SKA: Erschließung und Kosten von „Oberbillwerder“ – Sind entscheidende Punkte noch vollkommen unklar?

Stephan Jersch

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Schriftliche Kleine Anfrage

der Abgeordneten Stephan Jersch und Heike Sudmann (Fraktion DIE LINKE) vom 14.01.2019

und Antwort des Senats

- Drucksache 21/15775 –

Betr.: Erschließung und Kosten von „Oberbillwerder“ – Sind entscheidende Punkte noch vollkommen unklar?

Mit dem Beschluss zu einer Stellungnahme der Bezirksversammlung Bergedorf im letzten Dezember zum „Masterplan Oberbillwerder“ wurde durch Rot-Grün ein weiterer Schritt zur Planung des Stadtteils „Oberbillwerder“ zurückgelegt.
In der Drucksache 21/11703 berichtet der Senat: „Erst nach Vorliegen des Masterplans wird bekannt sein, welche Entwicklungs-, Erschließungs- und Infrastrukturmaßnahmen in welchem Umfang durchzuführen sind. Daher liegt eine abschließende Kostenkalkulation zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens noch nicht vor. Nach Abschluss des Masterplanverfahrens wird eine Kosten- und Finanzierungsplanung erstellt.“ Die Planungen zur Erschließung als auch zu Kosten und Finanzierung sind also nach Senatsangabe nicht vorhanden.
Allerdings bestehen auch weiterhin kritische Stimmen zum dem Projekt. So titelte die Ausgabe der Bergedorfer Zeitung vom 09.01.2018 mit der Überschrift „3 Jahre lang täglich 140 LKW mit Sand?“ in Hinblick auf die Erschließung „Oberbillwerders“.
Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der IBA Hamburg, der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) sowie der S-Bahn Hamburg GmbH (S-Bahn) wie folgt:

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Wann wird der „Masterplan Oberbillwerder“ der Bürgerschaft vorgelegt?

2. Wer bzw. welche Stellen werden die Planungen über Entwicklungs-, Erschließungs- und Infrastrukturmaßnahmen sowie die Kosten- und Finanzierungsplanung erstellen und wann werden diese vorliegen? In welchen Gremien werden diese debattiert und beschlossen?

Die IBA Hamburg wurde von der für Stadtentwicklung zuständigen Behörde mit der Erstellung der Kosten- und Finanzierungsplanung beauftragt. Der Bürgerschaft wird mit der in Vorbereitung befindlichen Drucksache zum Masterplan Oberbillwerder zu den Kosten in diesem Jahr berichtet werden.

Die IBA-Projektentwicklung GmbH& Co.KG (IPEG) wird die Planungen über Entwicklungs-, Erschließungs- und Infrastrukturmaßnahmen erstellen. Der Planungs- und Realisierungszeitraum erstreckt sich voraussichtlich bis Anfang der 2030er Jahre.

Die Lenkungsgruppe Oberbillwerder, in der alle relevanten Fachbehörden, das Bezirksamt Bergedorf und die IBA vertreten sind, begleitet den Planungsprozess. Die Bezirksversammlung Bergedorf hat für die Entwicklung des neuen Stadtteils Oberbillwerder einen Sonderausschuss eingerichtet.

 

3. Der Stadtteil Neuallermöhe wurde unter der Prämisse geplant, dass es keinen Durchgangsverkehr durch den Stadtteil gibt. Deswegen fehlt z.B. jede Erschließung in Richtung des Mittleren Landwegs. Durch die Planung für den neuen Stadtteil „Oberbillwerder“ wird es diese Erschließung geben und somit auch die Gefahr eines Durchgangsverkehres durch Neuallermöhe. Wie gedenkt der Senat, diesen Durchgangsverkehr zu verhindern?

Ziel des Verkehrskonzeptes zur äußeren Anbindung Oberbillwerders ist eine Verhinderung von zusätzlichem Durchgangsverkehr in sensiblen Bereichen. Dazu gehört neben dem Billwerder Billdeich auch die Durchfahrt von Neuallermöhe-West über die Margit-Zinke-Straße und den Felix-Jud-Ring, die bei einem Durchstich durch den Bahndamm den kürzesten Weg zur BAB 25 (Anschlussstelle HH-Neuallermöhe-West) darstellen würde. Um dies zu verhindern und den Verkehr Richtung Autobahn über Rahel-Varnhagen-Weg und Nettelnburger Landweg zur Anschlussstelle HH-Nettelnburg zu lenken, werden gegenwärtig zwei Strategien geprüft:

1) Veränderung der verkehrlichen Gestaltung der Margit-Zinke-Straße/ Felix-Jud-Ring durch Maßnahmen der Verkehrsberuhigung (z.B. Einengungen, Aufpflasterungen)

2) Unterbindung der Fahrbeziehung aus dem Plangebiet Richtung Margit-Zinke-Straße (Verbot des Rechts- bzw. Linksabbiegens am neu entstehenden Knoten am Rahel-Varnhagen-Weg) oder eine Erschwerung dieser Fahrbeziehung durch entsprechende Schaltung der dort zu installierenden Lichtsignalanlage.

 

4. In der Verkehrsuntersuchung zu „Oberbillwerder“ wird „beispielsweise“ bei 7.000 Wohneinheiten und einem Stellplatzschlüssel von 0,4 von rund 2.800 Stellplätze ausgegangen. Teilt der Senat diese Einschätzung? Wenn nein: welchen Stellplatzschlüssel will er zugrunde legen für die
a) Anzahl der Stellplätze bezogen auf Wohnungen,
b) Anzahl der Stellplätze bezogen auf Arbeitsplätze,
c) Anzahl der Stellplätze bezogen auf Nahversorgung, Gastronomie, Ärzt/innen etc.

Ja.

 

5. Wie wird sich die Anzahl der Ein- und Auspendler/innen, aufgeteilt auf die verschiedenen Verkehrsträger (ÖPNV, MIV, Rad, Fußgänger/innen) nach Ansicht des Senats darstellen?

Für Oberbillwerder wird ein Anteil des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) von 20% an allen zurückgelegten Wegen der künftigen Bewohnerinnen und Bewohner angestrebt. Die Anteile der übrigen Verkehrsträger würde dann nach Auskunft der Gutachter voraussichtlich bei rd. 20% Rad, 25% ÖPNV und 35% Fußgänger/innen liegen. Dieses Ziel setzt die Umsetzung ambitionierter Maßnahmen etwa im Bereich der Anordnung des ruhenden Verkehrs, der Straßenquerschnitte und der alternativen Mobilitätsangebote voraus.

Den Berechnungen für die innere und äußere Erschließung des Stadtteils liegt ein MIV-Anteil von rd. 35% zugrunde, um eine Maximalbelastung des Straßennetzes darzustellen.

 

6. In der Verkehrsuntersuchung zu „Oberbillwerder“ heißt es zur Fahrgastentwicklung der S-Bahn: „Sollte das Ziel einer Reduzierung des MIV-Anteils umgesetzt werden, ist von einer entsprechenden Steigerung des ÖV-Anteils auszugehen. Um die Folgen einer solchen Erhöhung für die S-Bahn abschätzen zu können, wird zusätzlich noch mit den Neuverkehrsmengen bei einem ÖV-Anteil von 40% (rd. 24.200 zusätzliche S-Bahn-Fahrgäste pro Tag) bzw. 50% (rd. 29.500 zusätzliche S-Bahn- Fahrgäste pro Tag) bei den Bewohnern gerechnet.“ Welche Ausbauplanungen für die S-Bahn (S2/S21) gibt es mit Blick auf den zu erwartenden Bevölkerungszuwachs?

7. Ist der Einsatz von Langzügen (3 Einheiten) auf den gesamten Strecken der S2/S21 möglich? Falls nein: Wo sind Baumaßnahmen, z.B. längere Bahnsteige, erforderlich?

Zur hochwertigen, leistungsfähigen und attraktiven Erschließung des öffentlichen Personennahverkehrs als Anbindung an die Hamburger Innenstadt und nach Bergedorf kann das S-Bahn-Angebot in den kommenden Jahren entsprechend der zunehmenden Besiedlung ausgeweitet werden. Im Endzustand würde die Linie S 21 mit Vollzügen (sechs Wagen) und die Linie S 2 künftig mit Langzügen (neun Wagen) zwölf Mal pro Stunde je Richtung über die gesamte Länge der Hauptverkehrszeiten verkehren.

Vor Einsatz von Langzügen auf der Bergedorfer Strecke ist infrastrukturell die Umsetzung der für diesen Ast geplanten Maßnahmen des Stabilitätspaketes („6-Punkte-Plan“) notwendig: Dies sind der Einbau einer doppelten Weichenverbindung zwischen Nettelnburg und Bergedorf sowie die Ertüchtigung der Stromversorgung. Eine Fertigstellung ist für die erste Hälfte der 2020er Jahre vorgesehen.

Die Linie S 21 kann auf ihrer Strecke zwischen Aumühle und Elbgaustraße/ Kaltenkirchen perspektivisch nicht mit Langzügen verkehren, da die Bahnsteige entlang ihrer Verlängerungsstrecke Eidelstedt – Kaltenkirchen nicht langzugtauglich sind. Daher wurde sie in allen Prognosen immer mit Vollzügen unterstellt.

Die S 2 kann auf ihrer Strecke zwischen Bergedorf und Altona als Langzuglinie verkehren. Die hierfür erforderlichen Fahrzeuge können aus der bis Mitte des Jahres 2021 erweiterten Fahrzeugbestelloption beschafft werden.

 

8. Für den neuen Stadtteil ist eine Aufschüttung vorgesehen.
Ist, wie die Bergedorfer Zeitung am 09.01.2019 berichtet, mit täglich 140 Sand-LKW (also 280 Fahrten) zu rechnen? Falls nein: Von welcher Größenordnung geht der Senat aus?  

a. Über welche vorhandenen und ggfs. neu zu schaffenden Straßen soll dieser LKW-Verkehr abgewickelt werden?

Die Berechnungen treffen nicht zu. Gegenwärtig geht die IBA davon aus, dass nur rund 56% der Gesamtfläche aufgehöht werden müssen. Dies entspricht etwa 729.000m². Außerdem wird Oberbillwerder in mehreren Bauabschnitten entwickelt. Entsprechend wird auch die Aufhöhung geplant und sukzessive durchgeführt. In Zusammenarbeit mit weiteren Gutachtern erarbeitet die IBA Hamburg hierfür ein umfangreiches Sandmanagement-Konzept, in dem auch verschiedenste Anlieferungsvarianten geprüft werden.

b. Über welche vorhandenen und ggfs. neu zu schaffenden Straßen soll dieser LKW-Verkehr abgewickelt werden?
c. Wie hoch sind die Kosten für die Aufschüttung des neuen Stadtteiles?

Siehe Antwort zu 9.

d. Werden die Kosten für die Aufschüttung komplett von der FHH übernommen? Falls  nein: Wie und auf wen werden die Kosten verteilt?

Die Aufschüttung wird durch den Entwicklungsträger finanziert.

 

9. Welche sog. "unrentierlichen Kosten", die von der FHH zu tragen sind, werden voraussichtlich
a. wofür und
b. in welcher Höhe anfallen?

Die voraussichtliche Höhe der einzelnen Kostenpositionen ist zurzeit noch nicht abschließend ermittelt.