Die Strassenreinigungsgebühren sind 'Sauberkeit aus einer Tasche', der Tasche der Bürger_innen

Die Straßenreinigungsgebühren sind 'Sauberkeit aus einer Tasche', der Tasche der Bürger_innen

Stephan Jersch

Rede zu den Straßenreinigungsgebühren, Aktuelle Stunde in der Bürgerschaft am 31.Mai 2017

Stephan Jersch DIE LINKE: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sauberkeit in der Hansestadt Hamburg ist und bleibt eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsfürsorge. Die Kollegin Sparr hat es angesprochen: Wir haben über das Thema Straßenreinigungsgebühren bereits diskutiert – vor sechs Monaten. Und sie hat richtigerweise festgestellt: Die Drucksache ist noch gar nicht da.

(Farid Müller GRÜNE: Genau! Heiße Luft von der CDU!)

Das heißt, wir reden über Gebührensätze, die Sie Ende November, Anfang Dezember in Ihrer Drucksache eingefordert haben und die bis heute nicht ermittelt worden sind. Das trifft die Kritik des Kollegen Gamm, der festgestellt hat, dass das richtige Vorgehen an dieser Stelle eigentlich gewesen wäre, einmal festzustellen, wo Hamburg über die Maßen dreckig ist

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wissen wir doch schon!)

und welche Ursachen es an diesen Stellen gibt, und dann ursachenbezogen vorzugehen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Was Sie von der Regierungskoalition machen, entspricht bei den Gebühren doch letztendlich dem Motto "Eine geht noch, eine geht noch rein", und zwar zulasten der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU und vereinzelt bei der FDP – Farid Müller GRÜNE: Wartet doch erst mal ab!)

Wenn Frau Dr. Schaal den Eindruck erweckt, dass die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit hätten, irgendetwas am Turnus der Reinigung zu ändern, dann kann ich nur sagen: Das ist nicht mein Verständnis von dem, was wir bisher vorliegen haben. Demnach wird den Bürgerinnen und Bürgern vorgegeben, wie häufig gereinigt werden muss, und  damit sind die Bürgerinnen und Bürger, die zum Beispiel an einer Hauptverkehrsstraße in einer wunderschönen Wohngegend wohnen, die belasteteren Menschen in dieser Stadt, und diejenigen, die ein Einfamilienhaus irgendwo im Hintergrund haben, wo einmal die Woche oder seltener gereinigt wird, werden weniger zur Kasse gebeten. Das kann doch nicht wirklich Ihr Prinzip dieser Straßenreinigungsgebühren sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Besonders schlimm finde ich die sukzessive Abkehr vom Verursacherprinzip, das damit in derFreien und Hansestadt Hamburg weiter voranschreitet. Ich finde überhaupt, dass die Koalition in der Begründung dieses Antrags oder dieser Gebühren extrem unkreativ ist. Ich habe hier schon wesentlich interessantere Begründungen gesehen.

(Dirk Kienscherf SPD: Soll ja auch ehrlich sein und nicht kreativ!)

Die Begründung, das werde fast überall so gemacht, ist wohl eine der eindimensionalsten Begründungen, die ich bisher gehört habe.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der CDU und der FDP)

Zur CDU möchte ich an dieser Stelle anmerken: Ihre Debattenanmeldung ist letztendlich eine Debattenanmeldung, in der Sie die Sauberkeit in der Stadt abhängig von der Kassenlage machen. Wie gesagt, es ist eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsfürsorge, und die hat von der Stadt bezahlt zu werden. Das können Sie nicht von Mehreinnahmen der Steuern abhängig machen.

(Beifall bei der LINKEN – Farid Müller GRÜNE: Da stimmen wir überein!)

Das ist eindeutig zu kurz geschossen. Ich würde schon sagen, dass Sie da eine prinzipiellere Position bräuchten zu dem, was öffentliche Daseinsvorsorge ist und wie das finanziert werden soll.

Nichtsdestotrotz, die Koalition hat damals ihren Antrag überschrieben mit "Sauberkeit aus einer Hand". Ich kann dem, was bisher bekannt geworden ist, eigentlich nur entgegenhalten: Hier wird Politik betrieben nach dem Motto "Sauberkeit aus einer Tasche" – der Tasche der Bürgerinnen und Bürger. Das ist für diese Freie und Hansestadt beim besten Willen keine Politik.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbrechend): Herr Jersch, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sparr?

Stephan Jersch DIE LINKE: Aber natürlich.

Zwischenfrage von Ulrike Sparr GRÜNE: Herr Jersch, wer sollte aus Ihrer Sicht denn für die Sauberkeit in der Stadt aufkommen? Wer, wenn nicht die Bürgerinnen und Bürger, egal ob es sich jetzt um Gebühren oder Steuern handelt?

Stephan Jersch DIE LINKE (fortfahrend): Frau Sparr, das ist genau das, was ich kritisiert habe. Sie haben ja noch nicht einmal festgestellt, woher die Vermüllung in dieser Stadt kommt, wer Verursacherin oder Verursacher dieser Vermüllung ist.

(Farid Müller GRÜNE: Wahrscheinlich wir selbst!)

Ist es zum Beispiel in der Innenstadt der Tourismus? Dann könnte man sich überlegen, über die Tourismustaxe zu gehen. Aber Sie sollten das nicht einfach pauschal auf die Einwohnerinnen und
Einwohner abladen.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbrechend): Herr Jersch, Sie schauen so erwartungsvoll. Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Abgeordneten Sparr?

Stephan Jersch DIE LINKE: Aber natürlich.

Zwischenfrage von Ulrike Sparr GRÜNE: Herr Jersch, plädieren Sie für die Einführung einer Müllpolizei? Sollten wir vielleicht die WasteWatcher mit noch weiteren Befugnissen ausstatten, um dann eben den einzelnen Menschen hinterherzulaufen, die irgendwo etwas haben fallen lassen? Ist das Ihre Sicht auf die Lösung des Problems?

Stephan Jersch DIE LINKE (fortfahrend): Frau Sparr, ich habe die erweiterten Befugnisse der WasteWatcher an keiner Stelle kritisiert. Das ist völlig in Ordnung. Aber dass Sie es als duales System betrachten, auf der einen Seite können sie Ordnungsmaßnahmen verhängen und auf der anderen Seite bezahlen die Bürgerinnen und Bürger sowieso – wo ist denn da die Konsequenz und wo ist die politische Richtung in der Sauberhaltung dieser Stadt? – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Verwandte Nachrichten