Schriftliche Kleine Anfrage Gefahrenpotenzial Bohrschlämme auch in Hamburg?

Stephan Jersch

Auf dem Gebiet Hamburgs wird seit den 1910er Jahren Erdöl gefördert. Davon betroffen waren und sind die Bezirke Bergedorf und Harburg. Zwar hat die Bedeutung der Förderung mit den Jahren immer weiter abgenommen, aber zu Hochzeiten der Förderung wurde hier ein Vielfaches der heutigen Mengen gefördert. Im Rahmen dieser Tätigkeiten wurde in den Fördergebieten eine mindestens hohe dreistellige Zahl von Bohrungen, mit Nachbohrungen sogar deutlich mehr, niedergebracht. Der Kartenserver des LBEG (Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie) stellt diese Tätigkeiten sehr plastisch dar.

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
21. Wahlperiode

Drucksache 21/4111 vom 26.04.16

Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 18.04.16
und Antwort des Senats

Betr.:Gefahrenpotenzial Bohrschlämme auch in Hamburg?

Auf  dem  Gebiet  Hamburgs  wird  seit den 1910er Jahren Erdöl gefördert. Davon betroffen waren und sind die Bezirke Bergedorf und Harburg. Zwar hat die Bedeutung der Förderung mit den Jahren immer weiter abgenommen, aber zu Hochzeiten der Förderung wurde hier ein Vielfaches der heutigen  Mengen  gefördert. Im Rahmen dieser Tätigkeiten wurde in den Fördergebieten eine mindestens hohe dreistellige Zahl von Bohrungen, mit Nachbohrungen sogar deutlich mehr, niedergebracht. Der Kartenserver des LBEG (Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie) stellt diese Tätigkeiten sehr plastisch dar.

Die  Berichterstattung  über  die  unsachgemäße  Ablagerung  von  Bohrschlämmen aus der Förderung von Kohlenwasserstoffen, in Verbindung mit der Geschichte und Gegenwart Hamburgs als Gebiet der Erdölförderung, wirft daher Fragen zur Behandlung der im Laufe der Förderungsgeschichte angefallenen Bohrschlämme und deren Behandlung auf. Die im Bereich der Förderung von Kohlenwasserstoffen in Niedersachsen festgestellten stark erhöhten Zahlen von Krebserkrankungen, mit denen sich zuletzt auch die Landesregierung in Niedersachsen befasst, hat werfen zusätzlich Fragen über eine akute Bedrohung der Bevölkerung auf.

Ich frage daher den Senat:


Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) wie folgt:

1.    Gibt  es  auf  dem  Gebiet  der  Freien  und  Hansestadt  Hamburg  Bohrschlammgruben oder Verdachtsfälle für Bohrschlammgruben?
      Wenn ja:
      a.    Wie viele Bohrschlammgruben oder Verdachtsflächen sind auf dem Gebiet Hamburgs bekannt und wo befinden sich diese?


Dem LBEG ist die Schlammgrube Reitbrook an der Krapphofschleuse bekannt. Es handelt sich dabei um ein Spülfeld auf den Flurstücken 1352/1, 2220/3 und 2605/2 der Gemarkung Allermöhe an der Straße Randersweide, nördlich der Krapphofschleuse.
Ohne  konkrete  Ortslage  sind  darüber  hinaus  zwei  Schlammgruben  im  Zusammenhang mit den Bohrungen Reitbrook 7 (gebohrt 1938) und Reitbrook 18 (gebohrt 1939) bekannt.  
      b.    In welchem Zeitraum wurden diese Flächen genutzt?
Die Nutzung des Spülfeldes Krapphofschleuse erfolgte ab 1937 bis zum Jahr 2015. Bei den beiden anderen genannten Flächen ist davon auszugehen, dass diese nur während der Bohrphase genutzt wurden.
      c.    Welche Bohrschlammmengen wurden auf diese Flächen verbracht? Bitte nach Flächen aufschlüsseln.
Eine volumetrische Mengenerfassung erfolgte nicht.
      d.     Welche Sanierungsmaßnahmen wurden durchgeführt? Bitte mit Sanierungsfläche, Ziel und Jahr der Sanierung aufführen.
      e.    Sind  seitens der Freien und Hansestadt Hamburg noch Sanierungsmaßnahmen geplant?  
      Wenn ja: welche, wann und wo?

Derzeit werden durch den Betreiber die Maßnahmen für die endgültige Stilllegung der Schlammgrube an der Krapphofschleuse geplant. Die beiden übrigen genannten Schlammgruben wurden im Jahr 1947 beseitigt.  
      f.      Wurde im Umkreis der Bohrschlammgruben beziehungsweise  Verdachtsflächen geprüft, ob es eine erhöhte Anzahl von Krebserkrankungen gibt?
              i.  Wenn ja: mit welchem Ergebnis?
              ii. Wenn nein: warum nicht?

Grundsätzlich kann anhand des Aktenbestands nicht so weit zurückgeforscht werden. Daneben kann aber auch wegen der fehlenden Eingrenzbarkeit des Untersuchungsgegenstandes hierzu keine Aussage getroffen werden.
      Wenn nein:
      g.    Wie erklärt sich der Senat, dass es laut Kartenserver des LBEG mehrere Verdachtsfälle auf Bohrschlammgruben direkt an der Landesgrenze zu Niedersachsen im Landkreis Harburg gibt, nicht jedoch auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg?

Es  handelt  sich  hierbei  um  ein  Untersuchungsprogramm  des  Landes  Niedersachsen unter Federführung des Niedersächsischen Umweltministeriums.

2.    Seit wann kann die Verbringung der Bohrschlämme aus Bohrungen auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg mit Menge und Zielort nachvollzogen werden?
Zu  Mengen und Zielort von Bohrschlammverbringungen liegen keine Informationen vor.

3.     Welche Anhaltspunkte zur Verbringung der Bohrschlämme vor diesem Zeitpunkt hat die Behörde und welche Bohrschlammmenge ist hiervon betroffen?
Hierzu liegen keine Informationen vor.

4.    Gibt oder gab es Untersuchungen über den Verbleib dieser Mengen?  
      Wenn ja:
      a.    Welche und mit welchem Ergebnis?

Nein.

5.    Welche Mengen Bohrschlämme sind in den letzten zehn Jahren bei Förderaktivitäten auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg angefallen und auf welche Deponien wurden diese verbracht? Bitte nach Jahren, Menge und Deponie aufschlüsseln.

6.    Welche Kapazitäten für die Verbringung von Bohrschlämmen stehen auf den Deponien zur weiteren Verbringung zur Verfügung?

7.    Bei der Drehspülbohrung GH2 (Harburg, Sinstorfer Weg), die seit 1962 in Betrieb ist, wurden nach Aussage von Anwohnern/-innen Bohrschlämme auf dem Gebiet der Bohrung verbracht und später mit einer mehrere Meter dicken Deckschicht aufgeschüttet.
      a.    Welche Informationen liegen dem Senat bezüglich der Verbringung der bei GH2 angefallenen Bohrschlämme vor?
      b.    Wurden Untersuchungen zur Bodenkontamination an der Bohrstelle vorgenommen?
            Wenn ja:
            i.  Von wem wurden die Untersuchungen wann, mit welcher Methode und mit welchem Ergebnis durchgeführt?

Hierzu liegen keine Informationen vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 2.

8.    Spielt die Frage der Entsorgung von Bohrschlämmen bei der Bewertung der Förderung von Kohlenwasserstoffen durch Fracking und eine damit verbundene stärkere Förderung von Kohlenwasserstoffen für den Senat und dessen Position zum geplanten Fracking-Gesetzespaket eine Rolle?
      Wenn ja: welche?

Der Senat hat sich damit noch nicht befasst.