Schriftliche Kleine Anfrage: Teil-Moratorium für die Anwendung von Glyphosat

Stephan Jersch

In einer Pressemitteilung des Senats vom 18. Januar 2016 hat die BWVI ein „Glyphosat-Moratorium“ für Nichtkulturlandflächen, die in direktem Kontakt mit der Allgemeinheit stehen, verkündet.

Wie bereits aus der Antwort des Senats auf die Drs. 20/10003 hervorgeht, erfolgt der Einsatz von Glyphosat in Hamburg auf landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzten Flächen sowie im Rahmen von Einzelfallgenehmigungen.

Das Moratorium der BWVI für den Glyphosat-Einsatz umfasst somit nicht den vollumfänglichen Einsatzbereich des Wirkstoffs.

In einer Pressemitteilung des Senats vom 18. Januar 2016 hat die BWVI ein „Glyphosat-Moratorium“ für Nichtkulturlandflächen, die in direktem Kontakt mit der Allgemeinheit stehen, verkündet.

Wie bereits aus der Antwort des Senats auf die Drs. 20/10003 hervorgeht, erfolgt der Einsatz von Glyphosat in Hamburg auf landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzten Flächen sowie im Rahmen von Einzelfallgenehmigungen.

Das Moratorium der BWVI für den Glyphosat-Einsatz umfasst somit nicht den vollumfänglichen Einsatzbereich des Wirkstoffs.

Ich frage daher den Senat:

Glyphosat ist ein noch bis zum 30. Juni 2016 zugelassener Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln (PSM) zur Unkrautbekämpfung und zur Sikkation (Vorerntebehandlung) in der landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Praxis. Das Wiederzulassungsverfahren wird derzeit durchgeführt. Dabei werden mehrere Studien in das Verfahren mit einbezogen und es wird geprüft, inwiefern der Wirkstoff in der Anwendung krebserregend sein kann. Die Pflanzenschutzmittel, die den Wirkstoff Glyphosat enthalten, finden auch Verwendung im Bereich Nichtkulturland. Pflanzenschutzmittel dürfen grundsätzlich nur angewendet werden, wenn sie über eine entsprechende Zulassung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) verfügen. Im Rahmen dieser Zulassung werden unter anderem die Anwendungsgebiete (zum Beispiel Nichtkulturland) und die Anwendungsbestimmungen festgelegt. Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln auf Nichtkulturlandflächen müssen vor der Anwendung nach § 12 Absatz 2 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) von der zuständigen Landesbehörde genehmigt werden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:  

1.    Wie groß sind die Flächen auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg, die landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzt werden, die als Nichtkulturlandflächen eingeordnet werden und wie groß ist bei letzteren der Anteil der Flächen, die im direkten Kontakt mit der Allgemeinheit stehen?

Nach Definition sind landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzte Flächen Kulturlandflächen und somit keine Nichtkulturlandflächen. Eine Größe kann daher nicht ermittelt werden.

2.    Wie viele Ausnahmegenehmigungen wurden seit 2010 für den Einsatz von Glyphosat erteilt und wie groß waren die davon betroffenen Flächen? Bitte nach Jahren und Lage der Flächen aufschlüsseln.

Seit dem Jahr 2010 wurden insgesamt 422 Ausnahmegenehmigungen mit glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln erteilt. Im Übrigen siehe Anlage.

3.   Gibt es derzeit noch bestehende Ausnahmegenehmigungen? Bitte mit Anzahl, Flächengröße und Dauer der Genehmigung aufführen.

Nein. Die Ausnahmegenehmigungen werden nur befristet erstellt und enden grundsätzlich im jeweiligen Genehmigungsjahr. Regelmäßig ist dies der 31. Oktober des Jahres.  

4.    Das Moratorium gilt der Pressemeldung entsprechend von Mitte Januar 2016 bis voraussichtlich Sommer 2016. Mit wie vielen Ausnahmegenehmigungen wäre, entsprechend der Erfahrungen der letzten Jahre, in diesem Zeitraum zu rechnen gewesen?

Aufgrund der Erfahrungen aus den letzten sechs Jahren kann mit durchschnittlich 70 Anträgen für glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel pro Jahr gerechnet werden.  

5.   Wie viele Anträge auf Ausnahmegenehmigungen wurden seit 2010 abschlägig beschieden? Bitte nach Jahren aufschlüsseln.

 

JahrAnzahl der Ablehnungen für glyphosathaltige PSM
2010-
2011-
2012-
2013-
20141
20153

6.    Ist die Hamburger Regelung inhaltlich mit den Regelungen in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zu vergleichen? Welche möglichen Unterschiede zu den vorgenannten Bundesländerregelungen gibt es?

Ja. Die Hamburger Regelung ist vergleichbar, aber nicht identisch mit den Regelungen der anderen Länder. Im Gegensatz zu den drei genannten Ländern hat die zuständige Behörde aufgrund des vorsorglichen Gesundheitsschutzes nur Flächen herangezogen, zu denen die Allgemeinheit unmittelbar Zutritt hat. Hintergrund für das Moratorium war das Ergebnis der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Darin kam die EFSA zu der Schlussfolgerung, die Anwenderexposition neu zu bewerten. Dieses Ergebnis fließt in die erneute Sicherheitsbewertung der betroffenen Pflanzenschutzmittel auf nationaler Ebene ein. Derzeit ist nicht absehbar, wie sich dies in der Pflanzenschutzmittelzulassung widerspiegeln wird. Daraus hat die zuständige Behörde die Notwendigkeit abgeleitet, die Allgemeinheit auf öffentlichen Flächen besser zu schützen. Auf Industrieflächen, wie zum Beispiel Gleisanlagen oder Erdöllagerstätten, ist die potenzielle Gefährdung der Allgemeinheit gering. Daher findet das Moratorium für diese Flächen keine Anwendung. Anders als in den oben genannten Bundesländern gibt es in Hamburg keine Ausnahmemöglichkeit. Die Hamburger Regelung ist an den Termin der Neuzulassung gebunden. Die Regelungen der anderen Länder sind hingegen unbefristet.

7.   Hat die BWVI unabhängig von einer Neubewertung von Glyphosat im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung die Möglichkeit, den Einsatz von Glyphosat auf von der Stadt verpachteten Flächen über die Pachtverträge grundsätzlich zu untersagen (zum Beispiel Lkw-Flächen, Kleingärten)?

Wenn ja: Beabsichtigt die Stadt eine solche Einschränkung?

Wenn nein: warum nicht?

Ja. Die zuständige Behörde beabsichtigt aber nicht, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Eine sach- und fachgerechte Anwendung von Glyphosat auf landwirtschaftlichen Flächen wird – wie von allen anderen Bundesländern - weiterhin als vertretbar angesehen.