SKA: Politischer Handlungsbedarf bei „Lootboxen“ in Computerspielen

Stephan Jersch

Lootboxen - zu Deutsch etwa "Beutekisten" - als Bestandteil von Computerspielen könnten als Glückspiel betrachtet werden. In Deutschland ist die Diskussion hierzu noch nicht abgeschlossen - im Gegensatz zu Belgien, wo Lootboxen wegen ihres Glücksspielcharakters verboten sind.

16. Januar 2018

Schriftliche Kleine Anfrage

des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 08.01.2018

und Antwort des Senats

- Drucksache 21/11551 -

 

Betr.: Politischer Handlungsbedarf bei „Lootboxen“ in Computerspielen

In jüngster Zeit ist das Modell sogenannter Lootboxen oder „Beuteboxen“ in Computerspielen verstärkt in die Diskussion gekommen. Dabei handelt es sich um im Spiel erwerbbare „Überraschungspakete“, die verschiedene im Spiel verwertbare, potenziell aber auch übertragbare und somit in Geldwerte umwandelbare Gegenstände oder Bonusse enthalten können, wobei der Wert erheblich variiert. Aufgrund der vergleichbaren Anreizstruktur ist in verschiedenen Ländern eine Behandlung als Form von Glücksspiel in der Diskussion oder bereits beschlossen, so zum Beispiel in Belgien1. In Deutschland liegen Fragen des Glücksspiels in der Zuständigkeit der Bundesländer. Nach Aussage der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) gelten Lootboxen üblicherweise nicht als Glücksspiel.2

Dies vorangeschickt frage ich den Senat:

1. Wie beurteilt der Senat das Phänomen der „Lootboxen“ oder „Beuteboxen“ in Computerspielen?

2. Sind nach Auffassung des Senats „Lootboxen“ als Form des Glücksspiels anzusehen und sieht der Senat in diesem Bereich politischen Handlungsbedarf?

a. Wenn ja, welche Initiativen wird der Senat dazu ergreifen?

b. Wenn nein, warum nicht?

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (GlüStV) liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.

Danach ist eine generelle Einordnung von „Lootboxen“ als Glücksspiel nicht möglich, vielmehr ist dies eine Einzelfallentscheidung. Ob „Lootboxen“ als Glücksspiel zu qualifizieren sind, hängt davon ab, wie sie im jeweiligen Spielverlauf integriert sind. Entscheidende Faktoren sind dabei u. a., wie die „Lootboxen“ vom Spieler erworben werden und ob und inwieweit durch diese seine Gewinnchance erhöht wird und der etwaige Gewinn für ihn verwertbar ist.

Die Frage, wie Computerspiele mit „Lootboxen“ rechtlich bewertet werden sollen, wird in Kürze in der Arbeitsgemeinschaft Jugendschutz der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugend- und Familienbehörden beraten. Insofern sind die Beurteilungen und Beratungen hierzu noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen siehe Antwort zu 3.

3. Inwieweit sieht der Senat in diesem Zusammenhang Handlungsbedarf im Bereich des Verbraucherschutzes?

Handlungsbedarf im Bereich des Verbraucherschutzes wird derzeit nicht gesehen, da für Käufe digitaler Inhalte grundsätzlich die Anforderungen der Verbraucherrechterichtlinie (Richtlinie 2011/83/EU, ABl. L 304 vom 22. November 2011, S. 64-88) gelten.

4. Inwieweit sieht der Senat in diesem Zusammenhang Handlungsbedarf im Bereich des Jugendschutzes?

Siehe Antwort zu 1.

5. Haben zu den vorgenannten Fragen Abstimmungen oder Beratungen zwischen den Ländern beziehungsweise mit dem Bund stattgefunden

a. Wenn ja, wann, in welcher Form und mit welcher Beteiligung? Bitte auch das Ergebnis der Abstimmung anführen.

Zwischen den Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder haben einzelfallabhängig Abstimmungen darüber stattgefunden, ob bestimmte Spiele mit „Lootboxen“ als Glücksspiele zu qualifizieren sind oder nicht (siehe Antwort zu 1. und 2.). Sachverhalte aus dem Zuständigkeitsbereich der Hamburger Glücksspielaufsicht waren nicht betroffen.

6. Hamburg hat einen wiederholt herausgestellten IT-Sektor, in dem auch Spiele entwickelnde Firmen vertreten sind, die mit „gamecity:Hamburg“ eine eigene Plattform über den Cluster der „Hamburg Kreativ Gesellschaft mbH“ hinaus haben. Welche der im Cluster „Hamburg Kreativ Gesellschaft“ beziehungsweise auf der Plattform „gamecity:Hamburg“ organisierten Firmen entwickeln Spiele beziehungsweise haben Spiele entwickelt, bei denen Lootboxen beinhaltet waren beziehungsweise sind?

7. Sofern Spiele entwickelnde Firmen aus Hamburg solche Lootboxen in ihre Spiele mit einbeziehen: Welchen Beitrag hat das Angebot einer Lootbox nach Einschätzung des Senats für die Wirtschaftlichkeit dieser Firmen?

Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor.

8. Wie viele Beschäftigte werden derzeit dem Bereich der Spieleentwicklung in Hamburg zugrechnet und wie hat sich deren Zahl in den letzten zehn Jahren verändert?

In der amtlichen Statistik werden Unternehmen der Gamesbranche nicht gesondert ausgewiesen. Im Rahmen des Projekts „Gamecity Hamburg“ werden seit 2009 mittels Befragungen und der Auswertung einer eigenen Datenbank entsprechende Zahlen erhoben. Danach hat sich die Zahl der Beschäftigten in der Wertschöpfungskette Games in Hamburg wie folgt entwickelt:

Jahr

Zahl der Beschäftigten

2009

2.550

2010

3.081

2011

3.568

2012

4.001

2013

3.708

2014

4.356

2015

4.524

2016

4.295

2017

ca. 3.800 (Schätzung)

 

9. Hat es im Rahmen des Clusters „Hamburg Kreativ Gesellschaft“ beziehungsweise der Plattform „gamecity:Hamburg“ eine Behandlung des Themas „Lootboxen“ gegeben?

a. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b. Wenn nein, ist beabsichtigt, das Thema dort zukünftig zu behandeln?

Bislang nicht. Im einem der nächsten Treffs der Gamecity Hamburg soll das Thema Monetarisierung diskutiert und in diesem Rahmen voraussichtlich auch das Modell „Lootboxen“ aufgegriffen werden.

 

1www.heise.de/newsticker/meldung/Battlefront-2-Belgien-haelt-Lootboxes-fuer-Gluecksspiel-und-will-dagegen-vorgehen-3897657.html, zuletzt aufgerufen am 8.01.2018.

2www.usk.de/service/lootboxen-und-jugendschutz/, zuletzt aufgerufen am 8.01.2018.