SKA: Hochwasserschutzmaßnahmen im Zuge der Elbvertiefung

Stephan Jersch

Glaskugel, physikalische Preziose oder Wunschdenken? Der Senat verlässt sich ganz auf Untersuchungen (gemeint sind sicher deren Ergebnisse) der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), denen zu Folge Sturmfluten "nur um wenige cm (zwischen +2 und -3 cm)" höher oder weniger hoch auflaufen sollen, die Deichsicherheit durch die geplante Elbvertiefung also nicht gefährdet sei.

23. November 2018
Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Jersch und Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 15.11.2018
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/15041 -

Betr.:    Hochwasserschutzmaßnahmen im Zuge der Elbvertiefung

Für die Zukunft Hamburgs ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Hochwasserschutzmaßnahmen einen ausreichenden Schutz der Bevölkerung und der Stadt insgesamt gewährleisten. Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben 2017 eine Absichtserklärung zur länderübergreifenden Harmonisierung der Deichbemessung an der Tideelbe unterzeichnet. In der Folge wurden von der Bundesanstalt für Wasserbau (B3955.03.06.10006) Sturmflutszenarien untersucht und modelliert, die der Ermittlung von Wasserständen zur Bemessung von Deichen an der Tideelbe dienen. Die Ergebnisse liegen seit April 2018 vor.
Danach wurden Sturmflutwasserstände am Pegel St. Pauli von bis zu 8,10 m NHN ermittelt. Die seit 1988 für Modellierungen genutzte Bemessungssturmflut 2085A ging bislang von 7,30 m NHN am Pegel St. Pauli aus.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt:


1. Muss die bislang verwendete Bemessungssturmflut 2085A angepasst werden? Wenn ja, welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den Hochwasserschutz, für die Laufzeit und die Kosten des aktuellen Deicherhöhungsprogrammes?

Der Senat hat im Jahr 2012 die Anhebung der Bemessungswasserstände beschlossen. Dies steht jedoch in keinem Zusammenhang mit der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe. Seitdem beträgt der Bemessungswasserstand am Pegel St. Pauli) + 8,10 m (Normalhöhennull (NHN). Die Hochwasserschutzanlagen müssen erhöht werden. Das mit dieser Drucksache beschlossene Bauprogramm wird in den kommenden Jahrzehnten umgesetzt. Die Kosten der Umsetzung betragen voraussichtlich 550 Mio. Euro. Die im letzten Jahr veröffentlichte Untersuchung der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) bestätigt die im Jahr 2012 festgesetzten Bemessungswasserstände. Im Übrigen siehe Drs. 20/5561.

 

2. Geht der Senat davon aus, dass der in den neuen Sturmflutszenarien der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) verwendete Klimazuschlag von 50 cm ausreicht? Wenn ja, auf Grundlage welcher Annahmen bzw. Studien?

Ja. In diesem Zusammenhang wurde eine Vielzahl von nationalen und internationalen Studien ausgewertet und zusammengefasst.

 

3. Bei der Auswirkungsprognose zur geplanten Elbvertiefung wurde noch mit der Bemessungssturmflut 2085A und zwei weiteren Modellannahmen mit höherem Oberwasserzulauf gerechnet, die einen maximalen Sturmflutwasserstand von ca. 7,50 m NHN ergaben. Sind die Auswirkungsprognosen der nächsten Elbvertiefung in Bezug auf die erhöhten Sturmflutwasserstände der aktuellen BAW-Ergebnisse vom April 2018 neu berechnet worden?

4. Wenn ja, wann ist diese Berechnung mit welchem Modell und welchen Ergebnissen durchgeführt worden?

5. Wenn nein, warum erfolgte dies nicht schon rein vorsorglich, bevor nun die Ausbaggerung der Tideelbe in 2019 beginnen soll?

Für eine erneute Modelluntersuchung der Auswirkungen der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe auf der Grundlage einer höheren Sturmflut als der Bemessungssturmflut 2085A besteht keine Veranlassung. Die in der Frage zitierten Untersuchungen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) kommen zum Ergebnis, dass sich die Sturmflutscheitelwasserstände ausbaubedingt nur um wenige cm (zwischen +2 und -3 cm) verändern werden und somit keinerlei Einschränkung der Deichsicherheit eintreten wird. Zwar besteht ein Zusammenhang zwischen der Größe der in den Untersuchungen der BAW ermittelten ausbaubedingten Auswirkungen auf die Sturmflutscheitelstände und der Höhe des zu Grunde gelegten Sturmflutszenarios. Allerdings sind die Auswirkungen des Fahrrinnenausbaus auf die Sturmflutscheitelwasserstände grundsätzlich umso geringer, je höher die zu Grunde gelegten Sturmflutszenarien sind. Demnach würden höhere Sturmflutscheitelwasserstände als in der Bemessungssturmflut 2085A in einer erneuten Modellrechnung der BAW geringere Wirkungen des Fahrrinnenausbaus auf die Höhe der Sturmflutscheitelwasserstände zum Ergebnis haben.