Schriftliche Kleine Anfrage Atomtransporte durch Hamburg IV

Stephan Jersch

Hamburgs Hafen bleibt nach seiner im Mai 2014 in der Bürgerschaft abgelehnten Teilentwid-mung für Atomtransporte (vgl. Drs. 20/11317) weiterhin ein Drehkreuz internationaler Atomtrans-porte.

 

Über die Ankündigung im Koalitionsvertrag des so genannten rot-grünen Senates hinaus, auf freiwilligen Verzicht von Atomfrachtbehandlung durch die Hafenwirtschaft zu setzen, hat die Bevölkerung unserer Stadt auch unter dem Grünen Umwelt- und Energiesenator Kerstan nichts mehr gehört.

Hamburgs Hafen bleibt nach seiner im Mai 2014 in der Bürgerschaft abgelehnten Teilentwid-mung für Atomtransporte (vgl. Drs. 20/11317) weiterhin ein Drehkreuz internationaler Atomtrans-porte.

Über die Ankündigung im Koalitionsvertrag des so genannten rot-grünen Senates hinaus, auf freiwilligen Verzicht von Atomfrachtbehandlung durch die Hafenwirtschaft zu setzen, hat die Bevölkerung unserer Stadt auch unter dem grünen Umwelt- und Energiesenator Kerstan nichts mehr gehört.

Trotz Stilllegungen deutscher Atomkraftwerke nach der Katastrophe von 2011 im japanischen Fukushima  gibt es absehbar also wohl keine sinkende Zahl dieser gefährlichen Frachten. Mehrfach pro Woche finden weiterhin Transporte radioaktiver Stoffe durch Hamburg statt. Wa-ren 2014 mehr als 220 Kernbrenn- und sonstige Atomarstofftransporte durch Hamburg ge-gangen, so haben bis Anfang November des letzten Jahres schon wieder mindestens rund 140 Transporte stattgefunden, darunter u.a. zwei Transporte mit Mischoxidbrennelementen (MOX). Brennstab(teile) sowie Uranhexafluorid machen weiterhin einen Großteil aller Kern-brennstofftransporte über Hamburger Gebiet aus.

Zwar gibt der Senat nach § 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbVSA) vom 1. Dezember 1982 im Voraus keine Auskunft zu Kernbrennstofftransporten, da Informationen über zukünftige Kernbrennstofftransporte aus Sicherheitsgründen bundesweit als „Verschlusssache/nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft sind, aber wenigstens Angaben zu bereits durchgeführten Transporten sind aus den seit Jahren immer  wieder aus der Fraktion DIE LINKE gestellten diversen Anfragen, zuletzt der Drs. 21/2132 im  November des Vorjahres, für die interessierte Öffentlichkeit ablesbar.

Zwar werden die Vorgänge im Hafen und auf der Elbe laufend von Anti-Atom-Aktivist*innen, beobachtet. Um allerdings weiterhin möglichst vollständige Zahlen über Anzahl, Art und Umfang der Atomtransporte zumindest durch Hamburgs Hafen verfügbar zu machen, stellen wir hier zum  22. Mal dem Senat umfassend Fragen zum Themenkomplex.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat,
bezogen auf Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen in und aus dem Hamburger Hafen sowie durch das Hamburger Stadtgebiet ab dem 7.11.2015 bis zum Zeit-punkt der Bearbeitung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage:
(Bitte die Tabellen in den Anlagen 1 und 2 zur Drs. 21/2132 für alle Transporte entsprechend fortführen, d.h. die Antworten auf die Fragen 1. bis 11. tabellarisch auflisten und nach Datum sortieren.)

1.    Wann erfolgten Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen (bitte Datum des Eingangs bzw. Ausgangs soweit vorhanden)?

2.    Um welche beförderten Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe handelte es sich dabei jeweils?

3.    In welchem Umfang und welcher Menge sind Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe jeweils transportiert worden (bitte Angabe im passenden Maß)?

4.    Wie hoch war die jeweilige Aktivität der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe (bitte Angabe im passenden Maß)?

5.    Wie wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils klassifiziert?

6.    Welche Art von Behältern wurde zum Transport der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils verwendet (bitte genaue Typen-Kennung der Behälter angeben)?

7.    Welche Beförderungsmittel (z.B. Schiff, Bahn oder Lkw) wurden zum Transport der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils verwendet?

8.    Wo wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils umgeladen?

9.    Wie lange wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils gelagert?

10.    Wer war der jeweilige Absender (Firma mit Ortsangabe) der Kernbrennstoffe und

11.    Wer war der jeweilige Empfänger (Firma mit Ortsangabe) der Kernbrennstoffe und welcher (bei sonstigen radioaktiven Stoffe) der Zielhafen?

Die Angaben zu den meldepflichtigen Kernbrennstofftransporten für den Zeitraum vom 7. November 2015 bis zum 19. Februar 2016 sind in Anlage 1 zusammengestellt (zur Legende siehe Anlage 5).

Daten über die im Gefahrgut-Informations-System der Polizei (GEGIS) gemeldeten Transporte liegen nur für die jeweils letzten drei Monate vor. Die Transportvorgänge mit sonstigen radioaktiven Stoffen für den Zeitraum vom 19. November 2015 bis zum 19. Februar 2016 sind in Anlage 2 zusammengefasst. Die Dauer des Umschlags, die Namen und Adressen der Absender und Empfänger werden im GEGIS nicht erfasst.

Darüber hinaus hat die Wasserschutzpolizei bei Kontrollen Sendungen von sogenannten Zinnschlacken in Containern mit Löschhafen Hamburg festgestellt, bei denen es sich aufgrund der überschrittenen Klassifizierungsgrenzwerte bereits um gefährliche Güter der Klasse 7 im Sinne der Gefahrguttransportvorschriften handelt (sonstige radioaktive Stoffe, Klasse 7/UN2910). Diese Reststoffe aus der Zinnverhüttung dienen der Gewinnung "Seltener Erden", insbesondere von Tantal und Niob. Da diese Produkte in der Natur Verbindungen mit Natururan (Uran- und Thoriumerze) eingehen, wird mitunter (je nach Urankonzentration in der Schlacke) der Grenzwert für die gefahrgutrechtliche Einstufung überschritten. In diesen Fällen muss die Sendung als Gefahrgut befördert werden. Die hier festgestellten Transporte erreichten den Hamburger Hafen vom Abgangsort, ohne als Gefahrgut deklariert zu sein. Aus diesem Grund sind zu diesen Transporten keine Daten im GEGIS eingetragen. Zu den im Zuge der Kontrollen durch die Wasserschutzpolizei erhobenen Daten siehe Anlage 2a. Die Sendungen wurden unter Einhaltung aller gefahrgutrechtlichen Vorschriften zum Empfänger weiterbefördert; im Übrigen siehe Antwort zu 12.

12.    Zuletzt in der Drs. 21/2132 gab der Senat Überblick über Mängel bei der Kontrolle von Güterbeförderungseinheiten (CTU) im Zusammenhang u.a. mit radioaktiven Stoffen der Klasse 7 bis zum 07.11.2015 für Schiffe und LKW.
Sind dem Senat für die Zeit danach solche bekannt? Wenn ja, bitte mit Datum und möglichst konkreter Beschreibung der Mangelart u.a. wie in Anlage 3 zur Drs 21/2132 aufführen.
In der Drs. 20/13644 führt der Senat aus, Umschlag von mit Luftfracht transportierten Kern-brennstoffen habe es in Hamburg seit vielen Jahren nicht gegeben. Über den Transport von sonstigen radioaktiven Stoffen per Luftfracht lägen dem Senat keine Informationen vor, da die Zuständigkeit für die Aufsicht für diesen Transportweg beim Luftfahrtbundesamt liegt. In der Drs. 20/14621 führt der Senat aus, die Zuständigkeit für die Aufsicht über Transporte radio-aktiver Stoffe auf bundeseigenen Eisenbahnstrecken liege beim Eisenbahnbundesamt. Vor diesem Hintergrund fragen wir, ob dem Senat über den Schifftransport hinaus auch Bean-standungen bei anderen Transportarten (z.B. Straße) bekannt sind? Wenn ja, bitte in der Tabelle mit angeben.

Bezogen auf zukünftige Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen in und aus dem Hafen Hamburg sowie durch das Hamburger Stadtgebiet fragen wir soweit Meldungen vorliegen:

Daten über bei Kontrollen festgestellte Mängel im Zusammenhang mit dem Transport radioaktiver Güter für den Zeitraum vom 7. November 2015 bis zum 19. Februar 2016 sind in Anlage 3 zusam-mengestellt. In diesem Zeitraum wurden durch die Polizei 241 Kontrollen im Zusammenhang mit dem Transport radioaktiver Güter auf Schiffen, auf der Straße und im Schienenverkehr durchgeführt. Da-von verliefen 175 Kontrollen ohne Beanstandungen, 66 Kontrollen im Zusammenhang mit dem Ver-kehrsträger Schiff führten zur Feststellung von 56 Mängeln formaler und 42 Mängeln sicherheitsrele-vanter Art.

Die erhebliche Anzahl von als sicherheitsrelevant eingestuften Mängeln ist zu einem überwiegenden Teil auf die Beförderung von sogenannten Zinnschlacken zurückzuführen (27 von 42 sicherheits-relevanten Mängeln und 27 von 56 formalen Mängeln); siehe auch Antwort zu 1. - 11.

13.    Nachdem die HHLA Container Terminal Altenwerder GmbH keine neue Umschlaggenehmigung beantragt oder erhalten hat, hatten in 2015 nur noch fünf Hafenbetriebe laut Drs. 20/14621 eine Umschlaggenehmigung nach § 7 StrlSchV. Eine davon läuft in diesem Jahr aus. Um welchen Betrieb handelt es sich? Hat der Betrieb erneut eine verlangt beziehungsweise erhalten?

Die HHLA Container Terminal Altenwerder GmbH hat auf Antrag im August 2015 eine neue Umgangsgenehmigung erhalten.

Die Genehmigung der Eurogate Container Terminal Hamburg GmbH läuft Ende Juli 2016 aus. Eine neue Genehmigung ist bisher nicht beantragt worden.

14.    Hat es seit Anfang November 2015 bei der hamburgischen Genehmigungsbehörde (Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz) weitere Antragstellungen/Genehmigungen auf Zulassung zur Beförderung „sonstiger radioaktiver Stoffe“ gegeben? Wenn ja, bitte die Unternehmen auflisten.

Nein.

15.    Wie viele und welche gültigen Genehmigungen für den Transport radioaktiver Stoffe liegen der Umweltbehörde derzeit vor? Bitte auflisten mit Genehmigungsnummer, Beginn und Ende der Genehmigungsdauer, maximal zulässige Transportzahl und Menge (in Kilogramm oder Tonnen), Absender und Empfänger, Transportmittel und Art des Stoffes sowie der Behälterbezeichnung.

In Anlage 4 (zur Legende siehe Anlage 5) sind die zum Zeitpunkt dieser Anfrage der zuständigen  Behörde vorliegenden Genehmigungen für Kernbrennstofftransporte aufgelistet. Weitere Angaben werden nicht erfasst. Auf die vom Bundesamt für Strahlenschutz regelmäßig aktualisierte Liste aller gültigen Transportgenehmigungen wird verwiesen    
(http://www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/fachinfo/ne/transportgenehmigungen.html).