Debatte "Food Cluster Hamburg auf den Weg bringen"

In der Bürgerschaftssitzung vom 17. November 2021 hatten die Senatsfraktionen das Thema "Food Cluster Hamburg auf den Weg bringen" auf die Tagesordnung gestellt. Stephan Jersch sprach für die Linksfraktion zu dem Thema. (Foto: Bürgerschaft Hamburg / M. Zapf)

Der Antrag der SPD- und Grünen-Fraktion "Food Cluster Hamburg auf den Weg bringen" ist hier als Drucksache 22/6267 (PDF). Die Debatte ist hier in der Mediathek der Bürgerschaft online. Der Beitrag von Stephan Jersch ist hier als Video online.

Food Cluster Hamburg auf den Weg bringen
 

Stephan Jersch DIE LINKE:

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es sind beeindruckende Zahlen in Hamburg zur Lebensmittelindustrie, auch zu den Lebensmittelkonzernen. 400 Unternehmen, 42 000 Beschäftigte in der Metropolregion, das sind meine Zahlen, 18,5 Prozent des Hafenumschlags Nahrungsmittel und Agrarprodukte.

In der Tat beeindruckende Zahlen, aber nicht jede wirtschaftliche Bedeutung ist frei von Friktion. Unilever, Nestlé gehören zu diesen Unternehmen in Hamburg, groß im Palmöl-Geschäft, zu dem ich eigentlich, glaube ich, nichts mehr ausführen muss. Nestlé, laut Greenpeace einer der größten Plastikverschmutzer dieser Welt, macht letztendlich sein Geschäft auch mit Trinkwasser. Trinkwasser auf Kosten der Menschen dieser Welt, und dieses Unternehmen gehört zu diesem Food-Bereich in Hamburg.

Und letztendlich wollen Sie im Petitum genau die Expertise unter anderem dieser Unternehmen mit den Start-ups bündeln. Welche Expertise kann das sein? Keine zukunftsträchtige. Wenn es darum geht, Maßstäbe zu setzen für sicherlich eine wichtige Food-Cluster-Entwicklung, dann wären es Maßstäbe, die die Stadt setzen muss. Die ganze Wertschöpfungskette zu berücksichtigen, mit Piloten an den Start zu gehen, wie zum Beispiel einem Food House, oder eigene Beschaffungen in den eigenen Unternehmen der Stadt endlich mal den eigenen Ansprüchen anzupassen und vor allen Dingen, und das wäre die Hauptsache, die Start-ups mit der Wissenschaft zu vernetzen und nicht nur oder nicht mit den Unternehmen und vor allen Dingen zum Beispiel für Kitas und Schulen ausreichende Unterstützung für die Schulspeisung und das Kita-Essen.

Im Antrag wird auch die Einbeziehung von foodactive bei der Strategieentwicklung angeregt. Wenn wir einmal in die Satzung von foodactive schauen, wofür dieses Netzwerk da ist, dann steht es so gar nicht für irgendeinen der Punkte, die Sie hier anführen. Es steht nicht für Nachhaltigkeit, für Fairtrade, es steht nicht für gesunde Ernährung und für Regionalität.

Sicherlich gibt es unter den Mitgliedsunternehmen welche, die das auch praktizieren, aber es ist nicht Aufgabe dieses Netzwerkes, und das binden Sie in Ihre Strategieentwicklung ein. 

Und zukunftsfähig wäre eine entsprechende Entwicklung der Nahrungsmittelwirtschaft in Hamburg, wenn Sie regionale Landwirtschaft mit einbeziehen, wenn Sie keine genveränderten Lebensmittel mehr über den Hafen verschiffen, wenn Sie vornehmlich Bio und Regional berücksichtigen und wenn Sie vor allen Dingen die Nachhaltigkeit in der Wirtschaft berücksichtigen, und zwar die soziale und die ökologische. 
(Zuruf)

Wenn wir uns noch einmal das Petitum angucken, dann sehen wir durchaus, dass im Text des Antrags dann nichts mehr von der guten Arbeit und den Arbeitsbedingungen steht, von der Mitbestimmung und den Beteiligungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zumindest nicht mehr im Petitum.

Geeignete Flächen zur Förderung zu finden, ist schon heute aufgrund der Struktur eigentlich kein Hindernis, da braucht es einen solchen Cluster nicht. Und der Ansatz, Unternehmen mit Start-ups und der Wissenschaft zusammenzuführen, ist doch letztendlich in dieser Frage mehr eine Brautschau.

Start-ups sind innovativ, Start-ups sind kreativ, Start-ups setzen letztendlich Trends. Und letztendlich haben wir das in anderen Bereichen schon erlebt, dass große Unternehmen eben die erfolgreichen Start-ups dann vom Markt wegkaufen, und das kann doch auch nicht Ziel einer kreativen, einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung Hamburgs sein.

Vor allen Dingen ist es doch eine interessante Frage, warum liest man auf hamburg.de eigentlich: "Cluster für die Hamburger Ernährungswirtschaft – das neue Hamburger 'Food Cluster'"? Augenscheinlich ist das eine Auftragsarbeit für den Senat, die Sie hier abgeliefert haben. Und da wäre die Frage, warum eigentlich die Berichterstattung erst zum 30. Juni 2022, wenn der Senat hier auf bereits verkündet hat, dass dieser Food Cluster in der Gründung ist. Ich finde, hier stimmt irgendetwas im Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative nicht. In dieser Form ist der Antrag für uns nicht zustimmungsfähig.

– Danke.
(Beifall)