In Billbrook merkt man nichts von nachhaltiger Flächenplanung

In Billbrook merkt man nichts von nachhaltiger Flächenplanung

Stephan Jersch

Redebeitrag zum CDU-Antrag »Die Zukunft des Industrie- und Gewerbegebiets Billbrook...«

Bürgerschaftssitzung am 18. Januar 2017

Stephan Jersch DIE LINKE: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich komme öfter durch das Industriegebiet Billbrook/Rothenburgsort, und es bietet sich dort in der Tat ein trauriger Anblick. Insofern benennt der CDU-Antrag viel Richtiges. Wenn man die Regierungskoalition bei ihren zukunftsfähigen Investitionen beobachtet, dann stellt sich meistens nicht die Frage, ob dort etwas fehlt, sondern was dort fehlt. Das Handlungskonzept ist im Frühjahr 2015 beauftragt worden und liegt immer noch nicht vor. Die Internetseiten des Projekts geben dazu keine weiteren Informationen. Das ist ein bisschen wenig für ein solch groß aufgesetztes Projekt für ein zentrales Industriegebiet. Beim Start des Handlungskonzepts ist deutlich geworden, dass die Handlungsmöglichkeiten relativ gering sind. Wenig Flächen, wenn nicht fast gar keine in diesem Gebiet gehören der Stadt, Planungsmöglichkeiten gibt es de facto nicht wirklich, und insofern wird es natürlich interessant sein, was passiert. Wenn in einer Großen Anfrage der GRÜNEN in der letzten Legislaturperiode die Frage formuliert wurde, ob der Senat eine nachhaltige Flächenpolitik habe, und wenn ja, warum es keiner merke, dann muss ich sagen, trifft das im Moment auf den Status für Billbrook voll und ganz zu.

(Beifall bei der LINKEN)

Flächenvergeudung in der Stadt – darauf werden wir im Rahmen des Flächenrecyclings später zurückkommen – hat eine lange Tradition und ich sehe im Moment nicht, wo diesbezüglich in Billbrook die Wende passiert. Aber bei der digitalen Ausbaustrategie des Senats sind ein besonderes Thema die weinenden Augen, die man bekommt, wenn man in den Breitbandatlas für das Industriegebiet guckt. 30 MBit/s sind in zentralen Bereichen dieses Industriegebiets für 0 bis 50 Prozent der Flächen verfügbar. 30 MBit/s sind der Stand von vorgestern. Ich denke, da müssen wir in der Tat sehr schnell handeln, und da ist die Stadt wirklich auf einem rückständigen Weg, sodass ich beim besten Willen nicht weiß – ich habe bisher zu dem Thema noch nichts gehört –, wie man da schnell weiterkommen will.

Aber noch einmal zum CDU-Antrag. Was will die CDU? Warum werden wir diesem Antrag zwar für die Überweisung, aber nicht in Gänze zustimmen? Es ist das Verramschen von Schienenstrecken, das Verramschen von Kanälen, die nicht mehr schiffbar sind. Und dann ist es eine Frage zum ÖPNV, die letztendlich nur kaschiert, dass Sie mehr Parkplätze in diesem Gebiet haben wollen.

Meine Anfrage im April 2016 hat der Senat damit beantwortet, dass es 60 Kilometer Schienenverbindung in diesem Industriegebiet gebe. Davon sind bis zum letzten Jahr 15 Kilometer stillgelegt worden. 6,5 Kilometer waren betrieblich gesperrt und für 9 Kilometer war die Stilllegung beantragt. 18 Betriebe haben dort Gleisanschlüsse. Der Senat hat sich damals erdreistet, mit einem Textbaustein zu antworten: Er, der Senat unterstütze den Verkehrsträger Schiene und setze sich für dessen Stärkung ein. Das ist gelinde gesagt ein Textbaustein von vorgestern, der augenscheinlich fälschlich in die Antwort hineingerutscht ist. Stattdessen sollten sich die Senatoren Horch und Kerstan vielleicht bei der nächsten Streckenstilllegung mit einer Flex am Gleis fotografieren lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Um das Fazit zu ziehen: Die Beauftragung des Handlungskonzepts im Frühjahr 2015 und das bisher vorgelegte Ergebnis, nämlich keins, ist für die sechs Handlungsfelder natürlich ein bisschen wenig Output. Hier muss in der Tat schnell und auch im Wirtschaftsausschuss berichtet werden. Es muss etwas in Billbrook passieren, und zwar nachhaltig, denn Nachhaltigkeit besteht aus mehr als nur der Flächeneffizienz. Das, was bisher geliefert worden ist, ist zu wenig.

Nun aber zum CDU-Antrag: Sie haben die Punkte richtig benannt, aber im Dunkeln sind Sie anscheinend statt in die Zukunft des Industriegebiets in das Gestern der Industriepolitik abgeglitten. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)