SKA: Einsatz von Wirbelgeneratoren am Flughafen Hamburg

Stephan Jersch

Obwohl Wirbelgeneratoren den Lärm von Flugzeugen bei Start und Landung verringern können, kommen sie noch längst nicht an allen Maschinen zum Einsatz.

1. Juni 2018

 Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 24.05.2018
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/13168 -


Betr.:    Einsatz von Wirbelgeneratoren am Flughafen Hamburg

Die Thematik des Fluglärms ist für Hamburg nicht neu. Einerseits betrifft dies die räumliche und zeitliche Verteilung, gerade auch wegen der stetig steigenden Zahl der Flugverspätungen und andererseits auch die absolute Belastung, die für einen immer größeren Fluglärmteppich sorgt. 10-Punkte-Plan, 16-Punkte-Plan und Pünktlichkeitsoffensive sind bisher in dieser Frage gescheitert, die Belastungsentwicklung ist gegenteilig. Mehr Lärm, mehr Verspätungen, mehr Regelverstöße.

In der Diskussion wird immer wieder auch auf den (kommenden) technischen Fortschritt verwiesen, der die betroffene Bevölkerung entlasten soll. In diesem Zusammenhang gibt es mit den Wirbelgeneratoren bereits eine technische (Zusatz-)Ausstattung für Flugzeuge.

Ein Wirbelgenerator unterdrückt laute Pfeiftöne, die sonst im Luftstrom unter den Flügeln entstehen würden. Während des Landeanflugs verringern die Wirbelgeneratoren den Maximalschallpegel um bis zu drei Dezibel – je nachdem, wie weit das Flugzeug vom Boden entfernt ist. Die Wirbelgeneratoren sind eine Entwicklung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Sie leiten den Luftstrom um und unterdrücken diese Störgeräusche. Sie sind nur wenige Zentimeter groß und lassen sich direkt an der Tankdruckausgleichsöffnung anbringen.
Mit den Flughäfen Frankfurt und Düsseldorf haben bereits mindestens zwei Flughäfen in ihrer Entgeltordnung die Ausrüstung von Flugzeugen mit Wirbelgeneratoren berücksichtigt.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Bei einem Wirbelgenerator handelt es sich um ein Luftleitblech, das turbulente Strömungen („Verwirbelungen“) an der Außenhaut des Flugzeugs und im Bereich des Druckausgleichsstutzens des Tanks stark reduziert. Diese turbulenten Strömungen erzeugen je nach Geschwindigkeit Lärm, welcher durch den Einsatz von Wirbelgeneratoren reduziert wird. Die Technik der Wirbelgeneratoren wird seit rund vier bis fünf Jahren von verschiedenen Fluggesellschaften am Standort eingesetzt.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) wie folgt:


1. Wie viele Starts bzw. Landungen in Hamburg werden im laufenden Jahr von mit Wirbelgeneratoren ausgestatten Maschinen durchgeführt und wie hat sich deren Anzahl in den vergangenen fünf Jahren entwickelt?

Es haben im Jahr 2018 bis einschließlich 24. Mai rund 7.800 Landungen und eine entsprechende Anzahl Starts von Fluggeräten mit Wirbelgeneratoren stattgefunden. Eine Auswertung über die vergangenen Jahre ist nicht durchführbar, da Wirbelgeneratoren erst seit dem 14. Juni 2017 Berücksichtigung in der Entgeltordnung finden. Daher werden diese erst seit dem 14. Juni 2017 auch erfasst. Vom 24. Juni 2017 bis 31. Dezember 2017 hat es rund 12.000 Landungen/Starts von Fluggeräten mit Wirbelgeneratoren gegeben.

 

2. Auf welchen Verbindungen und durch welche Fluggesellschaften werden diese Maschinen derzeit von/ nach Hamburg eingesetzt?

Wirbelgeneratoren wurden im Jahr 2018 bis dato bereits auf über 70 Strecken von bzw. zum Flughafen Hamburg eingesetzt. Hauptsächlich kommen die Generatoren auf den Verbindungen nach München, Frankfurt und Düsseldorf zum Einsatz. Folgende Fluggesellschaften haben Maschinen mit Wirbelgeneratoren im Einsatz: Lufthansa, Eurowings, Condor, Germania, Pegasus, Air Lingus und Vueling.

 

3. Gibt es bei der Entgeltordnung des Flughafens Hamburg eine Berücksichtigung von mit Wirbelgeneratoren ausgestatten Flugzeugen?
a. Wenn ja: Wie sieht diese Berücksichtigung aus?

Ja, in der zum 14. Juni 2017 in Kraft getretenen Entgeltordnung ist ein Rabatt für den Einsatz lärmreduzierter Flugzeuge mit Wirbelgeneratoren (Vortex) enthalten. Für Luftfahrzeuge der Typen A319, A320 und A321 mit Wirbelgeneratoren wird ein Rabatt in Höhe von zehn Prozent auf den Lärmzuschlag der jeweiligen Klasse (von insgesamt sieben verschiedenen Lärmklassen) gewährt.


b.    Wenn nein: Ist eine solche Anpassung der Entgeltordnung geplant?
i.    Wenn ja: Bis wann und mit welcher Ausgestaltung?
ii.    Wenn nein: Warum nicht?

Entfällt.

 

Für einen vollständigen Überblick in Bezug auf den Einsatz technischer Weiterentwicklungen am Flughafen Hamburg:

4. Wie viele Starts und Landungen werden derzeit sowie wurden in den vergangenen fünf Jahren in Hamburg mit Flugzeugen der neo-Serie des Herstellers Airbus durchgeführt, bei denen lärmreduzierte Triebwerke zum Einsatz kommen und wie hoch ist bei diesen die Lärmreduktion (unterschieden nach Startabflügen und Landeanflügen)?

A320-200 „new engine option“ (neo) Flugbewegungen vom 1. Januar 2016 bis einschließlich 24. Mai 2018:

Fluggesellschaft

Anzahl

Seit … in HAM

Lufthansa

rund 3.000

Januar 2016

easyjet

rund 30

Juni 2016

Pegasus

rund 220

November 2016

SAS

rund 80

September 2017

 

Für den A320neo stehen zwei unterschiedliche Triebwerksmodifikationen zur Verfügung. Der A320neo wird sowohl mit Triebwerken des Herstellers „Pratt&Whittney“ als auch mit Triebwerken des Herstellers „CFM International“ ausgeliefert. Den Fluggesellschaften steht es frei, für welchen Hersteller bzw. welches Triebwerksmodell sie sich entscheiden. Die Triebwerkstechnik unterscheidet sich hauptsächlich durch die unterschiedlichen Drehzahlen, beide Typen gehören gleichwohl der sogenannten „new engine option“-Klasse von Airbus an.

Bei ersten Messungen konnte der A320neo mit verbautem „CFM International LEAP“ Triebwerk im Vergleich zum Vorgänger eine Reduzierung des Schalldruckpegels von bis zu fünf dB(A) beim Start erzielen. Beim A320neo mit verbautem GTF-Triebwerk konnte der maximale Schalldruckpegel beim direkten Überflug im Vergleich zum Vorgänger um bis zu drei dB(A) reduziert werden.

 

5. Wie groß ist der Anteil an CFM-Triebwerken bzw. Pratt & Whitney-Triebwerken an den neo-Maschinen in Hamburg?

Den Fluggesellschaften steht es frei, für welchen Hersteller bzw. welches Triebwerksmodell sie sich entscheiden. Der FHG liegen hierzu keine Zahlen vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 4.

 

6. Wie viele Starts und Landungen werden derzeit sowie wurden in den vergangenen fünf Jahren in Hamburg mit vergleichbar modernen Flugzeugen (z.B. BoeingMAX-Serie, Bombardier CS-Serie) durchgeführt, bei denen lärmreduzierte Triebwerke zum Einsatz kommen und wie hoch ist bei diesen die Lärmreduktion (unterschieden nach Startabflügen und Landeanflügen)?

Im laufenden Jahr erfolgten rund 320 Bewegungen mit Mustern der Bombardier CS-Serie (erste Landung am 12. Dezember 2016). Eine Auswertung für die vergangenen Jahre in der für die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Eine erste Landung mit der BoeingMAX-Serie ist in den kommenden Monaten vorgesehen.

 

7. Wie viele Starts und Landungen werden derzeit sowie wurden in den vergangenen fünf Jahren in Hamburg mit veralteten Flugzeugen (z.B. Boeing 737-300, McDonnell Douglas MD80-Serie) durchgeführt und wie hoch ist bei diesen die Lärmsteigerung gegenüber den oben bezeichneten modernen Flugzeugen (unterschieden nach Startabflügen und Landeanflügen)?

In den vergangenen fünf Jahren erfolgten rund 1.100 Bewegungen mit B737-300 und 718 Bewegungen mit MDD 80-Serie. (LAS = Schallpegel)
- MDD82:     LAS max: 87,1 dB(A) Start / LAS max: 87,3 dB(A) Landung
- B7373:        LAS max: 79,3 dB(A) Start / LAS max: 87,5 dB(A) Landung

 

8. Welches sind derzeit sowie waren in den vergangenen fünf Jahren die fünf lautesten Flugzeugmuster, die am Hamburger Flughafen starten und landen?
9. Wie viele Starts und Landungen werden derzeit sowie wurden in den vergangenen fünf Jahren von diesen Flugzeugen in Hamburg durchgeführt?

Gemessen an ihrem Klassenwert handelt es sich bei den nachfolgenden Typen um die fünf lautesten Baumuster.
In den vergangenen fünf Jahren hat es durch das Flugzeugmuster
- MDD82, MD82     rund 700 Bewegungen - alle zwischen den Jahren 2013 bis 2017 und bisher nur eine Bewegung im Jahr 2018,
- B7474, B744     rund 200 Bewegungen - inkl. G20,
- B7674, B764     rund 80 Bewegungen,
- B7673, B763     rund 1.500 Bewegungen,
- B7478, B748     rund 100 Bewegungen    - ausschließlich Lufthansa Technik,
- A3006, A306     rund 330 Bewegungen,
gegeben.

 

10. Welche Fluggesellschaften nutzen diese Flugzeugmuster?

Diese Muster werden nur sehr unregelmäßig und vereinzelt von Fluggesellschaften genutzt, beispielsweise von Charterfluggesellschaften, Linienfluggesellschaft oder bei Einzelflügen zur Lufthansa-Technik. Welche Flugzeugmuster eingesetzt werden, ist eine unternehmerische Entscheidung der jeweiligen Fluggesellschaft. Allgemeine Information darüber, welche Fluggesellschaften generell zurzeit noch diese Flugzeugmuster einsetzen, liegen der zuständigen Behörde nicht vor.