Aktuelle Stunde - Linke zu Naturschutz und Senatspolitik

In der Bürgerschaftssitzung am 29. Juni 2022 befasste sich die das Parlament in der "Aktuellen Stunde" mit dem Thema "Grüner Meilenstein für den Naturschutz: Hamburg knackt das 10-Prozent-Ziel". Stephan Jersch nahm in der Debatte Stellung:

Hier die Rede im Wortlaut:

Aktuelle Stunde
Grüner Meilenstein für den Naturschutz: Hamburg knackt das 10-Prozent-Ziel

Stephan Jersch DIE LINKE:

Herr Präsident, meine Damen und Herren! 10 Pro-
zent Naturschutzgebietsfläche in Hamburg, das ist
ein gutes Ding. Sie sind gesichert, der Kollege Lo-
renzen hat es mit anderen Worten auch beschrie-
ben, gegen den Versiegelungswahn, der in dieser
Stadt nach wie vor herrscht. Aber diese Entwick-
lung ist nicht widerspruchsfrei. Mehr als vier Fünftel
der Naturschutzgebietsfläche liegen in nur drei Be-
zirken in dieser Stadt, in Mitte Altona und Nord be-
wegt sich seit Jahren an neuen Ausweisungen
überhaupt nichts. Dazu kann ich dann nur sagen:
Umweltgerechtigkeit für die gesamte Stadt geht an-
ders.
(Beifall bei der LINKEN)

10 Prozent Naturschutzgebiete ersetzen keine
nachhaltige Flächenpolitik, sie sind keine nachhalti-
ge Stadtentwicklung an sich. Die Versiegelung in
Hamburg geht ungebremst weiter, und nach den
10 Prozent Naturschutzgebieten in Hamburg müs-
sen wir jetzt die 0 Prozent erreichen. Die Null, Net-
to-Null bei der Versiegelung in Hamburg, das ist
das nächste umweltpolitische Ziel in dieser Rich-
tung.
(Beifall bei der LINKEN)

Und wenn hier der Kompromiss mit der Volksinitiati-
ve "Hamburgs Grün erhalten" erwähnt wird, dann
kann ich sagen: Dieser Kompromiss hat viel zu vie-
le Hintertüren, liefert viel zu viel Spielraum. Die Ver-
siegelungsquote ist nach wie vor hoch, und wir
brauchen jetzt, auch wenn der Herr Senator auf die
Landschaftsschutzgebiete und den Biotopverbund
verweist, auch einen effektiven Schutz für die Land-
schaftsschutzgebiete, damit auch sie gesichert sind
und nicht über die Landkarte hin- und hergescho-
ben werden, gerade dort, wo ein Bagger sich neu
platzieren will.

0 Prozent Versiegelung, Netto-Versiegelung, das
wäre das, was ein deutliches Zeichen für einen Pa-
radigmenwechsel in dieser Stadt bedeuten würde.
Es ist ein völlig falsches Zeichen, jetzt die Volksiniti-
ative "Rettet Hamburgs Grün – Klimaschutz jetzt!"
vor das Verfassungsgericht zu schleifen.
(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf

SPD: Da gibt es ein Gesetz, da können Sie
nicht anders!)

Der Senat spaltet diese Stadt. Er spaltet die Stadt
in Naturschutzgebiete und Bauerwartungsland. Das
ist keine nachhaltige Umweltpolitik.
(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage, Naturschutzgebiete sind wichtig, aber ei-
ne ganzheitliche Betrachtung ist deutlich zukunfts-
fähiger. Das heißt, wir brauchen unter dem Stich-
wort Umweltgerechtigkeit einen Versiegelungs-
stopp, wir brauchen breit gestreute Grünflächen in
Hamburg in allen Quartieren, und wir brauchen das
vom Kollegen Lorenzen angesprochene und immer
noch nicht sichtbare Entsiegelungsprogramm.
(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen eine Partizipation der Bürgerinnen
und Bürger und vor allen Dingen, wir brauchen ein
verantwortungsvolles Umgehen mit den Natur-
schutzgebieten. Dazu passt zum Beispiel nicht, an
den Boberger Niederungen ein Wahnsinnsprojekt
wie Oberbillwerder hinzustellen. – Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Christel Olden-
burg SPD: Falsch, ganz falsch!)