SKA: Einsatz von Laubbläsern in Hamburg

Stephan Jersch

Sie können Lärm wie ein Presslufthammer erzeugen, dennoch dürfen Laubbläser in Hamburg 66 Stunden pro Woche Krach machen. Immerhin, sie schaffen doppelt so viel weg wie ein Mensch mit Besen, Harke und Schaufel und schädigen dabei weder die Natur noch erhöhen sie die Feinstaubbelastung, meint der Senat.

31. August 2018


Schriftliche Kleine Anfrage

des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 23.08.18

und Antwort des Senats
- Drucksache 21/14151 -

Betr.:    Einsatz von Laubbläsern in Hamburg

Zu den untrüglichen Hinweisen auf den herannahenden Herbst gehören die Laubbläser, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtreinigung, von Gartenbauunternehmen oder von Privatleuten bedient werden. Ein harmonischer Ton weckt Langschläferinnen und Langschläfer, damit sie ihr Tagwerk angehen.

Aber nicht nur im Herbst werden die Laubbläser eingesetzt. Beim Gang durch Hamburgs Straßen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Laubbläser mittlerweile eine moderne Version von Harke und Besen geworden sind und gern ganzjährig eingesetzt werden.

Neben dem außerordentlichen Lärm, den diese Geräte erzeugen, erhöhen sie auch die Feinstaubbelastung und entziehen Insekten und Kleinsäugetieren die Nahrungsgrundlage.

Dazu frage ich den Senat:

Das Inverkehrbringen und der Betrieb von Laubbläsern ist in der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung – 32. Bundes-Immissionsschutzverordnungen (BImSchV) geregelt. Danach dürfen nur solche Geräte auf den Binnenmarkt eingeführt und betrieben werden, die einen garantierten Schallleistungspegel nicht überschreiten bzw. eine CE-Kennzeichnung besitzen. Darüber hinaus besteht eine allgemeine Kennzeichnungspflicht der in der 32. BImSchV aufgeführten Geräte und Maschinen bezüglich ihres garantierten Schallleistungspegels. Der Betrieb in Wohngebieten und sonstigen besonders empfindlichen Gebieten ist i.d.R. eingeschränkt auf werktags in der Zeit von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr. Weitergehenden zeitlichen Einschränkungen unterliegen Freischneider, Grastrimmer, Graskantenschneider, Laubbläser und Laubsammler. Diese dürfen werktags nur außerhalb der Zeit von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr sowie nach 09.00 Uhr und vor 17.00 Uhr betrieben werden, sofern sie nicht mit einem gemeinschaftlichen Umweltzeichen nach der EG-Verordnung 1980/2000/EG gekennzeichnet sind. Grenzwerte der zulässigen Lärmemissionen sind für diese Geräte nicht festgelegt. Es besteht die Möglichkeit der Zulassung von Ausnahmen im Einzelfall (§ 7 (2) 32. BImSchV). Zur Abwendung einer Gefahr für die Allgemeinheit oder bei Unwetter oder Schneefall bedarf es keiner Zulassung.

Der Betrieb der genannten Geräte in Wohngebieten, in denen auch Gewerbetriebe zulässig sind (sog. Mischgebiete), ist von der Bundesverordnung nicht erfasst. In Hamburg wurde das dahingehend geregelt, dass auch für diese Gebiete Betriebszeitenbeschränkungen gem. § 2 Hamburgisches Lärmschutzgesetz (HmbLärmSchG) gelten.

Eine weitergehende Einschränkung oder Verbote des Betriebes auf landesgesetzlicher Ebene ist nicht möglich, da hier nur Bereiche geregelt werden können, die weder durch Bundes- noch Europarecht abgedeckt sind.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Stadtreinigung Hamburg (SRH) wie folgt:

1. Zu welchen Zeiten ist in Hamburg der Einsatz von Laubbläsern generell zulässig?

Siehe Vorbemerkung.

2.    Gibt es für Unternehmen der Freien und Hansestadt Hamburg beziehungsweise für Unternehmen, die im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg Arbeiten durchführen, eine oder mehrere von 1. abweichende Regelungen?
a.    Wenn ja, welche ist/sind dies und wie wird/werden sie begründet?

Nein.

 

3. Welche Emissionswerte (Lärm, Abgase) weisen die sich derzeit im Einsatz der Freien und Hansestadt Hamburg und ihrer Unternehmen befindlichen Laubbläser auf und mit welcher Motorentechnik (zum Beispiel Zweitakt-, Viertakt-, Elektromotoren) werden diese betrieben?

Die erfragten Daten werden nicht gesondert statistisch erfasst. Eine Erhebung dieser Daten bei sämtlichen Dienststellen und Unternehmen der FHH ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Eine Markterhebung im Auftrag der EU-Kommission hat ergeben, dass die Spanne der Schallleistungspegel der 143 in Europa erfassten Laubbläsermodelle von minimal  92 dB(A) bis maximal 113 dB(A) umfasst. Der Durchschnitt liegt bei 105,1 dB(A)

Die von der SRH eingesetzten verwendeten Elektro-Laubblasgeräte erzeugen einen Emissionsschalldruckpegel von 80 dB(A). Laubblasgeräte der SRH mit Verbrennungsmotor (schallgedämpfte Viertakter) weisen einen Emissionsschalldruckpegel von 90 dB(A) auf.

Bezüglich der Schadstoffemissionen ergeben sich die Anforderung an verbrennungsmotor­getriebe mobile Maschinen und Geräte entsprechend deren Maschinenleistung und insbesondere dem Datum des Inverkehrbringens aus der 28. BImSchV. Maschinen, die ordnungsgemäß typgenehmigt wurden und demnach die Emissions­anforderungen der jeweils geltenden Abgasstufe eingehalten haben, dürfen rechtmäßig und unbefristet weiter betrieben werden. Bezüglich der Feinstaubbelastung sind die Massen, die durch die Abgase emittiert werden, vernachlässigbar. Durch Laubbläser werden nur gröbere Partikel aufgewirbelt. Die Schwebstaub-Konzentration bleibt davon unbeeinflusst.

 

4.    Gibt es eine oder mehrere Regelungen bezüglich des Untergrunds (Befestigung, Trockenheit oder Ähnliches), auf dem Laubbläser eingesetzt werden dürfen?
a.    Wenn ja, welche?
b.    Wenn nein, warum nicht?  

In der 32. BImSchV gibt es keine Vorgaben bezüglich des Untergrundes, auf dem Laubbläser eingesetzt werden dürfen.

 

5. Sofern der Einsatz von Laubbläsern aus Gründen der Arbeitsersparnis erfolgt: Welchen personellen Mehraufwand würde ein Ersatz von Laubbläsern durch herkömmliche manuelle Verfahren (Kehren, Harken,
Fegen) erfordern?

6. Wie rechtfertigt die zuständige Behörde den Einsatz von Laubbläsern, obwohl sie außerordentlichen Lärm emittieren, die Feinstaubbelastung erhöhen und eine schädliche Wirkung auf die Fauna haben?

Das Inverkehrbringen und der Betrieb von Laubbläsern sind europa- und bundesrechtlich geregelt, siehe dazu auch die Vorbemerkung.

Durch den Einsatz von tragbaren Laubgebläsen bei der SRH können verkehrsgefährdende Laubablagerungen deutlich schneller als mit Besen, Schaufel und Harke beseitigt werden. Der Einsatz von Laubgebläsen beschleunigt die gebotene Gefahrenabwehr. Eine Reinigungskraft mit Laubgebläse ersetzt zwei Reinigungskräfte mit konventionellem Gerät. Bei Verzicht auf zurzeit ca. 182 Elektrobläsern und 86 Motorbläsern würde ein zusätzlicher Personalmehrbedarf von insgesamt ca. 250 Personen entstehen.

Zusätzlich ermöglichen die Laubbläser die Beseitigung von Laub auch an Stellen, die mit dem Besen nur sehr schlecht erreicht werden können (Straßenmöblierung, Fahrradständer, unter Fahrzeugen). Die elektrischen Laubgebläse („Flüster-Püster“) entsprechen in ihrer Geräuschentwicklung dem normalen Straßenverkehr und werden von Anwohnern selten als Belästigung empfunden.

Tragbare Laubgebläse werden, anders als die Laubsauger in den Gärten von Privatleuten, überwiegende auf Wegen und anderen versiegelten Flächen eingesetzt, auf denen auch Fußgängerverkehr stattfindet, sodass hier (anders als bei Laubsaugern im Garten) kaum von einer übermäßig „schädlichen Wirkung auf die Fauna“ auszugehen ist.

Zur Feinstaubbelastung siehe auch Antwort zu 3.

 

7. Welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind beim Umgang mit Laubbläsern vorgeschrieben und wie werden diese in staatseigenen Unternehmen beziehungsweise solchen, die im Auftrag Hamburgs Laub blasen, umgesetzt?

Es sind die allgemein gültigen Regeln des Arbeitsschutzes bezüglich der Lärmimmissionen und des Vibrationsschutzes für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wie das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) sowie die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) maßgebend.

Im Übrigen erhält das Personal der SRH eine persönliche Schutzausrüstung, Arbeitskleidung, Schutzhandschuhe und Sicherheitsschuhe etc. Bei Benutzung der Laubblasgeräte muss zusätzlich eine Sicherheitsbrille und ein Gehörschutz getragen werden. Weiterhin werden den Mitarbeitern regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchungen bzgl. „Lärm“ angeboten. Außerdem erhalten alle betroffenen Personen eine Einweisung auf die Geräte einschließlich einer Sicherheitsunterweisung (durch Gerätebetreuer und Teamtrainer).

Die elektrischen Laubblasgeräte sind spritzwassergeschützt - IP 54 - mit Zertifizierung, darüber hinaus ist der Akku zusätzlich noch mit einer Regenhaube geschützt. Bei stärkerem Regen werden die Geräte jedoch nicht benutzt.

 

8. Wie viele Mitarbeiterinnen von staatseigenen Unternehmen beziehungsweise solchen, die im Auftrag Hamburgs Laub blasen, haben eine Schädigung ihres Gehörs und bei wie vielen von ihnen ist der Hörschaden aus der Benutzung eines Laubbläsers hervorgerufen?

Die zur Beantwortung der Frage benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst. Im Übrigen siehe Antwort zu 7.

9.    Zu welchen Zwecken, außer herabgefallenes Laub zu beseitigen, werden Laubbläser oder Laubsauger in Hamburg eingesetzt?

Die SRH setzt keine tragbaren Laubsauger ein. In der Laubzeit werden Kehrmaschinen und Fahrzeuge mit Einrichtungen zum Aufsaugen von größeren Laubmengen ausgerüstet.
Die deutlich leiseren tragbaren Elektrolaubblasgeräte werden von der SRH das ganze Jahr über eingesetzt, um die mit Besen unzugänglichen Bereiche besser und schneller reinigen zu können. Auch bei der Reinigung von Veranstaltungsflächen (z.B. Sportveranstaltungen oder auch Demonstrationen) werden gelegentlich tragbare Gebläse verwendet. Dies erleichtert die Arbeit und erhöht die Arbeitsgeschwindigkeit. Zudem reduziert es auch die Gefahr von Beschädigungen beispielsweise an parkenden Fahrzeugen.
Zu welchen Zwecken Laubbläser von Gewerbetreibende und Privatpersonen außerhalb des üblichen Zwecks eingesetzt werden, ist dem Senat nicht bekannt.
Im Übrigen bestehen keine bundes- oder europarechtlichen einschränkenden Vorgaben bezüglich des Verwendungszweckes von Laubbläsern und Laubsaugern.