Klimawende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss sozial gestaltet werden

Stephan Jersch

104. Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft am 11. September 2019 - AKTUELLE STUNDE: Klimawoche und Klimastreik: Gemeinsam handeln! Hamburg geht mit Wärmewende und Wasserstoff, Kohleausstieg und Klimafonds voran.

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Stephan Jersch DIE LINKE: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Spä­testens seit den Demonstrationen von "Fridays for Future" sind die Ziele Einhaltung des Pariser Klima­abkommens, das 1,5-Grad-Ziel, allgemein aner­kannt. Es gibt nur noch wenige Kräfte in der Gesell­schaft, die das leugnen wollen. Dennoch, es ist er­staunlich und traurig, werden angesichts diverser Vorschläge immer wieder reflexartig die Finger ge­hoben, was alles nicht gehe. Das ist eine Frage der Diskussion, der gesamtgesellschaftlichen Diskussi­on. Ich habe voll Irritation gelesen, dass die CDU im "Hamburger Abendblatt" schon einmal verkündet hat, was nach ihrer Meinung alles nicht geht, und SPD und GRÜNE haben in der Bürgerschaft bereits kundgetan, dass der Luftverkehr mehr oder weniger tabu sei und sie auf den Ausbau der LNG-Strukturen in Hamburg setzten. Ganz klar kann ich für uns sagen: Die sozial ge­rechte Gestaltung der Energiewende ist für uns ein absolutes Muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn gerade nach dem Abbau der Sozialleistungen unter Rot-Grün in Berlin ist die Gruppe derer, die fi­nanziell einfach nicht mehr belastbar sind in dieser Gesellschaft, erheblich größer geworden. Die so­ziale Spaltung Deutschlands schreitet voran, sie wird nicht weniger, und wir müssen sie aufhalten und wir müssen sie bekämpfen; wir müssen diese Entwicklung zurückdrehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir die Forderungen von "Fridays for Future" an die Bürgerschaft sehen, die sie uns vorgetragen haben, dann können wir eigentlich nur gemeinsam feststellen: Vieles davon ist bereits gerissen wor­den. Wir nehmen die Bevölkerung nicht wirklich mit, Stattdessen wird das zur Stakeholder-Veranstaltung. Die Klimawoche ist ein wichtiger Beitrag, Be­wusstsein zu schaffen, das ist richtig. Aber wir müs­sen es weiter in die Bevölkerung tragen, und das ist kompliziert. Die Parteien sind von "Fridays for Fu­ture" mehr oder weniger damit beauftragt worden, das Bewusstsein der Gesellschaft zu ändern, nur so könne ein Wandel entstehen. Ja, das kann ich nachvollziehen, und ja, das ist auch Aufgabe der Parteien.. Aber nicht nur der Parteien. Denn da kommen auch viele andere Organisationen mit ins Spiel: über die Klimawoche als Veranstaltung, "Fri­days for Future", Extinction Rebellion, BUND und
NABU und wen es sonst alles noch in der Aufga­benstellung Klimaschutz gibt. Diese Organisationen müssen Zusammenarbeiten, und deswegen: Ja, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir hierzu bewältigen haben.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wir haben viele Fragen zu dem, was hier angekün­digt worden ist, zum Beispiel das große Wasser­stoffwerk, das entstehen soll. Die Frage ist, ob die­ser Gigantismus ohne jede Vorbereitung, ohne jede Erfahrung in dieser Größenordnung wirklich der Energiewende guttut oder ob hier einfach nur ein altes Großanlagenmanagerdenken wieder Einzug hält. Ich denke, wir müssen darüber diskutieren: Was ist das Praktikabelste? Können wir nicht an die Basis gehen und im Kleinen arbeiten?

Der 20. September, der Klimastreik, wird zu einem Ausrufezeichen für die Rettung des Klimas; davon gehe ich aus, und ich glaube, davon gehen wir alle aus. Er muss der Ausgangspunkt dafür sein, dass die Verursacher und nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher für diese Klimawende zahlen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und da, liebe Kolleginnen und Kollegen, fehlt ein­deutig noch die Traute, und wir sind bereit, entspre­chend zu schieben.

Die Situationsanalyse teilen wir, glaube ich, letzt­endlich alle. Und ich glaube, wir teilen angesichts der Ist-Zahlen in dieser Stadt auch die Meinung, dass wir mehr wirksame Maßnahmen brauchen statt - und ich stelle fest, was wir im Moment ha­ben - eines Contests um die schönste Klimaüber­schrift in der Tagespresse oder in den Regional­nachrichten. Dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gesamtgesellschaftlich streiten, mit Widersprüchen, aber für das eine Ziel, das Klima zu retten. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dominik Lo­renzen GRÜNE)

Teil 2
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann es, glaube ich, kurz machen zu dem, was vor­ her gesagt worden ist. Eine der Forderungen von "Fridays for Future" war auch, in der Klimadiskussi­on nicht auf Berlin und auf Brüssel zu zeigen, denn darauf können wir nicht warten, wir müssen vor Ort handeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Genau das höre ich hier aus vielen Redebeiträgen heraus, so werden wir nie zum Ziel kommen.

(Dirk Kienscherf SPD: Dann musst du mal zuhören!)

Wer vielleicht die Forderung von "Fridays for Fu­ture" gelesen hat: Kohleausstieg in Hamburg bis 2025. Auch von der Erfüllung dieses Ziels ist Ham­burg weit weg.

(Dirk Kienscherf SPD: Das geht aber nicht, das hast du doch mitgekriegt!)

Ich verweise noch einmal auf die völlig kontrapro­duktive Entscheidung, LNG-Infrastruktur für Ham­burg auszubauen, damit retten Sie das Klima nicht, im Gegenteil. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)