SKA: Highway to hell rund um den Flughafen? Wie sieht's an einem Betriebstag genau aus?

Stephan Jersch

Der Anteil der an der Pünktlichkeitsoffensive beteiligten Airlines an allen Starts und Landungen nach 23 Uhr beträgt laut Senat ca. 80 Prozent. Landungen und Starts, die zwischen 23 und 24 Uhr stattfinden, werden aufgrund der »Verspätungsregelung« im Luftfahrthandbuch offenbar grundsätzlich genehmigt, obwohl die Begründung einer »nachweislich unvermeidbare Verspätung« durch die Luftfahrtgesellschaften erst im Nachhinein beigebracht werden muss.

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
21. Wahlperiode

Drucksache 21/5529 | 16.08.16

Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 08.08.16
und Antwort des Senats

Betr.:
Highway to hell rund um den Flughafen? Wie sieht's an einem Betriebstag genau aus?

Die Vielzahl der Beschwerden wegen des überbordenden Fluglärms, die offenen Fragen rund um die Gestaltungen der verschiedenen Lärmstatistiken, die neuesten Daten zur Steigerung von Flugbewegungen (alleine im ersten Halbjahr ein Plus von 38 Prozent gegenüber 2015) insbesondere in der ersten und letzten Betriebsstunde, die scheinbar wirkungslose Pünktlichkeitsoffensive Flughafens Fuhlsbüttel und mehrerer Airlines – all das wirft eine Vielzahl von Fragen auf.

Da die Granularität der Begründungen für tatsächliche oder vermeintliche Verstöße gegen die bestehende Nachtflugbeschränkung oder die zum Schutz der Bevölkerung erlassenen Bahnbenutzungsregeln aufgrund der Häufigkeit der Flugbewegungen zwischen 6 Uhr und 7 Uhr sowie nach 22 Uhr beziehungsweise 23 Uhr sehr leidet und ein ordentliches Reporting anscheinend nicht gewährleistet werden kann, sollte am Einzelfall eines Betriebstages in Fuhlsbüttel mehr Klarheit geschaffen werden.

Ich frage daher den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) wie folgt:

In der Nacht von Freitag dem 5.August 2016 zu Sonnabend (6. August 2016) kam es in der Zeit nach 23 Uhr zu mehreren Flugbewegungen in Fuhlsbüttel (die Zeitangaben beziehen sich auf die in TraVis angegeben Start- oder Landezeiten)
(1) 23.03 Uhr airberlin nach Wien
(2) 23.06 Uhr Germanwings aus Zürich
(3) 23.26 Uhr Condor aus Lanzarote
(4) 23.31 Uhr Eurowings aus Karlsruhe
(5) 23.33 Uhr Eurowings aus Manchester
(6) 23.34 Uhr Germanwings aus Stuttgart
(7) 23.42 Uhr Germanwings aus MailandDrucksache 21/5529
(8) 00.02 Uhr Eurowings aus Wien

Am 5. August 2016 fanden darüber hinaus in der Zeit von 22 Uhr bis 23 Uhr sechs Starts und 15 Landungen in Fuhlsbüttel statt, die hier zur Vereinfachung der Antworten (vorerst) nicht Bestandteil der Anfrage sind.

 

1. Welche der an diesen acht Flügen beteiligten Airlines haben die Vereinbarung zur „Pünktlichkeitsoffensive“ im April unterschrieben?

Alle genannten Airlines haben die Pünktlichkeitsoffensive unterzeichnet.

2. Welche weiteren Airlines haben darüber hinaus die Vereinbarung unterschrieben?

3. Sind seit dem Start der Pünktlichkeitsoffensive weitere Airlines der Vereinbarung beigetreten?

Neben airberlin, Eurowings/Germanwings und Condor haben Lufthansa und easyJet die Vereinbarung unterzeichnet. Um die Beteiligung weiterer Airlines (unter anderem Air France/KLM und British Airways) wird seitens der FHG derzeit aktiv geworben.

4. Wie hoch ist der Anteil der an der Pünktlichkeitsoffensive beteiligten Airlines an den Starts und Landungen nach 23 Uhr (beziehungsweise nach 22 Uhr) am Flughafen Fuhlsbüttel?

Der Anteil der an der Pünktlichkeitsoffensive beteiligten Airlines an allen Starts und Landungen nach 23 Uhr beträgt circa 80 Prozent. Der Zeitraum von 22 – 23 Uhr gehört zur regulären Betriebszeit des Flughafens und ist nicht Gegenstand der Pünktlichkeitsoffensive.

5. Wer genau hat um wie viel Uhr die vorgenannten acht Flüge genehmigt?

Der Flug der Eurowings aus Wien (EW 4709) hatte um 23.10 Uhr eine Ausnahmegenehmigung der Fluglärmschutzbeauftragten für eine Landung nach Mitternacht erhalten. Für die anderen sieben Flüge gilt die Regelung des Luftfahrhandbuchs, dass bei nachweislich unvermeidbarer Verspätung eine Ausnahmegenehmigung bis 24 Uhr als erteilt gilt („Verspätungsregelung“).

6. Aufgrund welcher Begründung wurden die Flüge jeweils genehmigt?

Die Maschine aus Wien (EW 4709) hatte Verspätung, weil am Wiener Flughafen am Abend ein Unwetter war. Der vorherige Flug der Maschine nach Wien musste daher nach Budapest ausweichen (erhebliche Störung des Luftverkehrs). Die Nachweise der Unvermeidbarkeit der übrigen sieben Flüge werden von den Fluggesellschaften erst bis zur Mitte des Folgemonats vorgelegt und dann geprüft.

7. Welche Gebühren wurden für die Flüge jeweils erhoben und inwiefern wichen diese Gebühren von den Standartgebühren ab?

Für die Erteilung der Genehmigung für EW 4709 wird eine Gebühr von 1.300 Euro fällig. Die Nutzung der „Verspätungsregelung“ ist gebührenfrei.

8. Sind von den beteiligten Fluggesellschaften Stellungnahmen eingefordert worden?
a. Wenn ja: wann und mit welchem Ergebnis?
b. Wenn nein: warum nicht?

Siehe Antwort zu 6.

9. Ist bezüglich der Landung nach Mitternacht ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden?
a. Wenn ja: mit welchem Ergebnis (Bitte auch Gewinnabschöpfungen aufführen)?
b. Wenn nein: warum nicht?

Nein. Im Übrigen siehe Antwort zu 5.

10. Wie viele Ordnungswidrigkeitsverfahren sind 2016 bezüglich der Nachtflugbeschränkungen eingeleitet worden?

11. Welche Ergebnisse hatten diese Verfahren bezüglich der verhängten Geldbußen/Gewinnabschöpfungen und gab es weitere Konsequenzen aus den Verfahren?

Es wurden bisher zwölf Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.

12. Gab es Ordnungswidrigkeitsverfahren, die zugunsten der Airlines eingestellt wurden?
a. Wenn ja: Wie viele und welche Begründungen lagen dem zugrunde?

Nein.

13. Welche Geldmittel sind 2016 in den passiven Lärmschutz für vom Fluglärm Betroffene bereitgestellt beziehungsweise investiert worden?

Im Schnitt wurden in den letzten 35 Jahren, auf Basis von insgesamt neun Lärmschutzprogrammen, jährlich circa 1,1 Millionen Euro in den Lärmschutz investiert. Die Höhe der jährlichen Investition ist abhängig von der Anzahl der von den Bürgerinnen und Bürgern gestellten Anträge. Die Investitionen der FHG für Lärmschutz sind grundsätzlich nicht gedeckelt, ihre Auszahlung erfolgt allerdings antragsabhängig.