Antrag: Notnagel LNG ohne Fracking als kurzfristige Übergangslösung für den Schiffsantrieb

Stephan Jersch

Wenn Hamburgs Senat schon auf fossiles LNG setzen will, dann wenigstens ohne Fracking!

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
21. Wahlperiode

Drucksache 21/15588
20.12.18

Antrag
der Abgeordneten Stephan Jersch, Norbert Hackbusch, Deniz Celik, Heike Sudmann, Sabine Boeddinghaus, Martin Dolzer, Dr. Carola Ensslen, Cansu Özdemir, Christiane Schneider und Mehmet Yildiz (DIE LINKE)

Betr.: Notnagel LNG ohne Fracking als kurzfristige Übergangslösung für den Schiffsantrieb

LNG (liquefied natural gas) gilt nach Auffassung des Senats (siehe Drs. 21/14998) als „umweltfreundliche Versorgung“ für Schiffe während ihrer Liegezeiten im Hamburger Hafen. Darüber hinaus gibt es auf Hamburgischem Staatsgebiet bereits eine LNG-Tankstelle für Lkws sowie einen LNG-Bunker im Ölhafen. Außerdem unterstützt der Senat den Bau eines LNG-Terminals in Brunsbüttel.

Gleichzeitig zeigt sich der Senat unwissend, was die Herkunft bisheriger wie zukünftiger LNG-Lieferungen angeht, und erklärt: „Eine physikalische Zuordnung der Einspeisepunkte zu den Ausspeisepunkten sieht das 2006 eingeführte Gasmarktmodell nicht vor. Ebenso wenig gibt es ein Zertifizierungssystem für Erdgas.“

Darüber hinaus hat der Senat angeblich keinerlei Information darüber, wie viel Erdgas in Form von LNG seit 2017 nach Hamburg importiert wurde (siehe Drs. 21/14289).

Lassen sich auch im Bereich der Seeschifffahrt immerhin die Luftschadstoffemissionen – im Vergleich zu Schweröl und Marinediesel – deutlich senken, so ist LNG Erdgas, also Methan fossilen Ursprungs. Die Förderung des Erdgases, das zu LNG verflüssigt wird, erfolgt teilweise extrem umwelt- und klimaschädlich mittels Fracking. Bei Förderung des Erdgases sowie bei Verflüssigung, Transport, Umladung und Gebrauch von LNG gibt es jeweils erheblichen Methanschlupf, bei dem hochgradig klimaschädliches Methan in die Atmosphäre entweicht. Studien belegen, dass LNG beim Klimaschutz unwirksam ist, insbesondere wenn das Erdgas mittels Fracking gewonnen wurde.

Auch vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrags 2015 ist die Haltung des Senats zum LNG nicht nachvollziehbar. Dort heißt es klar und deutlich: „Bis 2020 will der Senat seinen Beitrag zum nationalen Klimaziel von 40 Prozent CO2-Reduktion leisten und seine Anstrengungen verstärken.“ und „Die Koalition lehnt die Förderung unkonventioneller Erdgasvorkommen mittels Fracking ab.“

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird aufgefordert,

  1. sich über den Bundesrat für die Einführung eines verpflichtenden Zertifizierungssystems für Gas einzusetzen, das die Unterscheidung von Erdgas aus konventioneller Förderung (ohne Fracking) von solchem aus unkonventioneller Förderung (mit Fracking) sowie von solchem Gas ermöglicht, das aus erneuerbaren Energiequellen (E-Gas aus Strom und Gas aus Biomasse) gewonnen wurde,
  2. sich über den Bundesrat beziehungsweise die Bundesnetzagentur für die Entwicklung eines Modells einzusetzen, nach dem – analog zum Strommarkt, wo eine Unterscheidung nach dem Ursprung des eingespeisten Stroms möglich ist - Gas gezielt aus bestimmten Quellen, zum Beispiel nur aus konventioneller Förderung oder nur aus erneuerbaren Quellen, eingekauft werden kann,
  3. sich über den Bundesrat für die Abschaffung der Subventionierungen fossiler Brennstoffe und für eine Beschleunigung des breiten Einsatzes bereits vorhandener klimafreundlicher, nicht fossiler Antriebs- und Energiegewinnungstechniken einzusetzen und Fördergelder ausschließlich im Einklang mit Klima- und Umweltzielen zu erteilen. Staatliche Förderungen müssten vielmehr das Ziel verfolgen, den Verkehrssektor vollständig zu dekarbonisieren. Flüssiggas jedoch kann dieses Ziel nicht erfüllen.
  4. den städtischen Unternehmen und den Unternehmen, die unter Fach- beziehungsweise Rechtsaufsicht von Hamburger Behörden stehen, verbindlich vorzuschreiben, gefracktes Erdgas/LNG aus gefracktem Erdgas nicht, sondern bevorzugt Gase aus erneuerbaren Quellen oder wenigstens Erdgas aus nicht gefrackten Quellen einzusetzen,
  5. bis zum 14. August 2019 der Bürgerschaft über seine Bemühungen und deren Erfolge zu berichten.