Schriftliche Kleine Anfrage: CO2-Kompensation für Flugdienstreisen

Stephan Jersch

Im Hamburger Klimaschutzkonzept 2007 – 2012 (Drs. 20/8494) enthielt die Projektübersicht unter der Projektnummer 2007/200 die Maßnahme „CO2- Kompensation bei Dienstreisen (Flugreisen)“ mit dem Bearbeitungsstand „in Umsetzung“. Im Masterplan Klimaschutz (Drs. 20/8493 vom 25.06.2013) taucht diese Maßnahme nicht mehr auf. In der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage zum „Mainstreaming im Klimaschutz“ (Drs. 20/13463 vom 28.10.2014) wird jedoch in der Projektaufstellung ausgeführt, dass der Fonds „CO2-Kompensation bei Dienstreisen“ laufend gespeist werde und allein in den ersten zehn Monaten des Jahres 2014 mit einer Summe von 126.787 Euro aufgestockt wurde. Der Zukunftsrat Hamburg erhielt von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt kürzlich die Auskunft, dass aus dem Kompensationsfonds eine Kompostieranlage in der Partnerstadt Daressalam finanziert werden soll.

Im Hamburger Klimaschutzkonzept 2007 – 2012 (Drs. 20/8494) enthielt die Projektübersicht unter der Projektnummer 2007/200 die Maßnahme „CO2-Kompensation bei Dienstreisen (Flugreisen)“ mit dem Bearbeitungsstand „in Umsetzung“. Im Masterplan Klimaschutz (Drs. 20/8493 vom 25.06.2013) taucht diese Maßnahme nicht mehr auf. In der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage zum „Mainstreaming im Klimaschutz“ (Drs. 20/13463 vom 28.10.2014) wird jedoch in der Projektaufstellung ausgeführt, dass der Fonds „CO2-Kompensation bei Dienstreisen“ laufend gespeist werde und allein in den ersten zehn Monaten des Jahres 2014 mit einer Summe von 126.787 Euro aufgestockt wurde. Der Zukunftsrat Hamburg erhielt von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt kürzlich die Auskunft, dass aus dem Kompensationsfonds eine Kompostieranlage in der Partnerstadt Daressalam finanziert werden soll.

Ich frage den Senat:

1. Seit wann (Monat/Jahr) werden die CO2-Emissionen von Dienstreisen (Flugreisen) nach der Maßnahme 2007/200 „CO2-Kompensation“ finanziell ausgeglichen und wie lange ist eine Fortführung dieser Maßnahme beabsichtigt?

Im Zusammenhang mit den Klimaschutzzielen des Hamburger Senats wurde die CO2- Kompensationsabgabe für Flugreisen als Maßnahme in das Hamburger Klimaschutzkonzept 2007 – 2012 aufgenommen. Seit der Achten Änderung des Hamburgischen Reisekostengesetzes zum 01. April 2008 werden von den Reisekostenstellen der Bediensteten der Freien und Hansestadt Hamburg Kompensationszahlungen für die entstandenen CO2-Emissionen bei Dienstflügen entrichtet. Diese Maßnahme ist nicht befristet.

2. Für welche Personen (Beamte und Angestellte der Freien und Hansestadt Hamburg, Senatsmitglieder, Richter, Angestellte von öffentlichrechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, Angestellte privatrechtlicher Unternehmen in Hamburger Staatsbesitz, Bürgerschaftsabgeordnete) gilt diese Dienstreiseregelung?

Die Regelung gilt für

  • die Beamtinnen und Beamte und die in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehenden Personen der Freien und Hansestadt Hamburg sowie der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
  • die Richterinnen und Richter der Freien und Hansestadt Hamburg,
  • die in den hamburgischen Dienst abgeordneten Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter und in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehenden Personen,
  • die Tarifbeschäftigten der Freien und Hansestadt Hamburg sowie für
  • die Senatorinnen und Senatoren.

3. Wie viele Flug-km wurden von diesen Personen insgesamt seit Beginn pro Jahr (Summe in Einzeljahren) zurückgelegt, und wie viel CO2 wurde dabei nach welcher Umrechnungsmethode (km > CO2) jeweils emittiert?

Die tatsächlichen Flugmeilen und der Umfang der CO2-Emissionen werden nicht erfasst. Der Kompensationsbetrag ist durch Verwaltungsvorschrift zum Hamburgischen Reisekostengesetz für Inlandsflüge pauschal festgesetzt worden (6 Euro für einfache Flüge und 9 Euro für Hin- und Rückflüge). Für die Ermittlung des Kompensationsbetrags bei Auslandsflügen wird der Emissionsrechner von „atmosfair“ (www.atmosfair.de) genutzt.

4. Auf welche Summe belief sich die dafür in den Fonds eingespeiste Kompensation in Euro pro Jahr und insgesamt und nach welcher Umrechnungsmethode (CO2 in Euro) wurde dies errechnet?

Die erfragten Erlöse können folgender Tabelle entnommen werden:

 

Erlöse in Euro
200829.025,00
2009142.116,00
2010203.175,80
2011172.325,76
2012215.515,51
2013202.335,45
2014162.321,29
2015*75.100,00
Summe1.201.914,81

*bis 31. März 2015

Im Übrigen siehe Antwort zu 3.

5. Wurden aus diesem Fonds in den letzten Jahren Klimaschutz-Projekte finanziert, welche die durch die Flugdienstreisen verursachten CO2-Emissionen anderswo einsparen?

Wenn ja: welche?

Wenn nein: warum nicht?

Seit 2008 wurden entwicklungspolitische Klimaschutzprojekte in Afrika und Indien geprüft, seit 2009 Kontakte zu Dar es Salaam in Tansania aufgenommen und alternative Projektmöglichkeiten untersucht. Vorprüfungen und eine umfangreiche Machbarkeitsstudie haben schließlich ergeben, dass mit den Mitteln aus dem Kompensationsfonds ein Klimaschutzprojekt verknüpft mit einem bedeutsamen entwicklungspolitischen Konzept in der Partnerstadt Dar es Salaam entwickelt werden soll (siehe Antwort zu 6. b.). Im Ergebnis wurde der Aufbau einer mit organischen Marktabfällen
betriebenen Kompostierungsanlage als erfolgversprechend angesehen. Im Rahmen der kommunalen Klimapartnerschaft Hamburg – Dar es Salaam war die Möglichkeit gegeben, dafür zusätzlich Fördermittel des Bundes aus der sogenannten Klimafazilität zu beantragen.

Durch die CO2-Äquivalent-Einsparungen der Kompostierungsanlage sollen für einen Zeitraum von zehn Jahren alle historischen und zukünftig zu kompensierenden CO2-Emissionen aus Flugdienstreisen kompensiert werden.

6. Plant der Senat nun aus dem Kompensationsfonds eine Kompostieranlage in Hamburgs Partnerstadt Daressalam zu finanzieren?

Wenn ja:
a. Wie hoch sind die Mittel (verteilt auf Haushaltsjahre), die für die
Anlage vorgesehen sind?

Aus dem Kompensationsfonds vorgesehen sind 1.047.327 Euro, verteilt auf drei Jahre.
2015: 265.652 Euro,
2016: 438.052 Euro,
2017: 343.623 Euro.

b. Ist die entwicklungspolitische Qualität des Projekts sichergestellt? Gegebenenfalls wie?

Ja. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) kofinanziert. Die Finanzierungszusage ist erst nach einer intensiven Prüfung durch das BMZ erfolgt und hat explizit die entwicklungspolitische Qualität mitberücksichtigt. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Municipality Kinondoni in Dar es Salaam umgesetzt. Die enge Partnerschaft und die Partizipation aller Beteiligten sind Grundlagen für das Projektdesign und die Umsetzung. Das Projekt wird nach dem Goldstandard zertifiziert, der unter anderem die Prüfung sozialer und entwicklungspolitischer Aspekte fordert.

c. Wann kann die Kompostieranlage ihre klimaschützende Arbeit aufnehmen?

Laut Projektplan soll die Anlage im August 2017 in Betrieb gehen und dann erstmals Marktabfälle kompostieren.

d. Welche Berechnungsmethode wird der CO2-Einsparung durch Kompostieren zugrunde gelegt?

Die CO2-Einsparungen durch Kompostieren werden entsprechend der Vorgehensweise der CDM-Methodologie mit dem Verfahren „Tool to determine methane emissions avoided from disposal of waste at a solid waste disposal site“ berechnet,

https://cdm.unfccc.int/methodologies/PAmethodologies/tools/am-tool-04-v4.pdf.

Hierbei werden die sogenannten Baseline-Emissionen (derzeit anfallende Treibhausgase, also das Methan, das gegenwärtig infolge der Verrottung der Marktabfälle auf der Deponie gebildet wird) mit den Projektemissionen (Restemissionen, die nach Implementierung des Projektes anfallen) verrechnet.

e. Wird die Kompostieranlage als eine CDM (Clean Development Mechanism)-Maßnahme nach dem Kyoto-Protokoll zertifiziert?

Wenn ja, von welcher Stelle?

Wenn nein, warum nicht?

Nein, das Projekt wird als Gold-Standard-Microscale-Projekt zertifiziert.

Eine CDM-Zertifizierung ist durch die komplexen Regularien kostspieliger und nur dann sinnvoll, wenn die Zertifikate handelsfähig sein sollen. Ein Zertifikathandel ist jedoch nicht vorgesehen, da die Zertifikate zur Kompensation eigener, durch Flugdienstreisen veranlasster Emissionen eingesetzt werden sollen.

f. Wie viel CO2 wird die Kompostieranlage – gegebenenfalls entsprechend der Zertifizierung – pro Jahr einsparen? Entspricht dies den durchschnittlichen jährlichen CO2-Emissionen der Hamburger Flugdienstreisen?

Die Ex-ante-Berechnungen ergaben erwartete Emissionsminderungen von im Durchschnitt jährlich 8000 t CO2 über eine Projektlaufzeit von zehn Jahren. Dies entspricht den durchschnittlichen jährlichen CO2-Emissionen der Hamburger Flugdienstreisen.

g. Wenn ja: Wie werden die ab Beginn der Flugdienstreiseregelung bis zum Betriebsbeginn der Kompostieranlage aufgelaufenen CO2-Emissionen kompensiert?

Siehe Antwort zu 5.

h. Wenn nein: Wie werden die (ungleichzeitigen) CO2-Emissionen der Dienstreisen mit den CO2-Einsparungen durch die Kompostierungsanlage verrechnet?

Entfällt.

i. Soll das Projekt sowohl klimapolitisch als auch entwicklungspolitisch evaluiert beziehungsweise wissenschaftlich begleitet werden?

Das Projekt wird jährlich als Teil des Gold-Standard-Monitorings evaluiert. Hierbei werden nicht nur die tatsächlich erreichten CO2-Einsparungen erhoben, sondern auch die Auswirkungen des Projekts auf die nachhaltige Entwicklung berücksichtigt. Darüber hinaus unterliegt das Projekt wegen der Kofinanzierung aus Bundesmitteln den Monitoring- und Evaluierungskriterien des BMZ. Die klimarelevanten Aspekte des Projektes werden durch das Unternehmen atmosfair gGmbH bearbeitet. atmosfair ist eine vielfach ausgezeichnete Umweltschutzorganisation, die CO2-Kompensation nach den höchsten Standards bereitstellt. Durch die Einbeziehung von atmosfair wird sichergestellt, dass auch die Kompensation der Flugdienstreisen der Freien und Hansestadt Hamburg nach den strikten atmosfair-Kriterien durchgeführt wird.

7. Ist auch für andere CO2-emittierende Ereignisse/Handlungen der Fachbehörden, Bezirksämter und der mittelbaren Staatsverwaltung eine Kompensation von Klimagefährdungen vorgesehen?

Wenn ja, für welche, wenn nein, warum nicht?

Nein. Ziel des Senats ist es, die durch das städtische Verwaltungshandeln verursachten CO2-Emissionen zu vermindern. Siehe auch Drs. 20/8493 Masterplan Klimaschutz.

8. Sieht der Senat insbesondere für die von ihm organisierten Hamburger Großevents Hafengeburtstag und Dom zukünftig eine den Dienstreisen vergleichbare Kompensationsregelung vor?

a. Wenn ja, in welcher finanziellen Größenordnung?

b. Wenn nein, warum nicht?

c. Wie hoch sind die den beiden Großevents zuzurechnenden CO2-Emissionen?

Nein. Aus Sicht der zuständigen Behörde eignen sich Großveranstaltungen wie der Dom und der HAFENGEBURTSTAG HAMBURG aufgrund ihrer Komplexität und der vielfältigen und zum Teil nicht seriös bezifferbaren Einflüsse auf die CO2-Emmissionen nicht für ein den Dienstreisen-Regelungen vergleichbares Verfahren. Der Schwerpunkt liegt hier daher auf CO2-Vermeidung. So werden beide Veranstaltungen mit grünem Strom versorgt. Es wird stromsparende LED-Technik eingesetzt und auf beiden Veranstaltungen werden Mehrweggeschirr und bepfandete Mehrwegflaschen an die Besucher ausgegeben. Während des Hamburger DOMs erfolgt eine Abfalltrennung. Darüber hinaus wird im Rahmen der Werbung und des Marketing immer für die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln geworben.

9. Plant der Senat, in die vorgesehene Olympiabewerbung neben CO2-Emissionen vermeidende auch CO2-Emissionen ausgleichende (CDM-)-Maßnahmen aufzunehmen?

Wenn nein: warum nicht?

Ja.