Der Politik die Ministererlaubnis aus der Hand zu schlagen heißt zu Entsolidarisieren

Der Politik die Ministererlaubnis aus der Hand zu schlagen, heißt zu entsolidarisieren

Stephan Jersch

Die Abschaffung der Ministererlaubnis im Fusi­onsverfahren. Das EDEKA-Tengelmann-Kaiser's-Drama liefert weitere Evidenz - Hamburg muss Wettbewerb schützen

Rede am 13.10.2016 in der Bürgerschaft zum Antrag der AfD, die Ministererlaubnis abzuschaffen.

Stephan Jersch DIE LINKE:

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe in letzter Zeit selten so viel Gewerkschaftsbashing gehört wie heute von dieser Neuunternehmerpartei am Rechtsaußenrand dieses Parlaments.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit offenbart sie doch, wes Geistes Kind sie wirklich ist. Wettbewerb ist Bestandteil unserer Marktwirtschaft und es gibt Regulative, die diesen Wettbewerb auch sozial ausgleichen sollen.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Dazu gehören in der Tat das Kartellamt und die Monopolkommission, aber es ist auch richtig, dass man eine soziale Gemeinschaft nicht nur mit betriebswirtschaftlichen Parametern steuern kann. Es gibt andere Dinge. Es gibt mehr Farbtöne zwischen Schwarz und Weiß, als sich zumindest am rechten Rand manch einer vorstellen kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Kollege Schmidt hat es bereits gesagt. Es gab 22 Anträge für eine Ministererlaubnis, nur 9 sind genehmigt worden und die meisten davon auch nur teilweise beziehungsweise unter Auflagen.

Da muss man einmal die Kirche im Dorf lassen. In­sofern ist es für uns völlig klar, dass wir eine Minis­tererlaubnis - und der Kollege Müller ist darauf schon ein bisschen eingegangen - als zumindest zweitbestes Instrument in dieser Republik zum Aus­gleich verschiedenster Interessen brauchen.

Wenn ich sehe, dass die AfD mit ihrem Antrag ein solch wichtiges Instrument, mit dem wir auch sozia­le Gerechtigkeit, soziale Aspekte in Wirtschaftsthe­men einbringen können, der Politik aus der Hand schlagen will, dann führt das letztendlich zu einer Entsozialisierung unserer Gesellschaft. Und das ist, glaube ich, auch Sinn und Zweck ihres Daseins.

(Beifall bei der LINKEN)

Wirtschaftspolitik, und da ist die Ministererlaubnis ein sehr zentrales Thema, braucht aber auch weni­ger Hinterzimmerpolitik. Wirtschaftsminister Gabriel hat an dieser Stelle vielleicht das eine oder andere falsch gemacht. Das mag man einmal dahingestellt sein lassen. Sein Doing war an mancher Stelle schwach. Und nichtsdestotrotz ist diese Entschei­dung richtig und es ist gut, dass sie so getroffen worden ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Um auf den Kollegen Müller einzugehen, auch wir sind durchaus der Meinung, dass es eine stärkere Einbeziehung der Parlamente in solche Entschei­dungen geben muss, und ich denke, zur Weiterent­wicklung dieses Instrumentes in eine völlig andere Richtung, als die AfD dies haben will, sollten wir uns zusammen an einen Tisch setzen, denn dass das Instrument gut ist, sehen wir an den Erfahrun­gen. Und ich denke, daran können wir Weiterarbei­ten, ohne uns weiter mit solchen rechtsaußenpopu­listischen Vorstellungen beschäftigen zu müssen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei Farid Müller GRÜNE und Dr. Monika Schaal SPD)