SKA: Expertenanhörung zur LNG-Zertifizierung?

Stephan Jersch

Der Erdgaslobby ist es gelungen, politische Entscheider davon zu überzeugen, dass die Kenntlichmachung von Erdgasen aus unterschiedlichen Quellen eigentlich nicht machbar sei. Der Hamburger Senat schließt sich dieser Auffassung offenbar an und macht nur eine vage Zusage, irgendwann einmal "Möglichkeiten zur verstärkten Nutzung von Gas aus erneuerbaren Energien [zu] untersuchen".

23. April 2019

 Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Stephan Jersch (Fraktion DIE LINKE) vom 15.04.2019
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/16893 -


Betr.:    Expertenanhörung zur LNG-Zertifizierung?

In der Bürgerschaftsdebatte zum Antrag der Linksfraktion "Notnagel LNG ohne Fracking als kurzfristige Übergangslösung für den Schiffsantrieb" (Drs. 21/15588) wurde auf eine Ministerkonferenz hingewiesen, in der das Thema der LNG-Zertifizierung im Rahmen einer Expertenanhörung besprochen und abschlägig behandelt wurde.

Dazu frage ich den Senat:

1. Wann fand diese Konferenz statt und wer waren die Teilnehmer und Teilnehmerinnen?

Im Rahmen der Umweltministerkonferenz im Herbst 2016 wurde verabredet, die Möglichkeiten einer Gaskennzeichnung im Rahmen eines Expertenworkshops aufzuarbeiten. Dieser fand am 20. Juni 2017 im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit statt.

Teilgenommen haben der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V., die Behörde für Umwelt und Energie, der Biogasrat, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUB) - seinerzeit noch Bundesministerium für Umwelt Bau und Reaktorsicherheit-, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V., die DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH, die Deutsche Energieagentur (DENA), erdgas.info, Gascade Gastransport, Gazprom, Greenpeace Energy, Grünes Gas Label e.V,, das Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU), das Internationale Institut für Nachhaltigkeitsanalysen und –strategien (IINAS), die Initiative Erdgasspeicher GmbH, das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr des Saarlandes, die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie; Programmgesellschaft des Bundes (NOW GmbH), das Öko Institut, performing energy, die Senatsverwaltung Berlin, Thinkstep, TÜV Süd, das Umweltbundesamt, Wintershall sowie Zukunft Erdgas.

 

2. Wer wurde dort als Expertin bzw. Experte zur Frage der LNG-Zertifizierung gehört?

Als Experten wurden gehört:
DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH, NOW GmbH , IFEU, IINAS, DENA, TÜV Süd, Ökoinstitut, BMUB  sowie Greenpeace Energy.

 

3. Sind die Ergebnisse dieser Anhörung bzw. ein Beschluss zur LNG-Zertifizierung dokumentiert und einsehbar?
   a. Wenn ja: Wo?
   b. Wenn nein: Ist der Senat Willens und in der Lage, die Argumentationslinien, die eine Zertifizierung in den Augen der Minister nicht möglich machen, darzulegen?
       i. Wenn ja: Bitte die Hauptargumente darstellen.
      ii. Wenn nein: Warum nicht?

Eine offizielle Ergebnisdokumentation hat es nicht gegeben. Auf dem Workshop wurden drei Gründe thematisiert, die eine Kennzeichnung von Liquefied Natural Gas (LNG) als Instrument für verbesserten Klimaschutz wenig aussichtsreich erscheinen lassen:

  • Klimawirkung: Schiefergas variiert nach der Darstellung auf dem Workshop sehr stark in den Klimagas-Emissionen. Außerdem ergeben sich wegen Erdgasleckagen bei langen Transportwegen und bei der Förderung auch bei konventioneller Förderung teilweise hohe Klimagasemissionen. Daher lässt sich per se nicht zweifelsfrei feststellen, ob Schiefergas im Vergleich zu konventionellen Erdgas klimaschädlicher ist.
  • Wirksamkeit: die durch ein Zertifizierungssystem angeregte europäische Nachfrage nach LNG aus konventioneller Produktion wäre vermutlich zu gering, um Einfluss auf die weltweite Produktion zu nehmen.
  • Praktikabilität: eine lückenlose und verlässliche Dokumentation der weltweiten Produktion über die gesamte Lieferkette hinweg wäre angesichts der internationalen Handelsaktivitäten und der Vermischung verschiedener Gasqualitäten beim Transport ein sehr aufwändiges System und entsprechend schwer durchsetzbar.

Als erfolgversprechender wurde eine Kennzeichnung von Gasen aus Erneuerbaren Energien aus europäischer Produktion angesehen.

4. Gab es seitens des Senats Initiativen, eine LNG-Zertifizierung einzuführen?
a. Wenn ja: Welche und wann?
b. Wenn nein: Warum nicht?

Der Senat wird im Rahmen des bürgerschaftlichen Ersuchens 21/15792 Möglichkeiten zur verstärkten Nutzung von Gas aus erneuerbaren Energien untersuchen.