Eindüsungen im HKW Wedel

Stephan Jersch

Obwohl die Eindüsung von Schwefeltrioxid(SO3) nicht zu den besten verfügbaren Techniken zur Rauchgasreinigung von Kohlekraftwerken gehört, setzt Vattenfall diese Technik im Heizkraftwerk Wedel ein. Im Abwind des Wedeler Kohlefossils sind wiederholt große, SO3-haltige Partikel niedergegangen und haben Natur und Wohngebiete verschmutzt. Am 01.01.2019 übernimmt Hamburg das Kohlekraftwerk; dabei muss gewährleistet sein, dass das KoKW alle Vorgaben des Bundesimmissionschutzgesetzes einhält. 

13. Juni 2017

Schriftliche Kleine Anfrage

des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 06.06.2017

und Antwort des Senats

- Drucksache 21/9340 -

 


Betr.: Eindüsungen im HKW Wedel


Das KoKW Wedel wird derzeit ertüchtigt, unter anderem um neue Umweltauflagen einzuhalten. Ab 2019 muss wohl ein Staubgrenzwert von 10 mg/m3 erfüllt sein.

Die Firma Vattenfall hat zur Minimierung der Staubwerte am Block 2 des Kohlekraftwerks eine Testanlage zur Eindüsung von Schwefeltrioxid installiert. Zwischen dem 18.11.2015 und dem 10.06.2016 wurde SO3 in den Rauchgaskanal des Blocks 2 eingedüst (vor dem E-Filter). Block 1 verfügt nach Auskunft der zuständigen Kieler Überwachungsbehörde noch nicht über eine SO3-Eindüsung. 

Seit Juli 2016 emittiert das KoKW Wedel regelmäßig große, säurehaltige Partikel, die nachweislich Schwefeltrioxid enthalten.

Die Firma Vattenfall hat die Firma VPC im November 2016 mit umfangreichen Messungen zur Ursachenfindung des Partikelausstoßes beauftragt. Dem Messprotokoll vom 27.02.2017 ist zu entnehmen, dass Schwefelsäureaerosole nachgewiesen als SO3 in Verbindung mit Staub hauptsächlich zur Bildung der Partikel führen. Hinsichtlich des Bildungsmechanismus zeigt sich, dass das im Rauchgas vorhandene SO3 auf den kalten Oberflächen im Gasvorwärmer als Schwefelsäurefilm niederschlägt und mitgerissene Partikel dort agglomerieren. Diese lösen sich beim Aufheizen, gelangen in das Reingas und werden über den Kamin in die Atmosphäre emittiert.

Die Firma Vattenfall hat zwischenzeitlich ein Anzeigeverfahren zum unbefristeten Betrieb einer SO3-Rauchgaskonditionierung durchgeführt. Der Anzeigebescheid erging am 15.02.2017.

Laut Auskunft der Firma Vattenfall ist die Ursache des Partikelausstoßes weiterhin nicht geklärt. Zumindest eine deutliche Minderung muss bis zum 31.08.2017 erfolgen. Die aktive Eindüsung von Schwefeltrioxid ist kein Verfahren, das in den BVT-Merkblättern aufgeführt oder in der derzeitigen Novellierung vorgesehen ist.

Fachleute warnen davor, aktiv SO3 in einen Kraftwerksprozess einzuführen, indem es schon ein SO3-Problem gibt. Zumal das Partikelproblem sich auf den Block 2 eingrenzen lässt, bei dem dieses Verfahren durchgeführt wird. Am 30.03.2017 haben Vertreter der Firma Vattenfall in Wedel die Anwendung dieses Verfahrens bestätigt.

Die Hansestadt Hamburg übernimmt am 01.01.2019 das Kohlekraftwerk in Wedel. Dabei muss gewährleistet sein, dass das KoKW alle Vorgaben des Bundesimmissionschutzgesetzes einhält. 

Ich frage den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH (VWH) und des schleswig-holsteinischen Landesamts für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) wie folgt:

1. Welche Eindüsungen von Schwefeltrioxid liegen am Kraftwerk Wedel vor?

Beschränkt sich die Eindüsung weiterhin auf Block 2? Bitte genaue
Daten angeben.

Schwefeltrioxid (SO3) wird grundsätzlich nicht kontinuierlich eingedüst, sondern nur bei Bedarf. Dies ist der Fall, wenn der natürliche Schwefelgehalt der Kohle so niedrig ist, dass die Staubabscheidung in den E-Filtern zurückgeht. Mittels einer Testanlage wurde erstmals am 18. November 2015 SO3 in den Rauchgaskanal des Blocks 2 eingedüst (vor dem E-Filter). Block 1 verfügt noch nicht über eine SO3-Eindüsung.

Seit dem 10.Juni 2016 war die SO3-Anlage nicht mehr in Betrieb, da seit diesem Tag kein Bedarf für eine entsprechende Rauchgasbehandlung bestand.

Der unbefristete Betrieb einer Anlage zur SO3-Eindüsung in den Rauchgaskanal von Block 1 und Block 2 wurde gemäß § 15 BImSchG am 22. Dezember 2016 der zuständigen Überwachungsbehörde (LLUR SH) angezeigt.

2. Wurden andere Verfahren zur Staubminderung geprüft?

Wenn ja welche? Aus welchem Grund hat sich die Firma Vattenfall für das Eindüsen von SO3 entschieden?

Zunächst ist festzuhalten, dass die sogenannte Rauchgaskonditionierung mit einer kontrollierten Zufuhr von kleinen Mengen SO3 zum Rauchgas ein etabliertes Verfahren zur Optimierung der Staubabscheidung der Elektrofilter in Kohlekraftwerken ist. Der Hersteller der Anlage, die Fa. Pentol, gibt an, in Europa mehr als 100 Rauchgaskonditionierungsanlagen gebaut und in Betrieb genommen zu haben.

Wie in der Antwort zu 1. ausgeführt, erfolgt die SO3-Eindüsung nur bei Bedarf.

Die Optimierung der Staubabscheidung in den E-Filtern wurde im Wesentlichen durch den Einbau neuer Hochspannungsaggregate erreicht. Außerdem wurden zur Staubminderung neue Tuchfilter für die Ascherezirkulationsluft installiert. Somit handelt es sich bei dem Verfahren zur Staubminderung um eine Kombination verschiedener Maßnahmen.