SKA: Luftgüte an den Landungsbrücken

Stephan Jersch

Die wahrnehmbar schlechte Luftqualität an den Landungsbrücken wird nicht gemessen, weil kein Gesetz das vorschreibt, so der Senat. Ob und welche Verbesserungen der Luftqualität durch stichpunktartige Verbesserungen bei Schiffsantrieben mittlerweile eingetreten sind, ist dem Senat nicht bekannt.

29. März 2019

Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Jersch und Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 21.03.2019
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/16603 -


Betr.:  Luftgüte an den Landungsbrücken

Stichprobenartige Feinstaub- sowie Stickoxidmessungen unter anderem durch den NABU, die ZEIT HAMBURG und den NDR belegen eine hohe Luftschadstoffbelastung an den Landungsbrücken. Die betroffenen Pontons sind Arbeitsstätte für Gastronomie und Tourismusgewerbe. Für Arbeitsplätze außerhalb von Industrie und Handwerk beträgt der Kurzzeitrichtwert II 250 µg NO2/m3 (Gefahrenwert) und der Kurzzeitrichtwert I (Vorsorgewert) 80 µg NO2/m3 (Umweltbundesamt). Der Messzeitraum ist eine Stunde. Die Monatsmittel-Messwerte, die der NDR am 25.02.2019 veröffentlicht hat, lassen vermuten, dass diese Grenzwerte während der Schiffbetriebszeiten tagsüber um ein Vielfaches überschritten werden. Laut UBA ist bei Erreichen beziehungsweise Überschreiten dieses Grenzwertes unverzüglich im Sinne des Gesundheitsschutzes zu handeln.

Insbesondere auf der elbzugewandten Wasserseite der Landungsbrücken beschweren sich immer wieder Besucher über die schlechte Luft. Über regulative Vorgaben und technische Ausstattung der Schiffe und der Anleger ließen sich die Emissionen drastisch reduzieren. Die technische Machbarkeit ist durch das neue Feuerlöschboot und die neueste Generation der HADAG-Fähren bewiesen worden. Nun müssen auch die privaten Fähr- und Barkassenbetriebe einbezogen werden.

Nach einem einstimmigen Ersuchen an den Senat  vom 16.05.2018 (Drs.21/12903) ist der Bürgerschaft bis zum 2. Quartal 2019 zu berichten, was die beauftragten Prüfungen zu Emissionsreduzierungen durch technische Nachrüstungen und Umstellungen, beispielsweise beim Kraftstoff, bei privaten Innerhafenverkehren ergeben haben und ob u.a. mit den privaten Fähr- und Barkassenbetrieben im Hamburger Hafen „im Rahmen der Luftgütepartnerschaft“ eine Initiative zur Reduzierung der Emissionen zu schaffen ist.

Die Landungsbrücken verfügen auf beiden Seiten über Stromanschlüsse für Schiffe. Die Nutzung von Strom kann kurzfristig helfen die Emissionen wenigsten während der Liegezeiten drastisch zu reduzieren.

Mit der 39. Bundes-Immissionsschutzverordnung (39. BImSchV) werden für die gesundheitsbezogene Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität in der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) Standards für die Belastung mit den wichtigsten Luftschadstoffen festgelegt. Valide Messungen müssen den Qualitätsanforderungen der 39. BImSchV genügen. Stichprobenartige Messungen, wie von den Fragestellern angeführt, erfüllen diese Anforderungen nicht und können nicht zu einer belastbaren Beurteilung der Luftqualität herangezogen werden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA), der HADAG Seetouristik und Fährdienst AG (HADAG) sowie des  Hafenschiffahrtsverbands Hamburg e.V. wie folgt:

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Kontrolliert die FHH die Luftschadstoffbelastung auf den Pontons der Landungsbrücken? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie und wie regelmäßig?

Nein. Die Kriterien zur Lage von Probenahmestellen, festgelegt in der 39. BImSchV, Anlage 3, sind auf den Pontons nicht erfüllt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

 

2. Wird die Luftschadstoffbelastung durch das Amt für Arbeitsschutz oder andere an den Arbeitsplätzen in den Arbeitsstätten auf der Pontonanlage an den Landungsbrücken überprüft?

Grundsätzlich liegt es in der Verantwortung der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers, für die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten zu sorgen. Im Rahmen der Überwachung ist es die Aufgabe des Amtes für Arbeitsschutz, dieses zu überprüfen. Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber muss die Einhaltungen des Arbeitsschutzgesetzes nachweisen. Hierfür ist ggf. das messtechnische Gutachten eines zugelassenen Labors erforderlich.

 

3. Wie oft wurden die Landstromanschlüsse am elbseitigen Anleger der Landungsbrücken zwischen Brücke 3 und 9 in den Jahren 2017 und 2018 genutzt?

4. Wie viele private Fähr- und Barkassenbetriebe nutzen während der Liegezeit am elbseitigen Anleger der Landungsbrücken den dort zur Verfügung stehenden Landstrom?

5. Wie viele private Fähr- und Barkassenbetriebe beziehen während ihrer Liegezeit am Anleger der Landungsbrücken zur Landseite Strom vom Ponton?

6. Gibt es für die Nutzungserlaubnis der St. Pauli Landungsbrücken Vorgaben, ab welcher Länge der Liegezeit von Maschinen- auf Landstrom umgestellt werden muss?

7. Wie viele Fähr- und Barkassenbetriebe an den Landungsbrücken nutzen während der Liegezeiten Strom von Land und schalten alle Maschinen ab?

Gemäß § 41 Abs. 5 der Hafenverkehrsordnung (HVO) ist nach der Einnahme eines Liegeplatzes das nach den Umständen vermeidbare Laufenlassen von Verbrennungsmotoren nicht erlaubt. Soweit Landstromanschlüsse wie an der Außenseite der St. Pauli Landungsbrücken vorhanden sind, dürfen Verbrennungsmotoren nicht länger als eine halbe Stunde nach dem Festmachen zur Stromversorgung genutzt werden. Darüber hinaus verfügen die Fahrzeuge der privaten Fähr- und Barkassenbetriebe in der Regel über kleine Hilfsaggregate zur Stromerzeugung. Im Übrigen wird keine Statistik über die Nutzung der Landstromanlagen geführt.

 

8. In Drucksache 21/12903 heißt es: „Erkenntnisse sollen genutzt werden um die privaten Fähr- und Barkassenbetriebe sowie Schlepperunternehmen bei der Modernisierung und Nachrüstung ihrer Schiffe zu beraten. (…) sollen die Betriebe insbesondere auch über Fördermöglichkeiten und –Programme des Bundes beraten werden.“  Wie viele Betriebe haben bisher eine Beratung zu Emissionsminderung und Förderungsmöglichkeiten in Anspruch genommen? Wer führt diese Beratungen durch?

9. Mit wie vielen und ggfs. welchen Reedereien wurden Zielvereinbarungen zur schrittweisen Emissionsreduzierung getroffen?

Barkassen und private Fahrgastschiffe werden im Hamburger Hafen von privatwirtschaftlichen Unternehmen betrieben. Es ist im Rahmen der Beantwortung des Bürgerschaftlichen Ersuchens Drs. 21/12903 u. a. zu klären, wie die Unternehmen über aktuelle Möglichkeiten zur Emmissionsreduzierung sowie über Förderungsmöglichkeiten informiert werden. Dieser Prozeß ist noch nicht abgeschlossen.

 

10. Wie viele private Fähr- und Barkassenbetriebe sowie Schlepperunternehmen haben auf sauberere Kraftstoffe (z. B. GtL) umgestellt?

11. Wie viele haben 2018 Nachrüstungen und Modernisierung ihrer Schiffsantriebe mit dem Zweck der Abgasminderung durchgeführt?

Die Entscheidung über einzelne Maßnahmen zur Emissionsminderung wie z. B. die Nutzung alternativer Kraftstoffe obliegt ausschließlich den Unternehmen.

Soweit bekannt, werden alternative Kraftstoffe wie z. B. Gas-to-Liquids (GTL) von einigen Unternehmen genutzt. So wirbt z. B. die Martime Circle Line explizit mit der ausschließlichen Verwendung von GTL. Weiterhin wurden in den letzten Jahren neue, emissionsärmere Motoren insbesondere in neuangeschafften Fahrgastschiffen, verbaut und es erfolgten Nachrüstungen zur Abgasminderung. Im Übrigen siehe Drs. 21/5797.

 

12. Die neuen Schiffe der HADAG (Typ 2020) verfügen über Batterie-Hybridantriebe mit Partikelfilter und Katalysator. Lt. Drs. 21/11567 vom 16.01.2018 sollten belastbare Daten zu Kraftstoffersparnis und Kohlendioxidausstoßverminderung sowie NOx- und PM- Ausstoß durch einen zertifizierten Sachverständigen ermittelt werden.  Um welchen Prozentsatz werden jeweils Stickoxid- und Partikelemissionen (PM2,5) gegenüber dem Typschiff 2000 ohne Partikelfilter und Katalysator reduziert?

Die neuen Schiffe der HADAG (Typ 2020) verfügen über einen diesel-elektrischen Antrieb. Da die HADAG mit unterschiedlichen Abgasreinigungssystemen arbeitet, stehen belastbare Ergebnisse noch aus. Erste Messungen deuten darauf hin, dass annähernd 100 % der Rußpartikel gefiltert werden. Die durch den erst knapp halbjährigen betrieblichen Einsatz gewonnenen Daten der MS Kehrwieder entsprechen den Erwartungen. Belastbare Daten zum Typ 2020-Schiff werden im Laufe des Jahres durch eine zeritfizierte Sachverständige bzw. einen zertifizierten Sachverständigen erwartet.