SKA: Müllströme in der Freien und Hansestadt Hamburg und aktueller Stand zur MVR

Stephan Jersch

Wem die überwiegend in Vattenfalls Eigentum befindliche Müllverbrennungsanlage am Rugenberger Damm gehört, sei für Hamburgs zukünftige Wärmeversorgung egal, meint der Senat hier.

8. Februar 2019

Schriftliche Kleine Anfrage

 

des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 31.01.19

und Antwort des Senats

- Drucksache 21/16035 -

Betr.: Müllströme in der Freien und Hansestadt Hamburg und aktueller Stand zur MVR

In Hamburg arbeiten zwei Müllverbrennungsanlagen (Borsigstraße, Rugenberger Damm) an der Stadtgrenze, auf dem Gebiet der Gemeinde Stapelfeld liegt zudem die Anlage der EEW. Während die MVB (Müllverwertung Borsigstraße) über die Stadtreinigung Hamburg (SRH) zu 100 Prozent im Besitz der Freien und Hansestadt Hamburg ist, beträgt der Anteil der Stadt an der MVR (Müllverwertung Rugenberger Damm) bisher nur 45 Prozent und die Müllverbrennungsanlage Stapelfeld wir zur Gänze privat betrieben, nachdem sie ursprünglich 1973 von den Kreisen Stormarn, Herzogtum Lauenburg und der Freien und Hansestadt Hamburg gemeinsam gegründet wurde.

Im letzten Jahr machte auch die Nachricht über den Müllexport nach China Schlagzeilen, der durch den weitgehenden Importstopp in China fast vollständig zum Erliegen kam.

Ich frage daher den Senat vor diesem Hintergrund:

Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf Grundlage von Auskünften der Stadtreinigung Hamburg (SRH) und der Vattenfall Wärme Hamburg (VWH), wie folgt:

1. Welche Mengen Müll werden derzeit auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg in welchen Anlagen der thermischen Verwertung zugeführt und wie hat sich, bezogen auf die Anlagen, die Menge in den letzten fünf Jahren entwickelt?

2. Welche Mengen Müll werden derzeit woher auf das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg eingeführt und wo werden diese verwertet? Bitte die Entwicklung für die letzten fünf Jahre aufführen.

Die Gesamtliefermengen zu den MVA durch die SRH und ggfs. Dritte hat sich in den Jahren seit 2014 wie folgt entwickelt:

 20142015201620172018 (vorläufig)
Stellingen16142279050---
MVB270.884*321.321*327.545*344011347271
MVR369.274**347.309**351.005**349.879**341860

* Quelle: MVB-Umwelterklärung 2017
** Quelle: MVR-Umwelterklärung 2018
Betriebseinstellung MVA Stellingen  2016

 

 

3. Hatte der fast vollständige Importstopp Chinas für Müll seit dem 1. Januar 2018 Einfluss auf die Müllverwertung (zum Beispiel Menge, Zusammensetzung, Einfuhr) in Hamburg?

a. Wenn ja, bitte genau aufführen worin dies bestand.

Nein.

 

4. Der MVR kommt im Rahmen des Fernwärmekonzepts der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) eine zentrale Bedeutung beim Ersatz des KoHKW Wedel im Rahmen der sogenannten Südvariante zu. Die Gespräche über die Übernahme des 55-Prozent-Anteils des Mehrheitseigners Vattenfall scheinen aber nicht voranzukommen. Welche Gespräche haben wann seit 2015 zum Erwerb des Anteils durch die Stadt beziehungsweise die SRH stattgefunden?

Im Herbst 2015 hat Vattenfall die Gespräche zum Verkauf ihres 55 prozentigen Gesellschafteranteils ausgesetzt. In 2015 hatten dazu noch fünf Verhandlungen stattgefunden. In den letzten sechs Monaten hat es Anstöße der SRH gegeben, die Gespräche wieder aufzunehmen.

Darüber hinaus finden jährlich zwei bis drei Gesellschafterversammlungen zur MVR statt.

 

5. Welche Bedeutung wird der Anteilseignerschaft an der MVR für das Fernwärmekonzept der BUE eingeräumt?

a. Falls die Freie und Hansestadt Hamburg dem Erwerb der Mehrheitsanteile an der MVR keine Bedeutung zumisst: Warum wird dann die Mehrheitseigentümerschaft angestrebt?

b. Falls die Freie und Hansestadt Hamburg dem Erwerb der Mehrheitsanteile an der MVR im Rahmen der Fernwärmelösung zum Ersatz des KoHKW Wedel Bedeutung beimisst: Welche Konsequenzen hätte der Nichterwerb auf die durch die Stadt präferierte Südvariante?

Die Eigentumsverhältnisse an der MVR sind nicht entscheidend für das Fernwärmekonzept der FHH.

Aus Sicht der SRH kann die MVR eine wichtige Rolle für die Entsorgungssicherheit der FHH spielen. Die MVR ist aus diesem Grund im Abfallentsorgungskonzept der SRH als wesentlicher Bestandteil benannt. Im Übrigen siehe Antwort zu 4.

 

6. Die durch eine Arbeitsgruppe des Energienetzbeirats im Rahmen eines Zwischenberichts vorgelegten Bewertungen zur Südvariante und die Empfehlung, die Planungen für Ersatzmaßnahmen nördlich der Elbe neu aufzunehmen, wurden von der BUE dahin gehend kommentiert, dass die Planungen der Südvariante weit fortgeschritten seien bis hin zur Vorbereitung der Ausschreibungen und dass dies zu Verzögerungen beim Ersatz des KoHKW Wedel führen wird. Die Arbeitsgruppe des Energienetzbeirats war bezüglich der zeitlichen Auswirkungen ihres Zwischenergebnisses nicht auskunftsfähig. Deshalb meine Fragen an den Senat:

a. Welche Geld- und Zeitaufwände sind bisher in die Planung der Südvariante geflossen?

Die Gesellschafter der VWH haben für die Jahre 2017 und 2018 Planungsmittel freigegeben. Die eingeleiteten Planungen haben bisher etwa 5.000.000 € gekostet.

Der Zeitaufwand der beteiligten städtischen Akteure wird nicht gesondert erfasst.

Der Kostenaufwand für begleitende Gutachten ist in Drs. 21/ 14404 und 21/15546 dargestellt.

b. Wie ist der Status der Planungen bezüglich der einzelnen Ersatzmaßnahmen?

Der Status der Planungen wurde im Energienetzbeirat am 29.November 2018 und am 24.Januar 2019 dargestellt: https://www.hamburg.de/contentblob/11928120/7564dfa4346e6781c5c03d60a173d9c1/data/d-top-5-sachstand-ersatz-hkw-wedel.pdf .

Einen nächsten Zwischenstand der Planungen wird es – wie im Energienetzbeirat angekündigt - frühestens Ende des ersten Quartals 2019 geben.

c. Welche zeitliche Verschiebung bedeutet eine Neuaufsetzung der abgebrochenen Planung einer Nordvariante?

d. Mit welchen (grob geschätzten) Kosten wäre diese parallel zur Weiterplanung der Südvariante und möglich?

Der Senat hat zuletzt mit der Drucksache 21/14636 die Grundzüge des zukünftigen Wärmekonzepts beschlossen. Dieses Konzept ist eine wesentliche Grundlage der Zustimmung der Bürgerschaft der FHH für den Erwerb von weiteren 74,9% der Anteile an der VWH. Planungen grundlegend anderer Varianten einschließlich etwaiger Kostenplanungen wurden nicht erstellt und werden vom Senat auch nicht verfolgt.