Debatte: Erhalt Wildgehege Klövensteen

Auf Antrag der Senatsfraktionen debattierte die Bürgerschaft auf ihrer Sitzung am 5. Juli 2023 über den Erhalt des Wildgeheges Klövensteen. Dazu nahm für die Linksfraktion der für den Tierschutz zuständige Abgeordnete Stephan Jersch in seiner Rede Stellung.

Rede von Stephan Jersch für die Fraktion DIE LINKE zum: "Erhalt Wildgehege Klövensteen"

Stephan Jersch DIE LINKE:

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
ist in der Tat eine gute Einigung, auch wenn ich
nicht weiß, wofür man da jetzt wirklich eine lange
Debatte braucht,
(Dennis Thering CDU: Ja, danke!)

aber deswegen werde ich die Zeit nutzen, denn
es ist – die Kollegin Frieling hat es ja schon darge-
stellt – eine Geschichte mit Vorgeschichte, und die
hat mich auch schon in der letzten Legislaturpe-
riode entsprechend mit mindestens einer Großen
Anfrage beschäftigt.

Keine Frage, das Wildgehege Klövensteen hat ei-
ner Sanierung, einer Neuplanung bedurft. Die Zu-
stände waren nicht haltbar, und nicht umsonst sieht
man das Interesse der Menschen in Altona auch an
zwei Bürgerbegehren, die dazu eingereicht worden
sind. Aber ich wäre jetzt nicht auch noch tierschutz-
politischer Sprecher meiner Fraktion, wenn ich an
dieser Stelle nicht einwenden würde: Warum muss
man Tiere einsperren, Tiere, die auch in Deutsch-
land in der Freiheit leben? Das ist das Dilemma
einer Großstadt ohne wirkliche Naturerfahrung, um
Menschen ein entsprechendes Naturerlebnis nä-
herzubringen. Deswegen ist es natürlich wichtig,
dass man ein solches Wildgehege in der Stadt hat.

Deswegen ist es auch umso besser, dass es einen
Kompromiss gegeben hat, der sich auf eine klei-
nere Anzahl von Tieren beschränkt, der das Greif-
vogelgehege zur Geschichte werden lässt, wenn
denn die letzten Uhus gestorben sind, und der vor
allen Dingen die Bildung, die Umweltbildung ganz
deutlich in den Vordergrund treten lässt. Die Einbin-
dung in das Programm für Bildung für nachhaltige
Entwicklung ist ein ganz wichtiger Baustein und na-
türlich der Ausbau der Beobachtungsmöglichkeiten,
der naturnahen Informationsangebote und – ganz
wichtig, auch angesichts des einen oder anderen in
der Nähe angesiedelten Investors – die Kostenfrei-
heit für die Familien in Altona.

Das Wildgehege bringt das Verständnis für die Na-
tur näher, und je mehr Verständnis für die Natur in
Hamburg da ist, umso weniger werden wir uns in
Zukunft über Oberbillwerder oder die A 26 unterhal-
ten müssen; auch darauf baue ich als Langzeitwir-
kung.

Nichtsdestotrotz bleibt die Frage, warum das Wild-
gehege eine Genehmigung als Zoo bekommen
musste. Trotz alledem sind natürlich die Randpa-
rameter durchaus gut, und wir haben einen guten
Erlebnis- und Bildungsort.

Was ich nicht verstehe, ist, warum nicht schon kon-
kreter über eine öffentliche Personennahverkehrs-
anbindung, wohl aber über Parkplätze geredet wor-
den ist. Ich könnte mir vorstellen, dass man an
dieser Stelle vielleicht ein bisschen offensiver ran-
gehen könnte.
(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir schon bei der Veröffentlichung eines
Kompromisses, eines Zukunftskonzeptes sind,
dann hätte ich natürlich auch noch ein bisschen
mehr Transparenz erwartet und hätte auch gern
noch einmal die Forsteinrichtungen zum Klövens-
teen öffentlich gehabt. Das ist ja leider ein nicht
öffentliches Papier, das aber wichtig ist für die
Entwicklung des Klövensteens. Es ist letztendlich
auch mehr ein Schmankerl, dass die Sicherung des
Weihnachtsbaumverkaufs dort weiter gegeben ist,
ein Klub von durchaus einflussreichen Geschäfts-
leuten, die das jedes Jahr veranstalten. Ob das
nun notgetan hätte, ist eine andere Frage, insbe-
sondere, da ein Teil der Weihnachtsbäume impor-
tiert wird, damit sie dort verkauft werden können.
Die naturnahe Bildung in der Metropolregion und
die jährlichen Schlagzeilen über die süßen Frisch-
linge, die durch den Klövensteen toben, haben na-
türlich auch den Preis, dass diese Frischlinge letzt-
endlich dadurch ermöglicht werden, dass es jedes
Jahr einmal einen Wildschweinfleischverkauf gibt.
Denn für diese Frischlinge muss Platz geschaffen
werden, und der wird mit der Waffe geschaffen.

Dies ist ein Zustand, über den wir künftig vielleicht
auch noch einmal diskutieren sollten: Wie zeitge-
recht ist es eigentlich, dass Tiere in Gefangenschaft
regelmäßig abgeschossen werden, damit jüngere
Tiere für die Öffentlichkeit nachrücken können?
Nichtsdestotrotz ist der Kompromiss ein guter Kom-
promiss angesichts dessen, was an Rahmenbe-
dingungen da war. Wir werden ihm natürlich zu-
stimmen, und ich freue mich auf die nächsten Dis-
kussionen in Richtung Tierschutz. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN)