SKA: Fluglärmbeschwerden und Datenschutz in Hamburg

Stephan Jersch

In der jüngsten Berichterstattung über die steigende Anzahl von Fluglärmbeschwerden und deren Ursachen waren in zwei Tageszeitungen Angaben über Beschwerdeführerinnen beziehungsweise Beschwerdeführer zu lesen, die gemeinhin als zu schützende personenbezogene Daten gelten. Wie konnten diese Angaben in die Presse gelangen?

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
21. Wahlperiode
Drucksache 21/5817 | 13. September 2016

Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 05.09.16 und
Antwort des Senats

Betr.:
Fluglärmbeschwerden und Datenschutz in Hamburg

In der jüngsten Berichterstattung über die steigende Anzahl von Fluglärmbeschwerden und deren Ursachen waren in zwei Tageszeitungen Angaben über Beschwerdeführerinnen beziehungsweise Beschwerdeführer zu lesen, die gemeinhin als zu schützende personenbezogene Daten gelten. Konkret wurden Namen genannt, unter denen Beschwerden eingebracht wurden, und auch, wie viele Beschwerden auf einzelne, auch namentlich genannte Personen entfallen und in welchem Zeitverlauf sie bei der zuständigen Behörde eingegangen waren. Hinzu kamen mehrfach Spekulationen über ein automatisiertes Verfahren zur Beschwerdeführung in betrügerischer Absicht, die Beschwerdezahlen in die Höhe zu treiben.

In einem Artikel wurde angeführt, die zuständige Behörde erfasse seit Mitte des Jahres die Beschwerden wieder namentlich. Dies war schon früher eine Zeit lang der Fall gewesen, ist dann aber seitens der Behörde eingestellt worden.

Ich frage den Senat:

Seit dem 13. Juli 2016 regelt das Fluglärmschutzbeauftragten-Gesetz die Zählung der Fluglärmbeschwerden und die Erfassung der Fluglärmbeschwerdeführer in der Behörde für Umwelt und Energie.

Am Gesetzgebungsverfahren war u.a. der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit beteiligt. Es werden zwei separate Erfassungen geführt und zwar eine mit der Anzahl, Örtlichkeit und Grund der Fluglärmbeschwerden und eine davon getrennte zur Registrierung der Fluglärmbeschwerdeführer nach Wohnort. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Zuordnung der Anzahl der Beschwerden zu einzelnen Beschwerdeführern möglich ist. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Wie wird der Datenschutz der Personenangaben von Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern innerhalb der Behörde sichergestellt?

2. Wer hat Zugang zu den Beschwerden und den zugehörigen Namens- und Adressdaten?

Die personenbezogenen Daten der Fluglärmbeschwerdeführer werden in einer Datei erfasst, auf die nur Mitarbeiter der Fluglärmschutzbeauftragten Zugriff haben.

3. Welche Regelungen gibt es bezüglich der Weitergabe von Personendaten beziehungsweise aggregierten Daten über Beschwerden (zum Beispiel Gesamtzahl der Beschwerden pro Person) an die Presse?

Personenbezogene Daten werden grundsätzlich nicht an die Presse gegeben. Angaben über Beschwerdezahlen und regionale Herkunft werden nur auf Anfrage an Presseorgane gegeben.

4. Trifft es zu, dass die Fluglärmbeschwerden nun mit den Personendaten der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer verknüpft werden?

Nein, im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Wenn ja:

    a. Seit wann und auf welcher Rechtsgrundlage findet diese Verknüpfung statt?

    b. Welche Daten werden der Beschwerde zugeordnet und wie erfolgt die Speicherung dieser Datenkombinationen?

    c. Ist dieses Verfahren mit dem Datenschutzbeauftragten abgestimmt?

    d. Welche Zielsetzung verfolgt die Behörde mit diesem Vorgehen?

Entfällt.

5. Die für Fluglärmbeschwerden zuständige Behörde hatte in der Vergangenheit Beschwerden auch auf „Mehrfachbeschwerden“ aufgeteilt, also Personen, die mehrere Beschwerden eingereicht hatten, separat erfasst.
Welche Daten von Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern wurden in der Zeit der Einordnung von Beschwerden als „Mehrfachbeschwerden“ gesammelt?

Erfasst wurden Name, Wohnort und Anzahl der Beschwerden pro Beschwerdeführer. Die in der Vergangenheit gespeicherten Daten wurden zwischenzeitlich gelöscht, da es keine Rechtsgrundlage für die Speicherung gab.

6. Gibt es Unterschiede des unter 5. beschriebenen Verfahrens zum jetzigen Verfahren der Datenerfassung beziehungsweise -speicherung?
Wenn ja: welche?

Bei dem heute praktizierten Verfahren soll und kann nicht ermittelt werden, wie viele Beschwerden von einer einzelnen Person kommen.

7. Was passiert mit Fluglärmbeschwerden ohne Angabe von Personendaten? Werden diese ebenfalls erfasst und in die Beschwerdestatistik aufgenommen?

Komplett anonyme Beschwerden werden nicht gezählt. Nur Beschwerden, die einen Namen und/oder die Angaben eines Wohnortes enthalten, werden gezählt.

8. Wie viele Beschwerden erfolgten seit der erneuten Speicherung von Personendaten ohne Angabe von Identifikationsdaten der Beschwerdeführer beziehungsweise Beschwerdeführerinnen?

Das lässt sich nicht auswerten, im Übrigen siehe Vorbemerkung.

9. Trifft es zu, dass Tausende Beschwerden, wie in der vorgenannten Berichterstattung behauptet, auf lediglich 300 Personen zurückzuführen sind?
Wenn ja:
    a. Aufgrund welcher Tatsachen kommt die Behörde zu diesem Ergebnis?
    b. Ist dieses Ergebnis von der Behörde an die Presse gegeben worden?

Die Auswertung der beiden parallel und unabhängig voneinander geführten Dateien lässt den Schluss zu, dass einzelne Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer offenbar gehäuft von ihrem Beschwerderecht Gebrauch machen. Weitere Präzisierungen in Bezug auf einzelne Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sind allerdings nicht möglich. Im Übrigen hat die zuständige Behörde keine über die öffentlich verfügbaren Informationen hinausgehenden Daten an die Presse gegeben.

10. In einer Zeitung wurde behauptet, eine dort namentlich genannte Person habe 3.933 gesammelte Einzelbeschwerden eingereicht.
Ist die Herausgabe dieser konkreten Information durch Mitarbeiterinnen und/oder Mitarbeiter der Behörde erfolgt?
Wenn ja:
    a. Auf welcher Rechtsgrundlage ist diese Veröffentlichung erfolgt?
Wenn nein:
    b. An welcher Stelle beziehungsweise welchen Stellen werden diese Daten in ihrer Verknüpfung sonst noch gespeichert und wie öffentlich zugänglich sind diese Stellen?

Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

11. Hat die Behörde aus der vorgenannten Berichterstattung in der Presse Konsequenzen gezogen beziehungsweise wird das noch tun?
Wenn ja: welche?
Wenn nein: warum nicht?

Die zuständige Behörde setzt die Vorgaben des neuen Fluglärmschutzbeauftragten-Gesetzes um.