Rot-Grün musste zur Ermöglichung bezirklicher Transparenz getrieben werden

Stephan Jersch

Rede gehalten in Sitzung 4/22 der Hamburgischen Bürgerschaft am 6.5.2020, TOP 24 -- Arbeitsfähige Bezirksversammlungen in Zeiten von Corona - Antrag der GRÜNEN und SPD-Fraktion - (Drucksache 22/124 2. Neuf.) und Öffentlichkeit der Bezirksgremien - Antrag der Fraktion DIE LINKE - (Drucksache 22/116)

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Teil 1

Teil 2

Die Rede von Stephan Jersch (Fraktion DIE LINKE) im Wortlaut:

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit Mitte März sind ungefähr 150 Sitzungen bezirklicher Gremien aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallen. Der Rest der Sitzungen hat, mit zwei Ausnahmen, ohne Öffentlichkeit, zuletzt allerdings wieder mit Presse stattgefunden. Parlamente sollen repräsentieren, es ist eine repräsentative Demokratie. Aber wie anders manifestiert sich Repräsentanz als durch die Möglichkeit der Öffentlichkeit, zu sehen, was dort passiert?

Nachdem sieben Bezirke eineinhalb Monate lang überlegt haben, was sie tun können, teilweise mit Kommentaren, die eigentlich völlig unverständlich sind, und mit Ausnahme von anderthalb Bezirken nichts wirklich dabei herausgekommen ist in dieser Sache, haben wir uns gesagt, wir, die Bürgerschaft, die ja dafür gesorgt hat, dass die Bezirke in diesem Zustand sind, dass sie es nicht schaffen, eine eigene Regelung zu manifestieren, wir müssen dafür sorgen, dass hier eine Unterstützung der Bezirke stattfindet.

(Beifall)

Wenn man sich die Verhinderungsargumente angehört hat, dann ist völlig klar: Da war keine große Liebe bei der Sache. Das ging hin bis zu einem Kommentar eines Bezirksamtsleiters, der keine positive Leidenschaft für das Thema empfand. Das macht klar, wie dringlich es ist, den Bezirken jetzt die Möglichkeit an die Hand zu geben, mit modernen Techniken Öffentlichkeit wiederherzustellen, aus der Schockstarre der Intransparenz wieder herauszukommen. Insofern ist der Antrag von Rot- Grün, die zweite Neufassung, dann ja auch tatsächlich ein Ansatz - der erstaunlich lange gedauert hat, Kollege Schmitt hat eine Erklärung dafür geliefert, für den Rot-Grün aber auch wirklich getrieben werden musste.

(Zuruf)

Hier ist keine eigene Initiative erfolgt. Nach den Kommentaren, die wir aus den Bezirksversammlungen bekommen, ist "Bremse" dort sozusagen als zweiter Vorname für Rot-Grün verteilt worden.

(Beifall)

Der Verweis auf ALLRIS in Ihrem Antrag ist Wunschwelt. Die Bezirke sind personell schon so ausgeblutet, dass sie dort Monate - teilweise mehr als ein halbes Jahr - auf Protokolle warten müssen, bis ein Ergebnis bekommt. Das ist der Zustand in den Bezirken.

Die zeitliche Begrenzung, die Sie für diese Transparenzregelung einführen, finde ich insofern interessant, als wir von der LINKEN eine zeitliche Begrenzung für die Ausnahmeregelungen gefordert haben, die Sie uns verweigert haben. Hier geht es um mehr Transparenz, und Sie machen eine zeitli-ehe Begrenzung in Ihrem Vorschlag. Das finde ich wirklich zumindest merkwürdig.

(Beifall)

Insofern ist der Antrag von Rot-Grün von den drei vorliegenden Anträgen in der Tat der schwächste.
Letztendlich ist es doch so, dass wir wieder Bezirke brauchen, die breiter aufgestellt sind. Wenn ein Bezirk mit privatem Equipment seine Sitzung streamt - einer, mit privatem Equipment -, dann wissen wir, dass die Unterstützung notwendig ist. Und da hätte der SPD-GRÜNEN-Antrag durchaus konkreter werden können, was die finanziellen Mittel angeht, da ist er wirklich zu allgemein. Wir fordern finanzielle Unterstützung für Equipment, für die Finanzierung von Ausweichräumen und für die personelle Stärkung der Bezirke im IT-Bereich, wenn wir feststellen, wir sind in der Digitalisierung. Das ist notwendig, das fordern wir.

(Beifall)

Was wir nicht brauchen, sind Allgemeinplätze, Ablaufdaten in Transparenzregeln und Videokonferenzen, die ausnahmslos laut Gesetzestext nicht öffentlich sein werden. Und auch wenn der rot-grüne Antrag in die richtige Richtung weist, er wurde von links getrieben. Unser Antrag ist besser, und deswegen werbe ich für die Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke.

(Beifall)

Stephan Jersch DIE LINKE:
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das reizt mich jetzt doch noch einmal, was Kollegin Gallina hier gesagt hat, zu kommentieren. Dazu muss ich ganz klar sagen: Evaluation ist immer gut. Das würde ich an anderer Stelle auch gern für andere Sachen haben in diesem Hause. Nichtsdestotrotz, Evaluation und ein Verfallsdatum für eine Regelung sind keine siamesischen Zwillinge. Man kann, wenn die Evaluation dann bestätigt, dass es gut ist oder schlecht ist, noch einmal an die Änderung gehen.

Aber man hat eine Rechtssicherheit von dem, was darin ist. In diesem Sinne fände ich sehr positiv, ohne Verfall festzuschreiben, was Transparenzmöglichkeiten in den Bezirken erhöht, und das nicht von einer Evaluation abhängig zu machen.

(Beifall)