SKA: Ist die Versorgung mit Präsenzangeboten der Bankdienstleistung in Hamburg gefährdet?

Stephan Jersch

Der Senat entwickelt keine Planungen oder Strategien für die Verfügbarkeit von Bankdienstleistungen in der Stadt. Zum einen meint er, keine Handhabe zu haben, zum anderen hält er das Angebot sowieso "grundsätzlich derzeit für auskömmlich" - auch wenn der nachlassende Service "leider" stellenweise schon jetzt zu längeren Wegen geführt hat.

5. Juni 2018

Schriftliche Kleine Anfrage

des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 28.05.2018

 und Antwort des Senats

- Drucksache 21/13201 -

Betr.:    Ist die Versorgung mit Präsenzangeboten der Bankdienstleistung in Hamburg gefährdet?

Die Versorgung der Bevölkerung mit Bankdienstleistungen, insbesondere Überweisungen und Bargeldversorgung, sollte zur öffentlichen Daseinsvorsorge gezählt werden. Dazu gehört dann auch eine schnelle und ortsnahe Erreichbarkeit solcher Dienstleistungen des täglichen Lebens.

Neuerdings häufen sich jedoch die Meldungen über einen Rückzug von Finanzinstituten aus der Fläche und auch die Bereitstellung von Automaten als Ersatz, zumindest für die Bargeldversorgung, verzeichnet ein negatives Wachstum. Die neuesten Nachrichten über geplante Filialschließungen der zur Deutschen Bank gehörenden Postbank rufen in schlecht versorgten Stadtteilen Besorgnis hervor. Mit der Bezeichnung Postbank (mit Betonung auf „Post“) verbinden viele, vor allem ältere Menschen, noch einen Auftrag zur ortsnahen Versorgung mit Bankdienstleistungen.

Der demografische Wandel und ein stagnierend hoher Anteil von auf Transferleistungen angewiesenen Menschen in Hamburg werden durch diese Entwicklung verschärft. Der Weg zum gebührenfreien Ausdruck von Kontoauszügen oder zum Abheben von Bargeld wird länger und für Menschen mit Einschränkungen in der Beweglichkeit, gerade in der älteren Generation, schwieriger. Ein Teil der Dienstleistungen wäre über Onlinebanking nutzbar. Jedoch werden die technischen Voraussetzungen dafür weder in den Sätzen der Transferleistungen monetär ausreichend berücksichtigt noch ist es möglich, dem digitalen Wandel ohne Rücksicht auf die demografischen Änderungen die ausschließliche Priorität zu geben. In ihren eigenen Angeboten hat die Freie und Hansestadt Hamburg dies durch die Zusage der Aufrechterhaltung der Präsenzangebote, trotz zusätzlichen digitalen Wegen, bereits anerkannt.

Auf diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Die Deutsche Postbank AG ist seit der zweiten Postreform von 1994 mit dem Poststrukturgesetz eine deutsche ( private ) Geschäftsbank. Vorläufer der Postbank war der Teilbereich Deutsche Bundespost Postbank, der im Rahmen der Postreform I ( Mitte der 80er Jahre ) aus den Postgiroämtern (früher Postscheckämtern) und den Postsparkassenämtern gebildet worden war und zu diesem Zeitpunkt schon teilprivatisiert wurde. Mit Inkrafttreten der Postreform II 1994 wurde aus der Deutschen Bundespost Postbank die privatrechtliche Deutsche Postbank AG. Die öffentliche Hand hält seit 1994 weder Anteile noch Kapital an der Postbank, das Unternehmen ist eine privatrechtliche Aktiengesellschaft, die börsennotiert ist (Anfangs im DAX, heute im M-DAX). Seit dem 25. Mai 2018 ist die Postbank eine 100% Marke des deutschen Kreditinstitutes Deutsche Bank (DB) Privat- und Firmenkundenbank. Sie war bereits seit 2015 als Deutsche Postbank AG eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Bank mit einem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag. Der Senat hat daher weder Kenntnis noch Einfluss auf die Unternehmens-Strategie und/oder auf die Unternehmenszahlen dieses privatrechtlichen Unternehmens. Die Aufstellung von Bankautomaten obliegt den jeweiligen Banken und Sparkassen, auch dies erfolgt nach unternehmensspezifischen Entscheidungen, die dem Senat nicht bekannt sind.

Da die Freie und Hansestadt Hamburg über keine Privatkunden-Bank verfügt oder zumindest eine Sperrminorität besitzt, entwickelt der Senat auch keine Planungen oder Strategien für die Verfügbarkeit von Bankdienstleistungen in der Stadt, die er gleichwohl grundsätzlich derzeit für auskömmlich hält.
Dem Senat ist bewusst, dass es bei der Versorgung mit Bankdienstleistungen ein starkes Stadt-Land-Gefälle gibt und dies bei älteren Mitmenschen gerade im ländlichen Bereich daher leider zu längeren Wegen kommen kann. Hier finden sich Institute, die ihr Filialnetz teilweise halbiert haben. Dies sind aber betriebswirtschaftliche und konzerninterne Entscheidungen, auf die der Senat keinerlei Einfluss hat, insbesondere bei Instituten, die ihren Hauptsitz nicht in Hamburg haben.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

 

1.    Ist der Senat der Meinung, dass die Erreichbarkeit von Bankdienstleistungen auch außerhalb des Onlinebankings ein Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge ist?
a.    Wenn ja: Hat der Senat sich im Rahmen dieser Einschätzung bereits veranlasst gesehen, tätig zu werden?
i.    Wenn ja: in welcher Form?
2.    In welchen Stadtteilen Hamburgs ist derzeit weder ein Geldautomat noch eine Bankfiliale vorhanden?
3.    Wie hat sich die Versorgung mit Bankfilialen in den Stadtteilen in den letzten zehn Jahren entwickelt?
4.    Gibt es seitens der Postbank Pläne in Hamburg, Filialen zu schließen und wie hat sich die Anzahl der Postbankfilialen in Hamburg in den letzten zehn Jahren entwickelt?
5.    Gibt es in Hamburg Postbankfilialen, die keine Postdienstleistungen anbieten?
a.    Wenn ja: wo?
6.    Wie viele der derzeit mit Postbank-Dienstleistungen in der Freien und Hansestadt Hamburg betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind von der Deutschen Post DHL Group an die Postbank ausgeliehen und wie viele eigene Beschäftigte der Postbank stehen dem in Hamburg gegenüber?
7.    Hat sich der Senat eine Meinung über Parameter für die Zumutbarkeit zur Erreichung von Präsenzangeboten von Bankdienstleistern in der Freien und Hansestadt Hamburg gebildet?
a.    Wenn ja: Welche Parameter sieht der Senat als unverzichtbar beziehungsweise erstrebenswert an?
b.    Wenn nein: wird er dies noch tun?

Siehe Vorbemerkung.

 

8.    Gibt es (insbesondere für ältere Menschen) Hilfsangebote, diese im Fall der Schließung einer wohnortnahen Bankfiliale bei einem Wechsel zu einem anderen Bankdienstleister kostenlos zu unterstützen?
a.    Wenn ja: durch wen?

Die Banken selbst, die Verbraucherzentrale, aber auch Seniorenbeiräte, Betreuungsdienste und teilweise auch kirchliche Einrichtungen für die Betreuung von Senioren leisten bei Bedarf entsprechende Unterstützung.