Schriftliche Kleine Anfrage DVB-T2-Emfang

Stephan Jersch

Die Versteigerung von Funkfrequenzen brachte dem Bund 2015 insgesamt eine Summe von knapp 5,1 Milliarden Euro ein. Dabei sollten die Erlöse aus den 700-MHz-Frequenzen und des 1500-MHz-Bandes zwischen Bund und Ländern geteilt und in den Breitbandausbau gesteckt werden. Dazu gehört, dass von der terrestrischen digitalen Radio- und TV-Übertragung DVB-T (700 MHz) auf DVB-T2 (470 und 690 MHz) gewechselt wird.

Die Versteigerung von Funkfrequenzen brachte dem Bund 2015 insgesamt eine Summe von knapp 5,1 Milliarden Euro ein. Dabei sollten die Erlöse aus den 700-MHz-Frequenzen und des 1500-MHz-Bandes zwischen Bund und Ländern geteilt und in den Breitbandausbau gesteckt werden. Dazu gehört, dass von der terrestrischen digitalen Radio- und TV-Übertragung DVB-T (700 MHz) auf DVB-T2 (470 und 690 MHz) gewechselt wird.

DVB-T2 geht unter anderem in Hamburg als erstem Gebiet an den Start. Ab Frühjahr 2017 wird die neue Übertragungstechnik auch für den terrestrischen Empfang HD-Bildqualität ermöglichen. Grundsätzlich ist es natürlich zu begrüßen, wenn im Medienbereich die (Bild-)Qualität und das Leistungsvermögen steigen. Der Umstieg auf DVB-T2 bedeutet jedoch auch, dass die bisher frei empfangbaren Privatsender nur noch verschlüsselt und gegen Gebühr zu empfangen sein werden.

Neben dem Aspekt, dass auch dies wieder die Bedeutung des  öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems deutlich macht, der zumindest eine rudimentäre Berücksichtigung des sozialen Aspekts bei der Rundfunkgebührenpflicht hat, heißt die Einführung für alle Nutzerinnen und Nutzer des terrestrischen Fernsehsignals, dass für den Empfang aller privaten Fernsehprogramme monatliche Gebühren anfallen. Außerdem muss entweder ein neues TV-Gerät mit einem integrierten DVB-T2-Receiver, ein neuer DVB-T2-Empfänger oder ein Entschlüsselungsmodul neu angeschafft werden.

Auch wenn für die Monatsgebühr zum Empfang der Privatsender „nur“ ein mittlerer einstelliger Eurobetrag im Gespräch ist, wird es Menschen geben, die sich dies nicht leisten können. Gleichzeitig werden die Privatsender mit den Mehreinnahmen noch stärker in die Konkurrenz um Senderechte mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten treten und Angebote damit nicht mehr frei empfangbar beziehungsweise aufgrund gesetzlicher Vorgaben nur sehr eingeschränkt im öffentlich-rechtlichen Bereich verfügbar sein.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:


Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Norddeutschen Rundfunks (NDR), des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF), der Media Broadcast GmbH und der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) wie folgt:

1.     Wie viele Personen in Hamburg empfangen ihr Fernsehprogramm ausschließlich über das terrestrische Sendesignal (derzeit DVB-T)?

Hierzu liegen unterschiedliche Zahlen vor:  

Auf Basis des Digitalisierungsberichts 2015 der Landesmedienanstalten nutzen in Hamburg und Schleswig-Holstein 443.000 TV-Haushalte DVB-T als Empfangsweg, davon 348.000 TV-Haushalte am ersten/einzigen TV-Gerät, die anderen Haushalte als Zweitweg. Ergebnisse, die sich ausschließlich auf Hamburg beziehen, werden erstmals mit dem Digitalisierungsbericht 2016 Ende August 2016 vorliegen. Nach Angaben der MA HSH zeigen die Untersuchungen der vergangenen Jahre, dass der prozentuale Anteil der Nutzung in HH bei etwa 20 Prozent liegen dürfte, in SH bei circa 15 Prozent. Gemäß einer Hochrechnung der MA HSH ergibt sich damit eine Zahl von 135.000 exklusiven DVB-T-Haushalten in Hamburg. Nach Angaben des NDR, die auf der Basis des AGF/GfK Fernsehpanels beruhen, sehen in Hamburg derzeit circa 73.000 Haushalte ihre Fernsehprogramme exklusiv über DVB-T.

2.    Ist die DVB-T2-Sendeleistung und damit die vorhandene Antennentechnik für den Empfang in allen Bereichen der Freien und Hansestadt Hamburg ausreichend oder wird es, zumindest in Teilbereichen der Stadt, die Notwendigkeit zur Anschaffung leistungsstärkerer Antennentechnik geben?
      Wenn ja: Wo ist das zu erwarten und wie viele Menschen sind davon betroffen?


Gegenüber DVB-T ändert sich das Empfangsgebiet grundsätzlich nicht. Die Antennentechnik kann von den Zuschauern in aller Regel weiter genutzt werden. Die individuelle Empfangssituation kann jedoch geringfügig von DVB-T abweichen, da unter anderem andere Frequenzen verwendet werden. Es kann vereinzelt erforderlich sein, bestehende Antennen anders zu positionieren.

3.     Welche Mittel stehen Transferleistungsempfängern für den Erwerb der für den DVB-T2-Empfang erforderlichen neuen Empfangstechnik zur Verfügung?

Für den Erwerb der für den DVB-T2-Empfang erforderlichen neuen Empfangstechnik steht Transferleistungsbeziehern kein konkreter Betrag zur Verfügung. Grundsätzlich sind im Regelsatz Verbrauchspositionen zu audiovisuellen, fotografischen und informationsverarbeitenden Geräten enthalten. Im Rahmen der Dispositionsfreiheit entscheiden die Leistungsberechtigten eigenständig, ob sie bei einem auftretenden Bedarf die Kosten hieraus tragen wollen.

4.    Welche Auswirkungen hat die Umstellung auf DVB-T2 für die bisher diesen Empfangsweg nutzenden Hamburgerinnen und Hamburger? Rechnet der Senat mit einer Reduzierung Empfängerinnen und Empfänger?
      Und wenn ja: warum?


Eine Prognose, wie die Zuschauer auf den Systemwechsel von DVB-T auf DVB-T2 reagieren, ist schwer möglich. Möglicherweise werden bestehende DVB-T-Zuschauer den Verbreitungsweg wechseln. Die zuständige Behörde nimmt an, dass ein großer Teil der DVB-T-Nutzer auch DVB-T2 nutzen wird, da die heutigen DVB-T-Haushalte entweder aufgrund der Nichtnutzbarkeit anderer Verbreitungswege (zum Beispiel Satellit) oder aus Kostengründen DVB-T als Verbreitungsweg gewählt haben. Zudem erscheint es auch umgekehrt möglich, dass wegen des weiterhin vergleichsweise günstigen Preisniveaus von DVB-T2 und der nunmehr besseren Qualität und höheren Programmzahl Zuschauer von anderen Verbreitungswegen zu DVB-T2 wechseln werden.

5.    Welche Auswirkung hat die mit der DVB-T2-Umstellung beginnende Umstellung der Privatprogramme auf ein Pay-TV-Angebot für die Meinungsvielfalt in Hamburg?

Negative Auswirkungen auf die Meinungsvielfalt werden aus Sicht der zuständigen Behörde nicht erwartet. Die privaten HD-Programme können nach einer Probephase gegen ein monatliches Zugangsentgelt (ohne Vertragsbindung) im mittleren einstelligen Eurobereich empfangen werden. Die meisten privaten Programme werden zwar verschlüsselt übertragen, allerdings ist sowohl das von den öffentlich-rechtlichen Veranstaltern als auch das über den Plattformbetreiber freenet TV angebotene Programmbouquet mit zukünftig insgesamt rund 40 Programmen deutlich umfangreicher als in der Vergangenheit. Dadurch wird die Meinungsvielfalt potenziell erhöht. Auch bei den anderen Übertragungswegen wie Kabel, Satellit können die HD-Programme nur gegen ein entsprechendes Bereitstellungsentgelt empfangen werden.

6.    Wie viele der derzeit auf DVB-T angewiesenen Haushalte werden sich die für DVB-T2 notwendige Empfangstechnik nicht leisten können?

7.    Wie viele der derzeit die Privatprogramme über DVB-T beziehenden Haushalte werden sich die Umstellung auf ein Bezahlangebot nicht leisten können?


Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Daten vor.

8.   Wird der Senat sich für Maßnahmen einsetzen, mit denen Rundfunkbeitragszahlerinnen und -zahler angesichts der zusätzlichen Kosten und der Einschränkung der im Rahmen des Rundfunkbeitrags frei empfangbaren Programme kostenmäßig entlastet werden?
     Wenn ja: wie?
     Wenn nein: warum nicht?


Die zuständige Behörde hat sich mit dieser Thematik bisher nicht befasst.

9.   Sieht der Senat durch die Umstellung auf DVB-T2 und die damit für die Endkunden anfallende Kosten Auswirkungen auf die Informationspflicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems?

Soweit hier die allgemeine Informationspflicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gemeint ist, sieht die zuständige Behörde keine Auswirkungen durch die Umstellung. Es bleibt bei dem aus Artikel 5 GG folgenden umfassenden Grundversorgungsauftrag im dualen System.

Sollte sich die Frage auf eine konkrete Informationspflicht hinsichtlich der Systemumstellung beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass keine entsprechende rechtliche Verpflichtung zur Information für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten besteht. Nach Angaben des NDR wird dieser aber mit einer eigenen Informationskampagne die Zuschauer umfassend informieren. So wurde zum Beispiel bereits eine Hotline für Anfragen eingerichtet. Das ZDF hat mitgeteilt, sowohl über Trailer als auch im Wege der Berichterstattung im ZDF-Programm über den Umstieg zu berichten. Zudem betreiben ARD, ZDF und die privaten Sender ein gemeinsames Projektbüro, welches bundesweite Kommunikationsmaßnahmen organisiert, um Verbraucher und Fachhandel rechtzeitig und umfänglich über den bevorstehenden Umstieg zu informieren.