Nicht alles, wo Wasserstoff draufsteht, ist klimaneutral

Neuste Forschungsergebnisse zeigen, dass auch Wasserstoff ein Treibhauspotenzial hat, das demnach doppelt so hoch ist, wie bisher vermutet. Nun ist der Einsatz grünen Wasserstoffs für das Erreichen der Klimaziele zwingend und der Aufbau einer dafür notwendigen Wasserstoffproduktion alternativlos (ja, tatsächlich), aber die Frage steht im Raum, wie mit den Erkenntnissen über den möglichen Einfluss von molekularem Wasserstoff auf das Klima umgegangen wird. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? – Das sollte der Senat auf meine Anfrage „Klimaschädigung durch Emission von Wasserstoff“ (Drs. 22/8776) beantworten.

  • Die Schriftliche Kleine Anfrage „Klimaschädigung durch Emission von Wasserstoff“ (Drs. 22/8776) ist hier als PDF online.

Der Senat macht in seiner Antwort jedoch überraschend klar, dass ihm die drei Affen („nichts sehen“, „nichts hören“, „nichts sagen“) da näher sind als zeitiges Handeln. Der senatsseitige Verweis auf das Fehlen von Wasserstoff im Kyoto-Protokoll (das 20 Jahre alt ist) und in der Berichterstattung des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) greift für eine frühzeitige Reaktion zu kurz. Jetzt werden die Produktionsstätten und Wasserstoffnetze geplant und müssten frühzeitig den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst werden. Das Wegducken vor aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen wird nicht dauerhaft vor der Realität schützen.

Die Antwort auf meine Frage nach den erwarteten Leckagen im geplanten Wasserstoffnetz der Stadt verblüfft: Demnach wäre das Wasserstoffnetz in Hamburg das vermutlich erste Pipelinenetz, aus dem es keine Leckage gibt. Allerdings relativiert der Senat die Leckagelosigkeit dann, indem er auf Freisetzungen über Dichtungen hinweist, diese aber nicht beziffert. Die Unterscheidung des Senats in die nicht leckenden Stahlleitungen und die leckenden Dichtungen in den Rohren, Armaturen oder Behältern ist schon sehr speziell. Ungenau wird es aber auch bei der Frage, ob das alte Erdgasnetz zukünftig für den Wasserstofftransport eingesetzt werden soll, wodurch mit höheren Wasserstoffleckagen zu rechnen wäre. Hier sagt der Senat, anders als Gasnetz Hamburg, dass das Wasserstoffnetz ein vollständiger Neubau sein wird. Etwas genauer ist die Angabe, dass bei der Wasserstofferzeugung mit etwa ein Prozent Freisetzung gerechnet wird.

Alles in allem geht der Senat sehr blauäugig in das neue Wasserstoffzeitalter. Mehr Vorsorge wäre dringend angebracht. Eine längere Bewertung zum Thema der Klimaauswirkungen von Wasserstofffreisetzungen hat der Hamburger Energietisch (HET) auf seinen Internetseiten veröffentlicht.