Schriftliche Kleine Anfrage: Wo bleibt eine wissenschaftliche Untersuchung von Fluglärm- und Feinstaub-auswirkungen auf die Menschen in Hamburg und dem Umland?

Stephan Jersch

Auf die steigende Bedeutung des Themas Fluglärm ist seitens der Bürgerschaftsmehrheit unter anderem durch das Bürgerschaftliche Ersuchen und den sogenannten 16-Punkte Plan reagiert worden.

 

Leiseren Flugzeugen gehört die Zukunft“, in Nummer 5 vom 3.2.16) seien die Passagierzahlen am Hamburger Flughafen um 30 Prozent in den letzten zehn Jahren gewachsen, dabei die Lärmemission auf stabilem Niveau gehalten worden. Der Flughafen betreibe 13 Lärmmessstellen und habe drei mobile Anlagen in Betrieb.

Auf die steigende Bedeutung des Themas Fluglärm ist seitens der Bürgerschaftsmehrheit unter anderem durch das Bürgerschaftliche Ersuchen und den sogenannten 16-Punkte Plan reagiert worden.

Laut Selbstauskunft der Flughafenbetreiber („Wochenblatt“-Anzeige „Leiseren Flugzeugen gehört die Zukunft“, in Nummer 5 vom 3.2.16) seien die Passagierzahlen am Hamburger Flughafen um 30 Prozent in den letzten zehn Jahren gewachsen, dabei die Lärmemission auf stabilem Niveau gehalten worden. Der Flughafen betreibe 13 Lärmmessstellen und habe drei mobile Anlagen in Betrieb.

Die steigende Anzahl der Flugbewegungen, unter anderem durch Ansiedlungen neuer Flug-gesellschaften beziehungsweise Schaffung neuer Flugverbindungen in/ab Hamburg, sowie die Verdichtung der Wohnbebauung in Einflugschneisen oder im direkten Umfeld zum Flughafen verstärke die Beschwerdebereitschaft stark, so der Senat. Dies käme auch zustande, da jetzt jede Beschwerde einzeln gewertet werde. Vor allem aus dem nordöstlichen Anflugbereich haben Beschwerden zugenommen, wobei dort laut Auskunft des Flughafens konstante Lärmbelastung herrsche.

In der Anlage zu seinem Halbjahresbericht 2015 zu Steuererträgen und Schulden (Drs. 21/1282) führte der Senat an, Bürgerinitiativen riefen die Einwohnerschaft dazu auf, sich zu beschweren. Weiterhin gebe es vermehrt Anwohner, die als Dauerbeschwerdeführer auftreten und sich konstant über die einzelnen Flugbewegungen beschweren. Aufgrund der oben genannten Einflussfaktoren in der Entwicklung sei davon auszugehen, dass die erfassten und bearbeiteten Fluglärmbeschwerden 2015 das Dreifache des ursprünglich in der Haushaltskennzahl (EPL 6, B_266_01_018) vom Senat „geplanten“ Wertes erreichen werden und wir bei rund 7.500 Beschwerden „landen werden“.

Abgase und Ultrafeinstaube bleiben bislang völlig unterbelichtet. Dabei können, so wurde auf einer Veranstaltung der grünen Landtagsfraktion Brandenburgs im Januar in Eichwalde beim (Berliner) Flughafen Schönefeld festgestellt, bis zu 2.500 verschiedene chemische Verbindun-gen aus Flugzeugtriebwerken ausgestoßen werden, unter anderem Stickoxide, Ruß, Schwe-feldioxide, polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, einige davon als krebserregend angesehen. Stoffe im Nanometerbereich erreichen über die Lunge teils das Blut. Bisher käme es bei offiziellen Messungen auf die Schwere der Partikel an, nicht auf deren Giftigkeit. In den USA messe man daneben vor allem Feinpartikel. Dort gebe es auch Grenzwerte dafür. Flugabgase können bei individueller genetischer Voraussetzung Krebs, Schlaganfall und Herzinfarkt auslösen. Besonders gefährdet sind Kinder, ältere Menschen und chronisch Kranke.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen – teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Flughafen Hamburg GmbH – wie folgt:

1.    Welche Lärmentgelte werden für den Flughafen Hamburg erhoben?

Der Flughafen hat folgende Formen von Entgelten, die in Abhängigkeit von Lärm erhoben werden und in der Entgeltordnung veröffentlicht sind:

  • Lärmzuschlag (nach in Hamburg gemessenen, durchschnittlichen Maximalpegeln wird pro
    Flugzeugtyp und –serie eine Einstufung in Lärmklassen vorgenommen, die mit steigenden Lärmpegeln auch steigende Entgelte zur Folge hat),
  • Lärmschutzentgelt (zum Ausgleich der Kosten für Leistungen nach dem Fluglärmgesetz wird in Ab-hängigkeit von der Lärmklasse das Lärmschutzentgelt erhoben).

2.    Gelten diese Lärmentgelte ausnahmslos?
       Wenn nein, warum nicht und welche Ausnahmeregelungen gibt es?
       Wenn nein: Werden für neu ab Hamburg fliegende Gesellschaften Ausnahmeregelungen    beziehungsweise Verrechnungen der Lärmentgelte vorgenommen?
              Wenn ja, welche und warum?

Der Lärmzuschlag wird grundsätzlich allen von und nach Hamburg fliegenden Airlines berechnet, auch  neu ab Hamburg fliegenden Fluggesellschaften.

Einzige Ausnahme stellen einzelne neue, direkt geflogene Strecken dar, die es bis dahin nicht ab Hamburg gab und die in den ersten drei Betriebsjahren am in der Entgeltordnung veröffentlichten Rabattprogramm für neue Strecken teilnehmen.

Derzeit profitieren im Rahmen des in der Entgeltordnung veröffentlichten Rabattprogramms für neue Strecken ca. acht (von rund 120 insgesamt angebotenen) Strecken ab Hamburg von einem Rabatt zwischen 50 und 75%, den sie u.a. auf den Lärmzuschlag erhalten.

Das Lärmschutzentgelt gilt ausnahmslos und wird auf jede Flugbewegung mit mehr als zwei Tonnen Startgewicht angewendet.

3.    Wo sind stationäre Messstellen des Flughafens installiert und welche Parameter werden von ihnen erfasst?

Der Flughafen Hamburg betreibt 13 stationäre und zusätzlich nach Bedarf drei mobile Messstellen. Die Standorte der 13 stationären Messstellen sind dem Fluglärmreport 28 (siehe http://www.hamburg-airport.de/de/laermschutz.php)  zu entnehmen.

Die Messstellen erfassen die Sekundenpegel in dB(A), aus welchen sich allgemein gültige Parameter (Maximalpegel und Äquivalentschallpegel) für verschiedene Zeiträume erstellen lassen.

4.    Sind im Zuge der Umsetzung des 16-Punkte-Programms weitere Messstellen geplant und wenn ja, wo?

Es sind keine weiteren Messstellen geplant. Bei Fragestellungen zum Fluglärm in anderen Gebieten erfolgt in Absprache mit der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) der Einsatz der mobilen Messstellen über einen repräsentativen Zeitraum. Auf der Website des Hamburger Flughafens wird das Online-Tool TraVis ( siehe  http://travis.hamburg-airport.de/ ) angeboten, mit dem sich die Lärmpegel an jedem beliebigen Ort innerhalb des besagten Bereiches darstellen lassen. Die maximale Abweichung zu den tatsächlichen Werten vor Ort liegt bei +- 3 dB(A).  

5.    Gibt es für die mobilen Lärmmessstellen fixe Routen und wenn ja, wie oft werden diese befahren?

Nein, es werden mit den mobilen Messstellen keine fixen Routen abgefahren. Der Einsatz erfolgt in Absprache mit der BUE oder den jeweiligen Bürgermeistern der Umlandgemeinden.

6.    Wären die Messstellen nach Umrüstung in der Lage, auch Feinstaubbelastungen zu messen?
       Wenn ja, wie lange würde eine Umrüstung dauern und was würde sie kosten?

Nein.

7.    Sind dem Senat Werte der vom Flughafen ausgehenden Feinstaubbelastung bekannt?
       Wenn ja, wo sind sie der Öffentlichkeit zugänglich? Was wird gemessen?
       Wenn nein: Beabsichtigt der Senat beziehungsweise die Flughafengesellschaft diese Werte zu ermitteln?

Ja. Die Emissionswerte des Flughafens sind im „Luftreinhalteplan für Hamburg – 1. Fortschreibung 2012“ genannt. Der Luftreinhalteplan ist für die Öffentlichkeit zugänglich und online verfügbar unter http://www.hamburg.de/luftreinhaltung/3744840/fortschreibung

Auf dem Flughafengelände wird durch das Institut für Hygiene und Umwelt (HU) der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz eine Messstation (Flughafen-Nord) zur kontinuierlichen Überwachung  der Schadstoffimmissionen betrieben. Messtechnisch erfasst wird die Feinstaubkomponente der Partikel kleiner 10 µm. Aktuelle sowie archivierte Messergebnisse sind online unter http://luft.hamburg.de/ abrufbar.

Der Flughafen selbst führte und führt in mehreren Messreihen eine Erhebung zum Thema ultrafeine Partikel durch. Dabei liegt der Fokus im grundlegenden Erkenntnisgewinn zu Konzentrationen aus verschiedenen auf dem Flughafengelände befindlichen Quellen, womit der Flughafen Hamburg im gesamten Stadtgebiet eine Vorreiterrolle für die Untersuchung dieser nicht regulierten Luftemissionen einnimmt. Es handelt sich hierbei um mobile Messungen. Des Weiteren arbeitet der Flughafen Hamburg diesbezüglich mit Partnerflughäfen (z.B. Kopenhagen und Zürich) zusammen.

8.    Hat der Senat wissenschaftliche Untersuchungen zu Lärm- und Feinstaubbelastung des innerstädtischen Flughafens und ihre Wirkungen auf den Menschen beauftragt?
       Wenn ja, welche bei wem und wo beziehungsweise wann sind die Ergebnisse einsehbar?
       Wenn nein, warum nicht?

9.    Was soll in den Untersuchungen erfasst werden und warum?

Wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirkung auf den Menschen sind nicht in Auftrag gegeben worden. Die expositionsabhängigen Auswirkungen von Fluglärm oder Feinstaub auf den Menschen sind in zahlreichen epidemiologischen Studien untersucht und beschrieben worden. Es ist nicht zu erwarten, dass sich in einer Hamburger Untersuchung grundlegend andersartige Erkenntnisse ergeben würden.         

10.    Gibt es über die erwähnten Messparameter Lärm und Feinstaub weitere bezüglich des Flughafens erhobene Umweltparameter beziehungsweise ist beabsichtigt diese zu erhe-ben?
        Wenn ja: Welche sind das/werden das sein?

Die auf dem Flughafengelände vom HU betriebene Luftmessstation erfasst neben Feinstaub PM10 auch die Luftschadstoffkomponenten Stickstoffdioxid (NO2), Stickstoffmonoxid (NO),  Ozon (O3), Kohlenmonoxid CO, Benzol, Toluol und m-Xylol. Die Messung von Schwefeldioxid (SO2) wurde im Jahr 2011 aufgrund der dauerhaft sehr niedrigen Belastung eingestellt.

Der zuständige Zentralbereich Umwelt des Hamburger Flughafens erhebt und überwacht Daten zu  weiteren Luftschadstoffen, Gewässerschutz und Abwasser, Abfallkennzahlen, Kennzahlen zur Ökolo-gie, zum Bodenschutz, zur Tierpopulation und Energiekennzahlen.
Es erfolgt eine regelmäßige Berichterstattung zu diesen Themen auch im Internet.