Schriftliche Kleine Anfrage: Beiladung bei Transporten von uranhaltigem oder strahlendem Material

Stephan Jersch

Das Hamburger Stadtgebiet und der Hafen sind wichtige Drehscheiben der internationalen Atomindustrie. Uranhaltiges Material, unbestrahlte Brennelemente

oder andere Produkte, die im Zusammenhang mit der Nutzung der Atomtechnologie stehen, werden im Hamburger Hafen umgeschlagen beziehungsweise durch das Hamburger Stadtgebiet transportiert.

Das Hamburger Stadtgebiet und der Hafen sind wichtige Drehscheiben der internationalen Atomindustrie. Uranhaltiges Material, unbestrahlte Brennelemente oder andere Produkte, die im Zusammenhang mit der Nutzung der Atomtechnologie stehen, werden im Hamburger Hafen umgeschlagen beziehungsweise durch das Hamburger Stadtgebiet transportiert.

Dabei erreichen unter anderem aus dem Absenderhafen Walvis Bay in Namibia Mehrzweckfrachter der Reederei MACS Maritime Carrier Shipping GmbH & Co. (MACS) Hamburg – unter anderem mit mit Uranerzkonzentrat beladenen Containern. Der Hamburger Senat gab in Schriftlichen Kleinen Anfragen an, dass im Zeitraum vom 11.11.12 bis zum 11.02.15 mindestens 17 Transporte von Uranerzkonzentrat (U3O8) aus Walvis Bay/Namibia in den Hamburger Hafen gelangten. In diesem Zeitraum wurden insgesamt bis zu 4.120 Tonnen Uranerzkonzentrat (Bruttomasse) in den Hamburger Hafen befördert.

Die Mehrzweckfrachter der Hamburger Reederei Maritime Carrier Shipping (MACS), deren Schiff MS „PURPLE BEACH“ kürzlich in der Nordsee vor Helgoland havarierte, können in ihren getrennten Laderäumen gleichzeitig Schüttgut, Stückgut wie auch Container befördern. Die MS „PURPLE BEACH“ wurde in Vergangenheit von MACS auch für Urantransporte auf der Linie Walvis Bay/Namibia – Hamburg eingesetzt. Die im Einsatz auf der Route Namibia/Hamburg befindlichen Mehrzweckfrachter sind hinsichtlich ihrer Bauart mit der „PURPLE BEACH“ vergleichbar.

Dazu frage ich den Senat:

1. Welche Reedereien schlagen mit welchen Schiffen uranhaltiges Material im Hamburger Hafen um? Bitte auflisten für 2013, 2014 und das laufende Jahr: Reedereien, Schiffe.

2. Um welche Bauarten von Schiffen handelt es sich dabei? Bitte spezifizieren.

Der Senat macht aus Sicherheitsgründen keine Angaben über die Schiffsnamen und Reedereien, die uranhaltige Kernbrennstoffe transportieren. Im Übrigen siehe Drs. 19/3835.

3. Transportieren Schiffe, die Atomtransporte durchführen, bei ihren Fahrten weitere Frachtgüter, wie zum Beispiel Düngemittel?

Wenn ja: Bitte diese weiteren Güter auflisten und spezifizieren hinsichtlich: Güter beziehungsweise Stoffe und deren Gefahreneinstufungen.

Ja, siehe Anlage. Es handelt sich um Daten aus dem Gefahrgut-Informationssystem GEGIS (Stichtag: 24. Juni 2015). Daten über die im GEGIS gemeldeten Transporte liegen der zuständigen Behörde nur für die jeweils letzten drei Monate vor.

Daten über beförderte Güter, die keine gefährlichen Güter nach gefahrgutrechtlichen Vorschriften sind, liegen der zuständigen Behörde nicht vor.

4. Welche Genehmigungen müssen vorliegen, um verschiedene Ladungen mit unterschiedlichen Gefahreneinstufungen über den Hamburger Hafen umschlagen zu können, speziell in Kombination mit uranhaltigem oder strahlendem Material?

Grundsätzlich sind keine Genehmigungen für den Transport und den Umschlag von Gütern, die den gefahrgutrechtlichen Vorschriften unterliegen, erforderlich, sofern die Anforderungen für den Umschlag dieser Güter gemäß Gefahrgut- und Brandschutzverordnung Hafen Hamburg (GGBVOVHH) eingehalten werden.

Hingegen muss für den Transport von nicht freigestellten spaltbaren radioaktiven Stoffen und sogenannten Großquellen (§ 23 Absatz 2 Atomgesetz), welche auch Gefahrgüter der Klasse 7 sind, eine gültige Transportgenehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz vorliegen. Danach ist die Beförderung dieser Stoffe innerhalb des Geltungsbereiches des Atomgesetzes unter Einhaltung der für den jeweiligen Verkehrsträger geltenden gefahrgutrechtlichen Bestimmungen durchzuführen. Dort sind unter anderem die Trennvorschriften für das Zusammenladen unterschiedlicher Frachtgüter geregelt. Bei transportbedingten zeitweiligen Aufenthalten im Hafen von Hamburg dürfen sich in einem Abstand von 6 m von den Versandstücken mit dem Kernbrennstoff keine explosiven oder entzündbaren Stoffe befinden.

Für den Umschlag von sonstigen radioaktiven Stoffen benötigt der Umschlagsbetrieb eine Genehmigung nach § 7 Strahlenschutzverordnung (StrLSchV). Darüber hinaus benötigt der Beförderer für den Umschlag von sonstigen radioaktiven Stoffen zwecks Weiterbeförderung auf dem Landweg eine Beförderungsgenehmigung nach § 16 StrLSchV.

Ausgenommen von der Genehmigungspflicht nach § 16 StrLSchV ist die Beförderung von freigestellten Versandstücken nach den Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter.

5. Wie werden dabei Gefahrenlagen bei verschiedenen Gütern mit unterschiedlichen Gefährdungspotenzialen bei einem kombinierten Transport per Schiff definiert?

Gefahrenlagen mit Stoffen unterschiedlicher Gefährdungspotenziale sind grundsätzlich nicht definiert. Welche Güter mit einem Seeschiff befördert werden dürfen, regelt sich nach internationalen Übereinkommen wie dem Internationalen Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS). Aus SOLAS resultieren unter anderem Bauvorschriften für Schiffe und in Form des IMDG-Codes (International Maritime Dangerous Goods) Stau-, Trenn- und Verpackungsvorschriften für die Ladung. Für Güter mit einem hohen Gefahrenpotenzial gelten strengere Stau- und Trennvorschriften als für solche mit niedrigem Gefahrenpotenzial. Darüber hinaus müssen Gefahrgüter entsprechend ihrem Gefahrenpotential verpackt werden.

6. Welche Brand- und Katastrophenschutzmaßnahmen sind in Hamburg (speziell im Hafen) getroffen, die bei einem möglichen Unfall eines kombinierten Transportes unter Beteiligung von uralhaltigem oder strahlendem Material zur Anwendung kommen?

Für den Fall von Gefahrgutunfällen mit uranhaltigem oder strahlendem Material werden die konkreten Schutz- und Gefahrenabwehrmaßnahmen durch Feuerwehr und Polizei im Rahmen ihrer Zuständigkeiten anlass- und lagebezogen durchgeführt. Hierzu zählen insbesondere:
Rettungsmaßnahmen unmittelbar Betroffener (Dekontamination, Medizinische Versorgung),
Bestimmung der Schadstoffkonzentration- und Ausbreitung, Messung potenzieller Strahlung,
Warnung- und Information der Bevölkerung im Umfeld des Schadensortes,
Sperren und Räumen des Schadensortes und des Umfeldes,
Verkehrslenkung und -regelung, gegebenenfalls Sperrung der Wasserstraße für den Schiffsverkehr,
technische Schadensbekämpfung und
Schutz des Eigentums am Schadensort und im Absperrbereich.

Darüber hinaus erfolgen gegebenenfalls weitergehende Maßnahmen der Katastrophenschutzbehörden, wie zum Beispiel die umfassende Warnung und Information der Bevölkerung. Im Übrigen siehe Drs. 20/11857.