Schriftliche Kleine Anfrage: Fluglärmbeschwerden

Stephan Jersch
Anfragen und AnträgeUmwelt und Energie

Obwohl laut Selbstauskunft der Flughafenbetreiber („Wochenblatt“-Anzeige

„Leiseren Flugzeugen gehört die Zukunft“ in Nummer 5 vom 3.2.16) in den letzten zehn Jahren die Lärmemission auf stabilem Niveau gehalten worden sei, haben in letzter Zeit Beschwerden über Fluglärm massiv zugenommen.

 

In der Anlage zu seinem Halbjahresbericht 2015 zu Steuererträgen & Schulden (Drs. 21/1282) führt der Senat an, Bürgerinitiativen riefen die Einwohnerschaft dazu auf, sich zu beschweren. Weiterhin gebe es vermehrt Anwohner, die als Dauerbeschwerdeführer auftreten und sich konstant über die einzelnen Flugbewegungen beschweren.

Obwohl laut Selbstauskunft der Flughafenbetreiber („Wochenblatt“-Anzeige „Leiseren Flugzeugen gehört die Zukunft“ in Nummer 5 vom 3.2.16) in den letzten zehn Jahren die Lärmemission auf stabilem Niveau gehalten worden sei, haben in letzter Zeit Beschwerden über Fluglärm massiv zugenommen. In der Anlage zu seinem Halbjahresbericht 2015 zu Steuererträgen & Schulden (Drs. 21/1282) führt der Senat an, Bürgerinitiativen riefen die Einwohnerschaft dazu auf, sich zu beschweren. Weiterhin gebe es vermehrt Anwohner, die als Dauerbeschwerdeführer auftreten und sich konstant über die einzelnen Flugbewegungen beschweren. Aufgrund der oben genannten Einflussfaktoren in der Entwicklung sei davon auszugehen, dass die erfassten und bearbeiteten Fluglärmbeschwerden 2015 das Dreifache des ursprünglich in der Haushaltskennzahl (EPL 6, B_266_01_018) vom Senat „geplanten“ Wertes erreichen werden und wir bei rund 7.500 Beschwerden „landen werden“. Das macht deutlich, dass die Bürgerinitiativen sowohl im Norden als auch im Südwesten der Stadt sehr erbost sind und Maßnahmen fordern.

Darauf ist seitens der Bürgerschaftsmehrheit unter anderem durch das Bürgerschaftliche Ersuchen und den sogenannten 16-Punkte-Plan reagiert worden.

Bereits beim ersten Treffen der Allianz für Fluglärmschutz im Sommer 2015 wurde seitens der BUE (Behörde für Umwelt und Energie) konstatiert, diese verstärkte Beschwerdebereitschaft mache eine Bearbeitung der Beschwerden aufgrund ihrer hohen Anzahl nicht mehr möglich.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen – teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Flughafen Hamburg GmbH und der Deutschen Flugsicherung GmbH – wie folgt:

1.    Wie viele Fluglärmbeschwerden wurden in den vergangenen fünf Jahren jeweils an die Freie und Hansestadt Hamburg gestellt?

2.    Wie entwickelt sich die Zahl der Fluglärmbeschwerden in Eidelstedt, Lurup, Osdorf, Iserbrook, Klein Flottbek und Nienstedten in den vergangenen fünf Jahren?

3.    Wie bewerten der Senat oder die zuständige Behörde die Entwicklung bei den Fluglärmbeschwerden in den letzten fünf Jahren?

 

Jahr20112012201320142015
Beschwerden insgesamt1.3081.8222.8583.6249.340
Unterschriftensammlungen1.1711.70671
Hamburger Südwesten
Eidelstedt51392062
Lurup/Osdorf102312116369
Flottbek303916129118
Nienstedten/Sülldorf/Rissen1929478130

Die Flugbewegungszahlen insgesamt und auch die Zahl der Nachtflüge liegen nach wie vor unter dem Niveau der Jahre 2006 – 2008. Von dort ausgehend sind die Flugbewegungen bis 2013 kontinuierlich gesunken. Der Wiederanstieg der Flugbewegungszahlen und der Nachtflüge bis 2015 hat zu einem deutlichen Anstieg der Fluglärmbeschwerden geführt. Lokale Effekte wie die Diskussion um die Min-destanfluglänge im Hamburger Nordosten/Kreis Stormarn bzw. die Debatte um das Flachstartverfah-ren und eine vermutete Flugroutenverlagerung im Westen Hamburgs motivierten weitere Bürger, sich zu beschweren. Die Aufhebung der Unterscheidung von Einzel- und Dauerbeschwerdeführern im Sommer 2015 zog einen überproportionalen  Anstieg der Beschwerden im 2. Halbjahr 2015 nach sich.

4.    Da die Darstellung der bezirklichen Aufteilung der Fluglärmbeschwerden unter ham-burg.de/fluglaermbeschwerden nur als Grafik vorhanden ist: Aus welchen Bezirken und Landkreisen kamen in den vergangenen fünf Jahren jeweils wie viele Beschwerden?

 

Jahr20112012201320142015
Bezirk Altona11121972503792
Bezirk Nord331416930453486
Bezirk Eimsbüttel20721480292387
Bezirk Wandsbek1782746581.0254.147
Bezirk Mitte57661446285
Bezirk Harburg713582
Bezirk Bergedorf55367
Kreis Pinneberg229243206246699
Kreis Segeberg107159245197290
Kreis Stormarn5231551102.349

5.    In welchen Stadtteilen existieren Bürgerinitiativen gegen Fluglärm?

Der zuständigen Behörde sind Bürgerinitiativen aus folgenden Stadtteilen und Ortschaften bekannt:

In Hamburg: Langenhorn, Lemsahl, Lurup, Barmbek.
In Schleswig-Holstein: Ahrensburg, Elmenhorst, Norderstedt.

6.    Wie lange speichert die zuständige Behörde die Informationen über einzelne Beschwerden und welche Informationen werden gespeichert?

7.    Welchen Sinn hat die Erfassung von Beschwerden nach Kategorien? Was bezwecken der Senat oder die zuständige Behörde mit dieser Unterscheidung?

8.    Bewerten der Senat oder die zuständigen Behörden Beschwerden geringer oder höher, wenn sie wiederholt erfolgen oder wenn sie durch Unterschriftensammlung erfolgen?

9.    Laut Information der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) werden
Beschwerden, auch wenn sie sich auf mehrere Einzelvorfälle beziehen, jeweils nur als eine Beschwerde gezählt. Von welchem Faktor zwischen Beschwerden und Vorfällen ist bei den aktuellen Zahlen für 2015 auszugehen, das heißt wie viele Einzelvorfälle liegen den Beschwerden zugrunde?

Auf Grund einer Anweisung des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten werden Fluglärmbe-schwerden seit Sommer 2015 nicht mehr gespeichert, sondern nach der Zählung und Auswertung gelöscht.

Eine Kategorisierung der Beschwerden nach Fragesteller erfolgt nicht mehr, die Unterscheidung in Einzel- und Dauerbeschwerdeführer wurde im Sommer 2015 aufgegeben. Davor wurden Einzel- und Dauerbeschwerdeführer getrennt gezählt, aber in den Statistiken gemeinsam ausgewiesen, siehe dazu auch Drs. 20/12906. 

Eine unterschiedliche Bewertung der Beschwerden wird von der zuständigen Behörde nicht vorgenommen.

Es wurden bei insgesamt 9.340 Beschwerden 9.601 Beschwerdegründe angegeben. 

10.    Wie viele Anflüge und Landungen fanden jeweils in den vergangenen fünf Jahren durch-schnittlich am Tag am Hamburger Flughafen statt?

Der Senat geht davon aus, dass die Fragestellung sich auf Starts und Landungen bezieht, sodass im Folgenden auch Angaben zu den Starts gemacht werden.

 

Jahr20112012201320142015
Durchschnitt Landungen217209197211217
Durchschnitt Starts217209197211217

11.    Welche Flugrouten gibt es in Hamburg und seit wann sind diese festgelegt? Bitte geben Sie auch Daten zur Ausdehnung an und fügen Sie Originaltexte bei.

12.    Wann sind Flugrouten verändert worden? Bitte geben Sie auch Daten zur Ausdehnung an und fügen Sie Originaltexte bei.

Eine aktuelle graphische Darstellung der derzeit gültigen Flugrouten ist der Anlage 1 zu entnehmen. Das älteste vorliegende Dokument zur Festlegung von An- und Abflugverfahren am Hamburger Flug-hafen ist die 87. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung vom 28.August 1981 (siehe An-lage 2). Die älteste grafische Darstellung von Flugrouten am Hamburger Flughafen befindet sich in Anlage 3. Die letzte bedeutende Änderung der Abflugverfahren (Einführung RAMAR) wurde am 5.Oktober 2010 im Bundeanzeiger veröffentlicht (siehe Anlage 4).

13.    Wie viele Anflüge und Landungen fanden jeweils in den vergangenen fünf Jahren durch-schnittlich am Tag über den Stadtteilen Eidelstedt, Lurup, Osdorf, Iserbrook, Klein Flottbek und Nienstedten statt?

Die genannten Stadtteile befinden sich unter dem Anflugweg 05 und dem Abflugweg 23.

 

Jahr20112012201320142015
Durchschnitt Landunge2930284329
Durchschnitt Starts7363477173

14.    Ist der „Flugkorridor“ in den letzten fünf Jahren ausgeweitet worden beziehungsweise hat sich die Ausnutzung des „Flugkorridors“ über den Stadtteilen Ei-delstedt, Lurup, Osdorf, Iserbrook und Klein Flottbek verändert?

Nein.

15.    Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang (Frage 13.) die Beschwerden?

In 2013 gab es, bedingt durch langwierige Sanierungsarbeiten der Bahn 1 (Niendorf/Langenhorn) in Verbindung mit der Witterungslage einen deutlichen Rückgang von Starts über den Stadtteilen Eidelstedt, Lurup, Osdorf, Iserbrook und Klein Flottbek. Aus dem gleichen Grund war die Zahl der Landeanflüge in den Sommermonaten extrem gering. 

Nach dem Tiefstand im Jahr 2013 hat sich die durchschnittliche Zahl der Abflüge auf dem Niveau von 2011 stabilisiert.

Im Übrigen siehe Antwort zu 1. – 3.

16.    Hat die Anzahl von „Tiefflügen“ beziehungsweise Flachstarts über Eidelstedt, Lurup, Osdorf, Iserbrook und Klein Flottbek in den letzten Jahren zugenommen?

       a.    Wenn ja: Welche Ursachen gibt es hierfür?

Es liegt keine statistische Erhebung über die Anzahl von Flachstarts vor. Im September 2014 hat die Lufthansa für Ihre Flotte das Flachstartverfahren eingeführt, welches schon seit 2012 von vielen ande-ren Airlines am Hamburger Flughafen praktiziert wird. Eine Auswertung der Steigprofile von Lufthansa-Flugzeugen vor und nach der Umstellung hat jedoch ergeben, dass sich die tatsächlich geflogenen Flughöhen gleichwohl nicht maßgeblich geändert haben.

17.    Werden von den Fluggesellschaften bei An- und Abflügen Verfahren getestet, mit denen Treibstoffkosten gesenkt und/oder Flugrouten günstiger gestaltet werden können?

       a.    Wenn ja: Welche Verfahren beziehungsweise welche Flugroutenänderungen sind dies?

       b.    Wenn ja: Finden solche Erprobungen über Eidelstedt, Lurup, Osdorf, Iserbrook, Klein Flottbek und Nienstedten statt?

       c.    Wenn ja: Sind solche Verfahren genehmigungs- oder anmeldepflichtig?

Am Flughafen Hamburg kommen ausschließlich bereits getestete Flugverfahren zum Einsatz.

18.    Wie verteilten sich die Anflüge und Landungen jeweils auf welche Stunden am Tag über Eidelstedt, Lurup, Osdorf, Iserbrook, Klein Flottbek und Nienstedten?

19.    Wie viele Anflüge und Landungen erfolgten insbesondere zwischen 6 Uhr und 7 Uhr und zwischen 22 und 23 Uhr? Bitte die Zahlen für Eidelstedt, Lurup, Osdorf, Iserbrook, Klein Flottbek und Nienstedten getrennt ausweisen.

Die genannten Stadtteile liegen unter dem Landegleitpfad 05. Die folgende Tabelle zeigt die Anflüge (Landungen) der letzten 5 Jahre. Die Daten werden in erfragter Form nicht erfasst. Eine über die Fra-gestellung hinausgehende Auswertung und stündliche Darstellung von jährlich bis zu 26.632 (2015) Starts,  war in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

 

Zeit20112012201320142015
00-0158535
01-0241322
02-0344283
03-0473631
04-0525044
05-0627243
06-075178529986
07-08541476384629331
08-096486036721.058547
09-106466366771.122806
10-118957767631.170744
11-12584643619842512
12-13377365364665462
13-14512538461888538
14-15422463564781658
15-16490535524613396
16-17625661643828625
17-188879678501.134782
18-196908057581.321828
19-20839713581715490
20-21839713581715490
21-221.0751.0969141.4591.066
22-234325485491.112790
23-2452496411864

Es werden sowohl bei Starts als auch Landungen alle genannten Stadtteile nacheinander überflogen, so dass sich eine Einzelausweisung erübrigt.

20.    Wie hoch sind die Einnahmen des Hamburger Flughafens pro Jahr in den letzten fünf Jahren?

 

in Mio. Euro201020112012201320142015
Umsatzerlöse248,6253,3251,5254,5271,3*)
Gewinn41,849,239,037,340,2*)

*) Umsatz und Jahresabschluss 2015 wurden noch nicht endgültig festgestellt

21.    Welche Kosten fallen durchschnittlich pro Tag während der Betriebszeiten des Hamburger Flughafens an?

Während der Betriebszeiten des Hamburger Flughafens entstehen einer Vielzahl von Wirtschaftssubjekten tägliche Kosten, zu denen dem Senat keine Gesamtübersichten bekannt sind.

22.    Wie hoch war der Gewinn des Hamburger Flughafens jeweils in den vergangenen fünf Jahren?

Siehe Antwort zu 20.

23.    Wie kommt die Flughafen Hamburg GmbH zu der Einschätzung, dass bei einem Wegfall der Flugbewegungen ab 22 Uhr (Nachtflugverbot) die Erlösausfälle des Flughafens mehr als die Hälfte des heutigen Gewinns betragen würde? Welche Annahmen und welche konkrete Berechnungen liegen dieser Aussage zugrunde?

Siehe Drs. 20/11143.