkt, nicht weiter geschwächt werden

Stephan Jersch

110. Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft am 18.12.2019: zu Drucksache 21/19269 - TOP 89: Wahl der Bezirksamtsleitenden für die Dauer der Wahlperiode der Bezirksversammlungen - Antrag der FDP-Fraktion -

 

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Transkript:

Stephan Jersch DIE LINKE: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich den Antrag gesehen habe, war ich eigentlich recht enttäuscht über das Petitum. Denn ich muss sagen, wir sehen in erster Linie Probleme bei der Umset­zung eines solchen Antrags.

(Michael Kruse FDP: Ihr seht immer nur Pro­bleme, das zeichnet euch doch aus!)

- Herr Kruse, wenn ich Sie anschaue, habe ich auch ein Problem bei Ihren Forderungen. Sorry.

Nein, es ist eher ein Rückschritt, vor allem für die Bezirke und für die Bezirksämter, bei denen es da­rum geht, sie zu stärken, für die 1,8 Millionen Men­schen, die in der Region der Bezirke leben. Dabei kommt es darauf an, eine Stärkung dieser Ämter herbeizuführen, Partizipation auszubauen. Das kann ich an dieser Stelle überhaupt nicht feststel­len. Stattdessen wird der Posten des Bezirksamts­ leitenden zum Geschachervolumen der Wahlen für die Bezirksversammlungen erklärt.

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

Und da, muss ich Ihnen wirklich sagen, wenn ich auch an vielen Stellen ...

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

- Herr Müller! Herr Müller, wir können uns gern an anderer Stelle noch einmal darüber unterhalten, aber jetzt habe ich das Wort und stehe am Mikro.

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

-Ja, Sie können rummoppern. Machen Sie das.

(Farid Müller GRÜNE: Ja, mache ich auch!)

Also, statt souverän zu handeln und zu schauen, wie man Demokratie vor Ort ausbauen kann, ma­chen Sie hier die Ansage, nach den Wahlen wird je­des Mal Klarschiff gemacht. Das kommt bei den Menschen draußen in der Stadt überhaupt nicht gut an, und ich denke, das ist die falsche Richtung, wenn es darum geht, unsere Bezirksamtsleitungen, bei denen ich eigentlich davon ausgehe, dass sie eine Art Bürgermeisterin und Bürgermeister sein sollen,

(Martin Bill GRÜNE: Ja, eben! Warum sollen die nicht gewählt werden?)

entsprechend zu stärken.

Wandsbek als Bezirk wäre im Ranking der Städte Deutschlands auf Platz 16. Und dann gucken wir uns einmal an, wie machtlos ein Bezirk ist. Wir sind keine Freunde dieser Einheitskommune, und ich denke, da muss man auch wirklich noch einmal ran. Wir brauchen hier eine generelle Reform und nicht ein Stückwerk, das das Ganze wieder rückwärtsge­wandt mit der weißen Fahne, wie der Kollege Duwe ja letztendlich gesagt hat, den Realitäten entspre­chend gestaltet.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir uns ansehen, wie hauptamtliche Bürger­meister im Rest Deutschlands behandelt werden, dann haben die Amtszeiten zwischen sechs und acht Jahren, und sie werden direkt von der Bevöl­kerung gewählt und die Bevölkerung erkennt sie auch als solche an.

Wenn ich eins wirklich nicht verstehen kann, dann ist das, wenn nach Wahlen dieser Posten sofort zur Disposition gestellt wird. Liebe Kolleginnen und Kol­legen, ein bisschen mehr Souveränität in der Aus­gestaltung der Demokratie wäre da schon wichtig. Und wer wird sich auf eine solche vierjährige Amts­zeit noch bewerben? Externe Bewerberinnen und Bewerber mit vier Jahren Arbeitsplatzsicherheit werden wir dann kaum noch sehen in unseren Be­zirken. Der Job wird dann letztendlich zu einem Verhandlungsgegenstand von Parteien, dessen In­haber und Inhaberinnen am Schluss ihrer Amtszeit in das Parteiversorgungswerk zurückfallen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, das sollten wir im Ausschuss in der Tat noch einmal in­tensiv diskutieren, denn so kommen wir in die falsche Richtung und stärken die Bezirke mit Si­cherheit nicht in ihrer Tätigkeit. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)