Schriftliche Kleine Anfrage Vorgehen der BUE und des Landesbundes der Gartenfreunde bei der Beseitigung von Abwassermissständen in Kleingartenvereinen

Stephan Jersch

Die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) kontrolliert in Kleingartenvereinen die Situation der Abwasserbeseitigung. Laut der Drs. 21/3932 (Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen zur Erreichung der Umwelt- und Klimaschutzziele des Senats) sind bisher 18,5 Prozent der Kleingartenparzellen in Hamburg kontrolliert worden. Nun hat die BUE Personalmittel für eine Erhöhung der Kontrollquote auf 60 Prozent bis 2020 beantragt. Unter den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern ruft die Praxis der BUE, in Verbindung mit dem gleichzeitigen Einwirken des Landesbundes der Gartenfreunde in Hamburg e.V. (LGH) als Dachverband der meisten Kleingartenvereine in Hamburg, Kritik hervor.

Die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) kontrolliert in Kleingartenvereinen die Situation der Abwasserbeseitigung. Laut der Drs. 21/3932 (Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen zur Erreichung der Umwelt- und Klimaschutzziele des Senats) sind bisher 18,5 Prozent der Kleingartenparzellen in Hamburg kontrolliert worden. Nun hat die BUE Personalmittel für eine Erhöhung der Kontrollquote auf 60 Prozent bis 2020 beantragt. Unter den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern ruft die Praxis der BUE, in Verbindung mit dem gleichzeitigen Einwirken des Landesbundes der Gartenfreunde in Hamburg e.V. (LGH) als Dachverband der meisten Kleingartenvereine in Hamburg, Kritik hervor. Neben strittigen Rechtsfragen bezüglich des derzeit praktizierten Vorgehens wird auch die nicht vorhandene Bereitschaft zu einer nachhaltigen Lösung im Sinne des Wasserschutzes und der Bestandssicherung der Vereine und Parzellen kritisiert. Besonders vom Vorgehen der BUE und des Landesbundes betroffen sind die derzeit noch bestehenden „Behelfsheime“ und Lauben, die vor Erlass des Bundeskleingartengesetzes errichtet wurden.

Ich frage den Senat daher:


Mit dem Bundeskleingartengesetz wird der besonderen sozialen Bedeutung des Kleingartenwesens Rechnung getragen. Die gesetzliche Höchstpachtregelung ist an die kleingärtnerische Nutzung gebunden, die eine Laube einfacher Ausführung vorsieht, welche in Ausstattung und Einrichtung nicht zum dauernden Wohnen geeignet ist. Die BUE handelt im Rahmen ihrer Aufgabe für die Einhaltung der kleingartenrechtlichen Vorschriften, zum Schutz des Bestandes dieser günstigen innerstädtischen Gartenflächen sowie für die Einhaltung der abwasser- und wasserrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Gewässer und des Bodens sowie der menschlichen Gesundheit. Dieses Vorgehen findet die Zustimmung der überwiegenden Mehrheit der Hamburger Kleingartenvereine. So hat die Landesdelegiertenversammlung der im Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V. (LGH) organisierten Kleingartenvereine am 1.Juni 2015 einen Antrag zur Aufhebung des Verbots von Spültoiletten in Kleingärten mit großer Mehrheit abgelehnt.

Dies vorausgeschickt beantwortet der Senat die Fragen – teilweise auf der Grundlage von Auskünften des LGH – wie folgt:

1. Ist es richtig, dass die Kontrollen von Kleingartenparzellen bezüglich Abwassermissständen der Verhinderung einer unzulässigen Wohnnutzung (§3 Absatz 2 BKleinG) der Lauben dienen?
    a. Wenn ja: Bezüglich des Kriterienkatalogs für eine Wohnnutzung sind die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung nur zwei Punkte. Wie viele der Kriterien müssen festgestellt (und beseitigt) werden, um eine Wohnnutzung auszuschließen? Bitte die berücksichtigten Kriterien und die Bewertung aufführen.
    b. Wenn nein: Was ist der Zweck der Kontrollen?


Nein. Die Kontrollen dienen ausschließlich der Beseitigung von wasser- und abwasserrechtlich unzulässigen Zuständen (Abwassermissständen).

2. Bezüglich der Rechtsgrundlage kann man Kleingartenparzellen in drei Gruppen unterteilen: diejenigen, die zulässig für Wohnzwecke genutzt werden, diejenigen, die vor Inkrafttreten des Bundeskleingartengesetzes rechtmäßig errichtet wurden, in denen eine Wohnnutzung aber nicht mehr zulässig ist, und Lauben, die nach Erlass des Bundeskleingartengesetzes errichtet wurden. Wie viele Parzellen wurden durch die BUE bisher kontrolliert? Bitte die Kontrollen auf die drei vorgenannten Gruppen aufteilen.

Die Kontrollen werden statistisch nicht nach den genannten Kriterien erfasst. Insgesamt wurden seit 2010 6.890 Parzellen kontrolliert.

3. Welche Bewertung hat die BUE bezüglich der aktuellen und weiter gefassten Regelungen in den Ländern Bremen und Mecklenburg-Vorpommern? Warum sind solche Regelungen in Hamburg nicht praktizierbar?

Die zuständigen Behörden sind der fachlichen und rechtlichen Auffassung, dass Spültoiletten und abwassererzeugende Einrichtungen in Kleingartenlauben – mit Ausnahme der in §18 (2) Bundeskleingartengesetz (BKleingG) geregelten Behelfsheime mit Dauerwohnrecht – weder sinnvoll noch kleingartenrechtlich zulässig sind. Eine Änderung der bisherigen Praxis durch die zuständige Behörde ist daher nicht beabsichtigt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

4. Welche Anlässe gibt es für die Kontrolle einer Kleingartenparzelle? Sollten mehrere Anlässe möglich sein, bitte diese auf die Anzahl der Kontrollen aufteilen.

5. Auf Basis welcher rechtlichen Bestimmungen findet die Begehung der zu kontrollierenden Parzellen statt?


Anlass für die Kontrollen sind Hinweise auf Abwassermissstände.
Rechtsgrundlage für die Begehung sind das Wasserhaushaltsgesetz, das Hamburgischen Wassergesetz und das Hamburgische Abwassergesetz.

6. Sind Begehungen von Kleingartenparzellen auch gerichtlich durchgesetzt worden?
    a. Wenn ja: wie viele? Bitte auch die Aktenzeichen angeben.

Nein.

7. Gab es in Bezug auf die Kontrollpraxis der BUE Gerichtsverfahren beziehungsweise wurden Gerichtsverfahren angestrebt?
    a. Wenn ja: wie viele und mit welchem Ergebnis?


Soweit behördlichem Handeln auf dem Klageweg entgegengetreten worden ist, wurden die Anordnungen der Behörde für rechtmäßig befunden.

8. In seiner Drs. 21/3932 (Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen zur Erreichung der Umwelt- und Klimaschutzziele des Senats) führt der Senat aus, dass die derzeitige Kontrollquote der 34.950 Kleingartenparzellen bei 18,5 Prozent liegt. Wie viele der infolge dessen bisher kontrollierten 6.466 Parzellen lagen auf Flächen des Landesbundes der Gartenfreunde Hamburg?

Sämtliche kontrollierten Parzellen lagen auf Flächen des Landesbundes der Gartenfreunde Hamburg.

9. Welche Kriterien werden bei der Feststellung von Abwassermissständen zugrunde gelegt?

Grundsätzlich wird geprüft, ob die vorgefundenen Anlagen zulässig und in einem ordnungsgemäßen Zustand sind sowie ordnungsgemäß betrieben werden.

Lauben:
Wasseranschlüsse und dazugehörige Installationen in den Lauben sowie Abwasserbeseitigungsanlagen (Grundstücksentwässerungsanlagen) auf Kleingartenparzellen sind nicht zulässig. Daher sind diese zu beseitigen. Dennoch in geringen Mengen entstehendes Abwasser (zum Beispiel in Chemietoiletten) ist ordnungsgemäß über Abkippstationen zu entsorgen. Im Übrigen stehen für die Fäkal- und Urinentsorgung mit Trockentoilettensystemen (zum Beispiel mit Rindenmulch) Alternativen zur Verfügung, die, außerhalb der Flächen in Wasserschutzgebieten, über den Kompost entsorgt werden können.

Behelfsheime:
Nur Behelfsheime dürfen mit Einrichtungen zum Wohnen ausgestattet sein und damit Wasseranschlüsse und dazugehörige Installationen haben. Zur Abwasserentsorgung der Behelfsheime sind Abwassersammelgruben erforderlich, aus denen das Abwasser durch Fachbetriebe abgefahren werden muss. Die regelmäßige Abwasserabfuhr ist nachzuweisen. Bei Vorliegen baulicher Mängel werden die Sanierung und der Dichtheitsnachweis gefordert.

10. Wie sieht nach Bewertung der BUE eine regelkonforme Abwasserbeseitigung für Kleingartenparzellen aus? Bitte nach den vorgenannten drei Laubentypen unterscheiden.

11. Wird die durch den Landesbund der Gartenfreunde den Kleingartenvereinen vorgeschriebene Praxis der Entsorgung von Abwässern ebenfalls durch die BUE geprüft?
Wenn ja:
    a. Wurden bei den Überprüfungen Schadstoffe festgestellt, zum Beispiel Medikamentenrückstände?
        i. Wenn ja: Können diese Schadstoffe Auswirkungen auf die Gesundheit haben?
    b. Ist eine Verschlechterung der Boden- und Grundwasserwerte bei den Prüfungen festgestellt worden?
        i. Wenn ja: Kann die Verschlechterung Auswirkungen auf die Gesundheit haben?
Wenn nein: warum nicht?

Eine analytische Untersuchung von Boden- und Grundwasser wird im Zusammenhang mit den behördlichen Kontrollen bei Abwassermissständen nicht durchgeführt. Zu den Grundlagen der Kontrollen siehe Antwort zu 4. und 5.

12. Wie beurteilt die BUE die vom Landesbund der Gartenfreunde vorgeschriebene Praxis zur Abwasserbeseitigung und auf welcher Grundlage beruht diese Beurteilung?

Die zwischen der BUE und dem LGH abgestimmte Praxis im Umgang mit Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen auf Kleingartenparzellen ist im „Informationsblatt über die Nutzung von Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen auf Kleingartenparzellen“ dargestellt. Sie entspricht und beruht auf den in Antwort zu 4. und 5. genannten Rechtsgrundlagen sowie dem Bundeskleingartengesetz.

13. Hat die BUE Erkenntnisse dazu, ob die Einsickerung von Urin im Verhältnis 1:7, wie vom Landesbund vorgeschrieben, gesundheitliche Auswirkungen hat oder haben kann?
    a. Wenn ja: welche?

Nein. Im Übrigen ist die beschriebene Einsickerung nicht im gemeinsamen „Informationsblatt über die Nutzung von Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen auf Kleingartenparzellen“ dargestellt. Der Hinweis auf ein bestimmtes Urin-Wasser-Verhältnis bei Verwendung als Nährstoffdünger zum Beispiel für Rasenflächen oder Zierpflanzenbeete geht auf den Fachartikel „Toiletten im Kleingarten: Was ist erlaubt, was nicht“ von Dipl. Ing. Wolfgang Berger im Hamburger „Gartenfreund“ (Ausgaben Juni – August 2011) zurück, wobei im Artikel ein Verhältnis von 1:10 benannt wird.

14. Ist es richtig, dass der für die Kontrollen zuständige Mitarbeiter der BUE in der Verbandszeitung des Landesbundes der Gartenfreunde geäußert hat, dass er auf jeden Fall, auch ohne Genehmigung des Pächters/der Pächterin, den Garten betreten darf?

Die Mitarbeiter der zuständigen Behörde informieren vor jedem Betreten einer Kleingartenparzelle die Pächter/-innen über die Rechtsgrundlagen des behördlichen Handelns. Sollten diese den Zutritt verweigern, besteht die Möglichkeit der Anordnung und Durchsetzung im Wege des Verwaltungszwanges.

15. Ist es richtig, dass der für die Kontrollen bei der BUE zuständige Mitarbeiter Ehrenmitglied des Landesbundes der Gartenfreunde ist?

Nein.

16. Mit welchen Ergebnissen wurden die Kontrollen der Kleingärten bisher durchgeführt? Bei wie vielen der kontrollierten Parzellen wurden Abwassermissstände festgestellt? Bitte nach den drei vorgenannten Gruppen von Lauben separat ausweisen.

Insgesamt wurden in 2.644 Fällen Abwassermissstände festgestellt. Im Übrigen siehe Antwort zu 2.

17. Wie ist das weitere Vorgehen der BUE bei festgestellten Abwassermissständen in einer Kleingartenparzelle?

Es erfolgt eine mündliche Aufforderung, innerhalb von 14 Tagen die unzulässigen Grundstücksentwässerungsanlagen zurück zu bauen. Sofern dies bei der Nachbesichtigung umgesetzt ist, ist der Vorgang behördlicherseits ohne Entstehen von Verwaltungskosten abgeschlossen. Wird der mündlichen Aufforderung nicht Folge geleistet, ergeht eine schriftliche Anordnung, die dann gebührenpflichtig ist.

18. Ist es richtig, dass der Fonds für Abkippstationen, die eine Entsorgung von Abwässern ermöglichen, beim Landesbund der Gartenfreunde 2014 aufgelöst wurde?
Wenn ja:
    a. Gibt es alternative Finanzierungshilfen für Kleingartenvereine oder Einzelpächter zur Beseitigung von Abwassermissständen? Wie sind deren Konditionen und unterscheiden sich diese vom ehemaligen Fonds für Abkippstationen?


19. Wie viele Abkippstationen wurden durch den Fonds für die Abkippstationen finanziert?

Ja, der „Fonds zur Errichtung von Abkippstationen“ beim LGH wurde in 2014 aufgelöst. Mit dem 2014 beim LGH neu geschaffenen „Kleingarteninfrastrukturfonds“ besteht eine alternative Finanzierungshilfe für die Kleingartenvereine bei der Errichtung von Abkippstationen.

Die Höhe der Unterstützung aus dem „Fonds zur Errichtung von Abkippstationen“ betrug nach Angaben des LGH bis zu 7.500, die Unterstützung aus dem „Kleingarteninfrastrukturfonds“ beträgt maximal 10.000 Euro.

Aus dem bis 2014 beim LGH bestehenden „Fonds zur Errichtung von Abkippstationen“ wurden in den Jahren 2003 bis 2005 circa 100 Abkippstationen mitfinanziert.
Mit Mitteln des „Kleingarteninfrastrukturfonds“ wurde bislang der Bau von drei Abkippstationen finanziell unterstützt. Weitere Anträge der Vereine auf Finanzierung liegen dem LGH zur Beschlussfassung vor.

20. Welche durchschnittlichen Kosten verursacht der Bau einer Abkippstation?

Nach Auskunft des LGH kostet eine komplette Abkippstation (Sanitärcontainer) ohne die Kosten für einen Sielanschluss beziehungsweise eine Abwassersammelgrube derzeit circa 14.200 Euro.
Eine preisgünstigere Variante ohne Einhausung wird derzeit vom LGH erarbeitet.

21. Wie viele Kleingartenvereine
    a. haben Zugang zur Kanalisation und keine Abkippstation?
    b. könnten aufgrund ihrer Nähe zum Kanalisationsnetz an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden?

Darüber liegen den zuständigen Behörden keine Erkenntnisse vor. Eine präventive Prüfung aller Kleingartenflächen auf einen möglichen Sielanschluss wird nicht durchgeführt.

22. Wie viele Kleingartenvereine haben eine Abkippstation?

Nach Angaben des LGH haben circa 200 Kleingartenvereine eine Abkippstation.

23. Ist es richtig, dass der Landesbund der Gartenfreunde die Kleingartenvereine für die Beseitigung von Abwassermissständen verantwortlich macht und ihnen im Fall der Nichtbeseitigung der Missstände den Ausschluss aus dem Landesbund androht?

Die Pflichten des einzelnen Pächters sind in den kleingartenrechtlichen Regelungen, in der Vereinssatzung sowie der Gartenordnung geregelt und in behördlichen Merkoder Informationsblättern erläutert. Die Kleingartenvereine sind im Grundsatz für die Einhaltung dieser pachtrechtlichen Verpflichtungen durch ihre Einzelmitglieder verantwortlich.

Die Satzung des LGH regelt in § 3 (Mitglieder), Absatz 5, Punkt 1: „... Ein Mitglied kann durch Beschluss des geschäftsführenden Vorstandes (des LGH) ausgeschlossen werden, wenn es 1. schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm auf Grund des BKleingG, der Satzung und des Zwischenpachtvertrages oder auf Grund von Beschlüssen des Landesbundes obliegen; ...“.

24. Welches Planungsrecht besteht für die Flächen der Kleingartenvereine in Hamburg derzeit? Bitte einzeln nach Kleingartenfläche aufführen.

Über das Transparenzportal sind die Geofachdatendienste „Digitaler Grünplan/Kataster der öffentlichen Grünflächen“ und „Bebauungspläne Hamburg“ und damit Informationen zu Kleingartenflächen und verbindlichen Bauleitplänen direkt nutzbar. Mit Geo-Online Hamburg als Kartenportal steht eine interaktive Kartenauskunft zur Verfügung, die unter anderem die genannten Geofachdatendienste nutzt; siehe: http://www.geoportal-hamburg.de/Geoportal/geo-online/?id=63A9A629-C051-4876-B18B-C535016F0B8A. Durch das Hinzuschalten des Layers „Transparenzportal Hamburg/Infrastruktur, Bauen und Wohnen/Bebauungspläne Hamburg/festgestellte Bebauungspläne“ kann für jede einzelne Kleingartenfläche das geltende Planrecht bestimmt werden.