SKA: Hundegesetz und Rassehundeliste in der FHH

Stephan Jersch

Der Senat meint, es sei ein Erfolg der restriktiven Regelungen, dass gefährliche Hunde nicht häufiger beißen als nicht gefährliche. Er gibt aber zu, dass gelistete Hunde trotz bestandenem Wesenstest beißen. Die Zahl der Beißvorfälle durch gefährliche Hunde scheint aber nicht ohne Weiteres bekannt zu sein, da der Senat sie nicht im Rahmen einer SKA nennen kann. Das stört den Senat jedoch nicht bei seiner Auffassung, das Hamburgische Hundegesetz habe sich bewährt.

Im Übrigen könnten Hamburger Verhältnisse bezüglich der Hundegesetzgebung nicht mit anderen Bundesländern verglichen werden, da Hamburg ein Stadtstaat ist, so die kuriose Begründung des Senats.

 

25. Oktober 2019

 Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 17.10.2019
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/18691 -


Betr.:  Hundegesetz und Rassehundeliste in der FHH

Auch nach dem Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts zur Gefahrerforschungspflicht der Gesetzgeber vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 - I 97 c) 1 gilt in Hamburg, was die sog. Rassenhundeliste betrifft, immer noch eines der schärfsten Hundegesetze.

Andere Bundesländer sind hinsichtlich der Rassehundelisten inzwischen andere Wege gegangen. Zum 1. Januar 2006 wurde die Rasseliste in Mecklenburg-Vorpommern um sieben Rassen (Dogo Argentino, Bordeauxdogge, Fila Brasileiro, Mastiff, Mastín Español, Mastino Napoletano und Tosa Inu) gekürzt. Das Land begründet die Änderung mit dem Gebot zur Überprüfung der Rasseliste, die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 16. März 2004 enthalten ist. Das Urteil sagt aus, dass der Gesetzgeber die weitere Entwicklung zu beobachten hat und prüfen muss, ob die dem Urteil zugrunde liegenden Annahmen (über rassebedingte Gefährlichkeit) sich tatsächlich bestätigen.

Auch in Hessen wurden auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 16. März 2004 Hunderassen von der Rasseliste gestrichen. Niedersachen verabschiedete am 26. Mai 2011 wieder ein Hundegesetz ohne Rasselisten. Auch in Schleswig-Holstein und in Thüringen gibt es keine Rassenlisten mehr.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Welche Konsequenzen zog der jeweilige Senat bei der Evaluierung des Hamburger Hundegesetzes den o.g. Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts? Falls keine Konsequenzen gezogen wurden: Welche Gründe lagen dafür vor?

2.  Warum wurden bei der Evaluierung des Hamburger Hundegesetzes Hunderassen, die im Berichtszeitraum aufgrund der Beißstatistik wenig oder gar nicht in Beißvorfälle verwickelt waren, nicht von der Rasseliste gestrichen

Nach Inkrafttreten des Hamburgischen Hundegesetzes im Jahr 2006 hat eine zweimalige Evaluierung des Hundegesetzes stattgefunden. Da die Erfahrungen gezeigt haben, dass sich das Hundegesetz insgesamt und insbesondere auch im Hinblick auf die besonderen Vorschriften für die gefährlichen Hunde bewährt hat, wurden die restriktiven Regelungen bezüglich der Rasselisten im Rahmen der Evaluierung nicht geändert. Die Beißstatistik der vergangenen Jahre lässt zwar bei den als gefährlich eingestuften Hunden keine im Vergleich zu anderen Hunderassen überproportionale Anzahl von Beißvorfällen erkennen. Dies liegt jedoch weniger an einer potenziell geringen Gefährlichkeit der Hunde, sondern vielmehr an den mit dem Hundegesetz einhergehenden restriktiven Regelungen bezüglich der als gefährlich eingestuften Hunde. Insgesamt lässt sich festhalten, dass es trotz der Leinen- und Maulkorbpflicht bei den in § 2 Absatz 1 des Hundegesetzes gelisteten Rassen zu Beißvorfällen kommt, woraus sich umso mehr die Notwendigkeit der Beibehaltung der sogenannten Rasselisten herleiten lässt. Ebenso verhält es sich mit den in § 2 Absatz 3 des Hundegesetzes gelisteten Rassen. Die Beißstatistik belegt, dass es trotz bestandenem Wesenstest auch bei diesen gelisteten Hunden zu Beißvorfällen kommt, sodass zur Vermeidung weiterer Beißvorfälle die strengen Regelungen beibehalten wurden.

 

3.    Wie begründet der Senat in Bezug auf den Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts zur Gefahrerforschungspflicht der Gesetzgeber ("97 c") den Unterschied zu dem Vorgehen gegenüber den o.g. anderen Bundesländern?

Da Hamburg ein Stadtstaat ist, sind die Regelungen und örtlichen Gegebenheiten in anderen Ländern nicht vergleichbar, sodass ein unterschiedliches Vorgehen gegenüber anderen Bundesländern gerechtfertigt und sinnvoll ist.

 

4.    Wann hat die letzte Evaluation des Hamburger Hundegesetztes hinsichtlich der Rasseliste stattgefunden?

Im Jahr 2012 (siehe Drs. 20/5110).


5.     Welche Konsequenzen haben sich aus der Evaluation ergeben?

Keine. Da die Zahl der registrierten Beißvorfälle über den Betrachtungszeitraum und im Vergleich zur Anzahl der gehaltenen Hunde keinen deutlichen Veränderungen unterworfen war, wurde eine Veränderung der Zuordnungen der in § 2 des Hundegesetzes gelisteten Hunderassen für nicht erforderlich gehalten.


6.     Ist eine weitere Evaluation geplant? Wenn ja: Wann? Wenn nein: Warum nicht?

Nein, da sich das Hamburgische Hundegesetz in seiner Gesamtheit bewährt hat. Die Zahl der registrierten Beißvorfälle hat sich im Vergleich zur Anzahl der gehaltenen Hunde nach wie vor als konstant erwiesen, die Beißvorfälle einzelner Rassen in Bezug zu ihrer jeweiligen Gesamtzahl haben sich nicht signifikant verändert. Eine Veränderung der Zuordnungen der in § 2 des Hundegesetzes gelisteten Hunderassen wird mangels Erforderlichkeit nicht angestrebt.


7.    Wie fließt die jährliche Beißstatistik in die Beurteilung der Rassehundeliste ein? Hat es daraus Konsequenzen gegeben, besonders wenn Tiere nicht auffällig sind?

Die Beißstatistik wird behördlicherseits regelmäßig genau untersucht. Wird festgestellt, dass die als gefährlich im Sinne des Hamburgischen Hundegesetzes eingestuften Hunde nicht auffällig sind, wird dies als Bestätigung dafür gesehen, dass das Hundegesetz Wirkung zeigt. Vor diesem Hintergrund wurde eine Änderung der Rasseliste für nicht notwendig erachtet.


8.    Wie hat sich der Zahl der Haltungen von Hunden der Kategorien 1 und 2 in der FHH entwickelt? Bitte für die letzten fünf Jahre aufzählen.

Das Hamburgische Hundegesetz sieht keine Unterscheidung von Hunden nach Kategorie 1 und 2 vor. Vielmehr unterscheidet das Gesetz nach den gefährlichen Hunden gem. § 2 Abs. 1 und 3 Hundegesetz, bei denen die Gefährlichkeit stets vermutet bzw. vermutet wird, sowie den Hunden gem. § 2 Abs. 2 Hundegesetz, die individuell als gefährlich eingestuft werden.

Die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Hamburgischen Hundegesetzes relevanten Daten werden zentral mit einem EDV-Verfahren im Zentralen Register (Hunderegister) erfasst. Eine manuelle Auswertung der hinterlegten Informationen ist nur mittels Durchsicht Tausender Einzelfallakten möglich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.


9.    Wie hat die durchschnittliche Verweildauer von Hunden der Kategorien 1 und 2 im Tierheim des Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV) entwickelt? Bitte für die letzten fünf Jahre aufzählen.

Die Berechnung der durchschnittlichen Verweildauer einzelner Hunderassen lässt sich mangels Bestehens entsprechender Datensätze nicht ermitteln. Die durchschnittliche Verweildauer sämtlicher auf Veranlassung der Freien und Hansestadt Hamburg in dem Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. untergebrachten Hunde beträgt für das Jahr 2014 77 Tage, für das Jahr 2015 liegt die durchschnittliche Verweildauer bei 96 Tagen, für das Jahr 2016 bei 78 Tagen, für das Jahr 2017 bei 89 Tagen sowie für das Jahr 2018 bei 82 Tagen.

 

¹ "Der Gesetzgeber ist allerdings auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gehalten, die weitere Entwicklung zu beobachten. Dabei geht es hier in erster Linie darum, ob die unterschiedliche Behandlung derer, deren Hunde unter § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG fallen, und derjenigen, bei denen dies nicht der Fall ist, auch in der Zukunft gerechtfertigt ist. Sollte sich bei der Beobachtung und Überprüfung des Beißverhaltens von Hunden ergeben, dass Hunde anderer als der in dieser Vorschrift genannten Rassen im Verhältnis zu ihrer Population bei Beißvorfällen vergleichbar häufig auffällig sind wie Hunde, auf die § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG bisher beschränkt ist, könnte die angegriffene Regelung in ihrer gegenwärtigen Fassung nicht länger aufrechterhalten werden. Sie wäre vielmehr aufzuheben oder auf bisher nicht erfasste Rassen zu erstrecken."