SKA: Infrastruktur am Kraftwerksstandort Stellingen

Stephan Jersch

Welche Leitungs-Infrastruktur für den Standort Stellingen sind vorhanden und welche müssen ergänzt werden?

30. Januar 2018

Schriftliche Kleine Anfrage

des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 22.01.18

und Antwort des Senats

- Drucksache 21/11733 -

 

Betr.: Infrastruktur am Kraftwerksstandort Stellingen

Im Endbericht des „Beteiligungsprozesses“ (2014 – 2015) wurde vom Beratungsbüro BET der Standort Stellingen als gut geeignet für den Ersatz des Heizkraftwerks Wedel bewertet, da der Standort weitgehend konfliktfrei sei. Die angrenzende Freifläche von HAMBURG WASSER, die teilweise als Kraftwerksstandort ausgebaut werden könnte, wurde positiv hervorgehoben.

Als Ersatz für das HKW Wedel schlug das BET-Gutachten unter anderem die „Konfiguration III“ vor mit 150 MW- Gasmotoren und 40 MW- Biomasseheizkraftwerk.

Zu den für den Standort Stellingen vorhandenen oder benötigten Ergänzungen der Leitungs-Infrastruktur gibt es sehr unterschiedliche und widersprüchliche Informationen.

Auf Fragen, welche „Restriktionen“ für den Bau von neuen Erzeugungsanlagen zum Ersatz des HKW Wedel auf der Fläche von HAMBURG WASSER am Standort Stellingen bestünden, die in mehreren Gutachten des Hamburg Instituts für ein Strohheizwerk vorgeschlagen wurde, antwortete die BUE:

Eine erweiterte Erzeugungskapazität in Stellingen erfordert erhebliche Infrastrukturerweiterungen mit erheblichen Kosten und Verkehrsbehinderungen. So muss eine Stromversorgung, eine große Wärmeleitung und ggfs. eine Gasversorgung für den Standort geschaffen werden. Es müssen jeweils Leitungen in der Größenordnung von 6 km um den Volkspark gebaut werden. Kosten für die Stromleitung sind vom Projekt zu tragen.“ (Frage 31 in Datei „d-antworten-bue-beiratsfragen-2)“ auf den Internetseiten des Energienetzbeirats). In diesem Zusammenhang bezog sich die Antwort auf ein Vattenfall-Gutachten aus dem Jahr 2011, das auch im „Beteiligungsprozess“ auftauchte, aber als nicht relevant angesehen wurde bzw. widerlegt sei.

Die Ausführungen zu den benötigten zusätzlichen Gasnetz-, Stromnetz- und Fernwärmenetz-Anschlüssen im BET-Gutachten vom Juli 2015 beziehen sich auf den Bau eines sehr leistungsstarken GuD-Heizkraftwerks und sind daher überholt. BET hielt hierzu selbst fest, dass „im Rahmen dieses Gutachtens keine finale Klärung der Realisierbarkeit erfolgt ist.“

Dem BET-Gutachten sind „Anlagen“ K und P beigefügt, in denen gezeigt wird, dass die Kosten für Versorgungsleitungen am Standort Stellingen viel geringer sind, als von BET zunächst angenommen. Anlage P entspricht dem „Standort-Gutachten“ von Ederhof und Rabenstein vom 8. Mai 2015: „Wirtschaftlicher Standortvergleich Stellingen – Wedel“.

Dieses „Standort-Gutachten“ enthält sorgfältig recherchierte und von Versorgungsunternehmen bestätigte sehr geringe Kosten für die benötigten Strom- und Gasleitungen am Standort Stellingen im Rahmen einer Ersatzlösung Wedel. Danach würde eine Gasleitung zum Standort Stellingen mit einer Anschlussleistung bis 250 MW und einer Länge von 2,5 km zum Anschlusspunkt Fangdieckstraße in Stellingen nur 2,5 Millionen Euro kosten (Seite 31 und 32 des „Standort-Gutachtens“). Eine ausreichende Stromleitung ist danach am Standort Stellingen vorhanden. Eine Fernwärmeanschlussleitung vom Standort Stellingen zum zentralen Fernwärmenetz muss für das Zentrum für Ressourcen und Energie (ZRE) ohnehin gebaut werden. Für zusätzliche Fernwärme-Erzeugungsanlagen müssten nur deren Leitungsquerschnitte vergrößert werden.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Die Behörde für Umwelt und Energie hat mit der Südvariante im Dezember 2017 letzten Jahres einen städtischen Vorschlag für den Ersatz des Kohlekraftwerks in Wedel vorgelegt. Die Erarbeitung dieses Vorschlags wurde in einem öffentlichen und transparenten Prozess begleitet. Zu diesem Zweck hat die BUE zuvor in verschiedenen Entwicklungsphasen Gutachten erstellen lassen, u.a. 2014/2015 das hier angesprochene BET-Gutachten „Erstellung einer Expertise zur Hamburger Wärmeversorgung; Handlungsalternativen für das Kohlekraftwerk Wedel“. Das Gutachten diente der Grundlagenermittlung und hat verschiedene Varianten aufgezeigt, ohne sie planerisch zu vertiefen. Ebenso wurden abweichende Voten des kontroversen Prozesses dargestellt. Damit leistete das Gutachten einen wichtigen Beitrag zur politischen Willensbildung, kann aber nicht als Basis für eine konkrete Planung einer Ersatzinvestition herangezogen werden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen, teilweise auf Grundlage von Auskünften der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH (VWH) und der Stadtreinigung Hamburg AöR (SRH), wie folgt:

 

1. Welche Veränderungen der Stromleitungen zum Standort Stellingen sind für das ZRE geplant?

Es sind weder Änderungen erforderlich noch geplant.

 

2. Ab welcher Stromerzeugungsleistung wären am Standort Stellingen Erweiterungen der Stromleitungskapazität erforderlich?

Ab 40 Megavoltampere (MVA).

 

3. Welcher Anschlusspunkt und welche Leitungslänge wären bei einer Erweiterung der Stromleitungskapazität zu wählen?

4. Welche Kosten entstehen durch Veränderungen der Stromleitungen zum Standort Stellingen, die für das ZRE geplant sind?

Der Anschluss müsste am Umspannwerk West erfolgen. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.

 

5. Welche Veränderungen der Gasleitungen zum Standort Stellingen sind für das ZRE geplant?

6. Welche Kosten entstehen durch Veränderungen der Gasleitungen zum Standort Stellingen, die für das ZRE geplant sind?

Es sind weder Änderungen erforderlich noch geplant.

 

7. Ist es richtig, dass eine Gasleitung zum Standort Stellingen mit einer Anschlussleistung bis 250 MW und einer Länge von 2,5 km zum Anschlusspunkt Fangdieckstraße in Stellingen nur 2,5 Millionen Euro kosten würde?

Wenn nein, mit welcher Länge, welchem Anschlusspunkt und welchen Kosten wäre bis 250 MW stattdessen zu rechnen?

Hiermit hat sich der Senat nicht befasst.

Grundsätzlich stellt der Gasnetzbetreiber einen entsprechenden Gasanschluss zur Verfügung. Für Sonderkunden wird dafür üblicherweise ein Baukostenzuschuss berechnet. Dieser richtet sich nach dem Anschlusspunkt, der Kapazität und den erforderlichen Leitungsinvestitionen.

Im Übrigen siehe Antwort zu 5. und 6. sowie Vorbemerkung.

 

8. Für welche Energieträger „müssen jeweils Leitungen in der Größenordnung von 6 km um den Volkspark gebaut werden“ (siehe Einleitung)?

Für keinen Energieträger müssen Leitungen in dieser Größenordnung gebaut werden. Im Übrigen siehe Antworten zu 1., 5. und 6. sowie 13.

 

9. Welche Transportkapazität beziehungsweise welche Querschnitte hat die für das ZRE geplante Fernwärmeleitung zum Standort Stellingen?

Nach derzeitigem Planungsstand ist für die Wärmeleistung des ZRE (ca. 60 MW) eine Leitung DN 450 (Durchmesser 450 mm) vorgesehen.

 

10. Mit welchen Kosten wird für die zum ZRE geplante Fernwärmeleitung gerechnet?

Nach derzeitigem Planungsstand werden die Kosten bei ca. 11 Mio. Euro liegen.

 

11. Welcher Fertigstellungszeitpunkt ist für die zum ZRE geplante Fernwärmeleitung geplant?

Der Fertigstellungszeitraum ist für das Jahr 2022 geplant und richtet sich entscheidend nach der Fertigstellung des ZRE.

 

12. Welcher Anschlusspunkt ist für diese Fernwärmeleitung geplant?

13. Welche Trassenführung ist für diese Fernwärmeleitung geplant?

14. In welchen Teilen wird die Trasse oberirdisch beziehungsweise unterirdisch geführt?

Es werden verschiedene Trassenführungen untersucht. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Der genaue Anschlusspunkt ist von der Trassenführung abhängig. Er wird sich am Weststrang der Fernwärmeleitung im Bereich Bahrenfeld befinden.

Nach derzeitigem Planungsstand wird die Trasse unterirdisch geführt.

 

15. Können Höhenunterschiede zwischen dem Standort Stellingen und dem Anschlusspunkt an das Fernwärmenetz zu zuzüglichen Aufwendungen für diese Fernwärmeleitung führen?

Wenn ja, zu welchen und warum?

Ja. Die Anbindung muss unterirdisch auf einem niedrigen geodätischen Niveau erfolgen. Damit sollen Verdampfungen im Fernwärmenetz vermieden werden.

 

16. Mit welchen zusätzlichen Kosten für eine Fernwärmeleitung zum Standort Stellingen wäre zu rechnen, wenn anstelle der „Südvariante“ ein Ersatz des HKW Wedel im Wesentlichen am Standort Stellingen errichtet werden würde, wie im BET-Gutachten vorgeschlagen?

Damit hat sich der Senat nicht befasst. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.