SKA: Volksinitiative „Bürgerbegehren und Bürgerentscheide verbindlich machen – Mehr Demokratie vor Ort II

Stephan Jersch

Zu den Evokationen diverser Bürgerentscheide lässt sich der Senat hier weitere Informationen (nicht) aus der Nase ziehen.

29. November 2019

 Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Deniz Celik und Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 21.11.2019
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/19111 -

Betr.:    Volksinitiative „Bürgerbegehren und Bürgerentscheide verbindlich machen – Mehr Demokratie vor Ort II

Die Antworten des Senats auf unsere schriftliche Kleine Anfrage 21/18523 geben Grund für zahlreiche Nachfragen.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Da die erfragten Informationen nicht in automatisch auszuwertender Form vorgehalten werden, wurden sie durch Abfragen bei den Behörden und Ämtern ermittelt. Die Angaben erfolgen in dem Umfang beziehungsweise in der Vollständigkeit, die in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit möglich ist.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1 Bürgerentscheid „Rettet den Buchenhof-Wald“

a Ist der Senat aus heutiger Sicht der Meinung, dass die Begründung des damaligen Senats (Drucksache 19/5304) für die Evokation korrekt war und eine ausreichende Basis für die Evokation darstellte?

Ja.


b Würde der Senat bei gleichem Sachverhalt heute erneut evozieren? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, warum nicht?

Der Senat nimmt zu hypothetischen Fragen in ständiger Praxis keine Stellung.

c Wann wurde über die in der Drucksache 19/5304 aufgeführten Widersprüche bzw. Klagen mit welchem Ergebnis jeweils entschieden?

Nach den im zuständigen Rechtsamt hinterlegten Daten wurden der Widerspruch gegen den Bauvorbescheid mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2009 zurückgewiesen und die gegen den Widerspruchsbescheid erhobene Klage mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 26. Mai 2010 abgewiesen. Der Widerspruch gegen die Baugenehmigung wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2009 zurückgewiesen; aufgrund der am 8. Oktober 2010 erfolgten Rücknahme der dagegen erhobenen Klage wurde der Widerspruchsbescheid bestandskräftig. Der Widerspruch der Vertrauensleute des Bürgerbegehrens gegen die Baugenehmigung wurde von diesen am 7. Juni 2010 zurückgenommen und das Verfahren daraufhin eingestellt.

d Wie viele Wohneinheiten wurden bisher auf der strittigen Fläche wann jeweils errichtet? Zugesagt waren 66 Wohneinheiten.

Es wurden 66 Wohneinheiten im Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 11. April 2012 errichtet.

e Welche Befreiungen waren für die Errichtung der unter d. aufgeführten Wohneinheiten erforderlich?

Es waren Befreiungen für das Überschreiten der Anzahl der festgesetzten Vollgeschosse um ein Vollgeschoss erforderlich.

f Wurden die Vorgaben des Artenschutzes, wie vom Senat verbindlich zugesagt, vollständig eingehalten? Wenn ja, durch welche Maßnahmen? Wenn nein, warum jeweils nicht?

Ja. Durch die Anbringung von Fledermauskästen, die Installation eines Zaunes zwischen nördlichem und südlichem Grundstücksteil, fledermausfreundlicher Beleuchtung und Monitoring der Fledermausbestände.

g Wurde die in der Drucksache 19/5304 verbindlich zugesagte Baulast zwischenzeitlich eingetragen? Wenn ja wann und mit welchem Wortlaut? Wenn nein, warum nicht?

Die Baulast wurde am 28. Juni 2010 mit dem Wortlaut: „(…) auf eine weitere Bebauung des Grundstücks über das begünstigte Vorhaben einschließlich der erforderlichen Zuwegungen und der vorhandenen Altgebäude hinaus zu verzichten.“ eingetragen.

h Wie viele Bäume wurden auf der strittigen Fläche wann jeweils wann gefällt?

Baumfällungen erfolgten auf der Grundlage der in nachfolgender Tabelle dargestellten Genehmigungsbescheide:

Datum der Genehmigung

Anzahl der Bäume

13.10.2009

118

23.11.2011

1

31.10.2014

3

28.08.2015

1

19.10.2015

4

 

i Wie viele Bäume wurden als Ersatzpflanzungen bis heute auf der strittigen Fläche angepflanzt und wie viele hätten angepflanzt werden müssen?

Im Rahmen der im Kalenderjahr 2015 erteilten Bescheide erfolgte die Auflage zur Ersatzpflanzung von insgesamt zwei auf dem Grundstück zu pflanzenden Ersatzbäumen.

Die nach den vorgenannten Genehmigungsbescheiden weiter zu leistenden Ersatzmaßnahmen erfolgten zum überwiegenden Teil als Ausgleichsabgabe für zweckgebundene Maßnahmen des Naturschutzes.

 

2 Bürgerentscheid „Für den Erhalt von grünem und günstigem Wohnraum – kein Siedlungsabbruch in Hamburg Norden (Langenhorn 73)“

a Mit welcher Begründung wurde der Bürgerentscheid damals evoziert?

b Würde der Senat bei gleichem Sachverhalt heute erneut evozieren? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wenn nein, warum nicht?

c Wie viele Bauvoranfragen wurden seit der Evokation wann eingereicht und wann wie beschieden? Bitte jeweils auch die Anzahl der Wohnungen angeben.

d Wie viele Bauanträge wurden seit der Evokation wann eingereicht und wann wie beschieden? Bitte jeweils auch die Anzahl der Wohnungen angeben.

e Wie viele der vom Senat damals im Rahmen der Evokation zugesagten 700 Wohneinheiten wurden bis heute wann jeweils erstellt? Sofern weniger als die 700 zugesagten Wohneinheiten bisher erstellt wurden: warum ist es dem Senat nicht gelungen, seine damaligen Zusagen einzuhalten?

f Wie haben sich die Bodenrichtwerte für das Gebiet Langenhorn 73 seit der Evokation entwickelt?

g Wann wurden seit der Evokation Grundstücke / Flurstücke im Gebiet Langenhorn 73 jeweils verkauft? Bitte jeweils den Zeitpunkt und die Größe der jeweiligen Flurstücke angeben.

Siehe Drs. 20/3463. Bisher wurden keine Anträge gestellt. Mit dem Planrecht wurde die Möglichkeit zum Bau von bis zu 700 Wohneinheiten (davon 150 zusätzlich) geschaffen. Die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit unterliegt einer Entscheidung des Grundstückseigentümers bzw. der Grundstückseigentümerin. Die Grundstücke befinden sich im Privateigentum. Bodenrichtwerte entwickeln sich insbesondere in Abhängigkeit von Nutzung, Lage und Grundstücksgröße. Im Einzelnen siehe https://www.geoportal-hamburg.de/boris/ zu aktuellen Bodenrichtwerten im Gebiet des Bebauungsplans Langenhorn 73 und deren Entwicklung. Informationen über Veräußerungen liegen dem Senat nicht vor. Im Übrigen nimmt der Senat zu hypothetischen Fragen in ständiger Praxis nicht Stellung.

 

2 Bürgerentscheid „Unser Bismarckbad bleibt!“

a Aus welchen Gründen ist der Senat inzwischen der Meinung, dass hier keine Evokation eines Bürgerentscheides stattgefunden hat?

Siehe Antwort zu 5.

b Wann wurde das Bismarckbad an wen verkauft?

Das Bismarckbad wurde am 1. Februar 2006 an die Grundstücksgesellschaft Königstrasse mbH & Co. KG verkauft.

 

2 Bürgerentscheid „Rettet das Freibad Ohlsdorf: Gegen Teilbebauung“

a Aus welchen Gründen ist der Senat der Meinung, dass hier keine Evokation / Ignorierung eines Bürgerentscheides stattgefunden hat?

Eine Evokation gemäß § 1 Abs. 4 des Gesetzes über Verwaltungsbehörden i. V. m. § 42 BezVG ist nicht erfolgt. Der notwendige Neubau des Schwimmbades Ohlsdorf erfolgte auf Grundlage des geltenden Planrechts. Das Bebauungsplanverfahren Ohlsdorf 28, welches für die nicht mehr durch das Schwimmbad genutzten Flächen eine Wohnbebauung mit z. T. öffentlich geförderten Wohnungen vorsieht, wurde unter Beteiligung der Öffentlichkeit vom zuständigen Bezirksamt durchgeführt. Die öffentlichen und privaten Belange sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

b Wann wurden Flächen des ehemaligen Freibades Ohlsdorf an wen jeweils verkauft?

Flächen wurden am 1. Juni 2016 an die CDS & Wulff Wohnbau Hamburg mbH & Co. KG verkauft.

 

2 In der Antwort zur SKA 21/10313 führt der Senat u.a. aus: „Bisher wurde nur der Bürgerentscheid „Unser Bismarckbad bleibt“ aus dem Jahre 2005 evoziert.“

a Wie steht diese Aussage des Senats im Einklang mit den Ausführungen des Senats in der SKA 21/18523?
b Wie steht diese Aussage des Senats im Einklang mit den Antworten auf die Fragen 1. bis 4. dieser SKA?

In Drs. 21/10313 unterblieben versehentlich die Benennung der unter der Frage 1. und 2. erwähnten Bürgerentscheide und in Drs. 21/18523 bei Beantwortung von Frage 6 der erneute Verweis auf Drs. 21/10313. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.