SKA: Empfehlung des Ausschusses für Umwelt und Energie zu Maßnahmen für mehr Nachtruhe

Stephan Jersch

Ausweichende, unkonkrete oder ganz einfach unterlassene Antworten kennzeichnen diese Senatsantwort. Es gibt weder konkrete Auskünfte auf konkrete Fragen, z. B. zur (unzureichenden) Personalausstattung des Flughafen als einer möglichen Ursache für die zahlreichen Verspätungen im Flugverkehr, noch klare Ansagen auf klare Fragen, z. B. zur Pünktlichkeitsoffensive. Und wie sich der Senat im Rahmen der Evaluierung des Fluglärmschutzgesetzes von 2007 positioniert hat, ist geheim. Das immerhin gibt er offen zu.

5. Oktober 2018

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 27.09.2018
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/14477 -


Betr.:    Empfehlung des Ausschusses für Umwelt und Energie zu Maßnahmen für mehr Nachtruhe

Der Ausschuss für Umwelt und Energie hat am 12.09.2018 mit den Stimmen der Regierungskoalition einen Bericht an den Senat mit Maßnahmenempfehlungen zur Reduzierung der Anzahl verspäteter Flüge am Flughafen Hamburg verabschiedet (Drucksache 21/14341).
Die Argumentation zur Drucksache 21/10746 (Volkspetition für eine konsequente Nachtruhe am Hamburger Flughafen) ist in der Sitzung des Ausschusses leider ausgeblieben, da den Fraktionen der entsprechende Antrag der Regierungskoalition erst drei Stunden vor Sitzungsbeginn per E-Mail zugestellt worden war und diese sich nicht ausreichend vorbereiten konnten.
Weil die Koalitionsfraktionen in der Ausschusssitzung keine faktenbasierte Begründung ihrer Vorschläge vorlegten, ist die Datenbasis dieser Vorschläge nach wie vor unbekannt.
Der in den Fragen verwendete Begriff der 'Verspätung' bezieht sich auf Flüge die nach 23 Uhr landen bzw. starten.

Dem Beschluss des Ausschusses für Umwelt und Energie ging ein breit angelegter Anhörungs- und Beratungsprozess voraus. Der Ausschuss hat sowohl den Senat als auch weitere Auskunftspersonen im Rahmen einer Expertenanhörung befragt und damit das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.

Auf der Grundlage der daraus gewonnenen Erkenntnisse konnte mehrheitlich dem Anliegen der „Volkspetition für eine konsequente Nachtruhe am Hamburger Flughafen“ (Drs. 21/10746) nicht entsprochen werden. Gleichzeitig ist der Ausschuss zu der Überzeugung gelangt, dass weitere effektive Maßnahmen ergriffen werden sollen, um u.a. Flugverspätungen zwischen 23 und 24 Uhr zu reduzieren. Der Senat wird die am 26.09.2018 von der Bürgerschaft beschlossenen Maßnahmeempfehlungen prüfen und der Bürgerschaft über die Ergebnisse berichten.

Wie sich im Beratungsprozess gezeigt hat, sind die Gründe für die Flugverspätungen vielschichtig und können nicht nur in Hamburg selbst gelöst werden. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung sowie die Deutsche Flugsicherung (DFS) in der Zuständigkeit für die ausreichende Bereitsstellung von Fluglotsinnen und Fluglotsen sind ebenso in der Verantwortung. Senat und Flughafen Hamburg GmbH (FHG) gehen diese Herausforderungen bereits an und beziehen alle Systempartner in die Problemanalyse und -lösung ein:

Am 05.10.2018 treffen sich auf Einladung des Ersten Bürgermeisters und des Bundesministers für Verkehr in Hamburg wichtige Akteurinnen und Akteure der Luftfahrt mit Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung und Ministerpräsidenten der Länder, um die aktuellen Herausforderungen im Luftverkehrssektor zu analysieren und Maßnahmen zu entwickeln.

Die FHG und der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e. V. (BDL) haben die Verspätungssituation in Hamburg und allgemein im Luftverkehr zum Anlass genommen, eine entsprechende Arbeitsgruppe einzurichten. Daran beteiligt sind neben den Fluggesellschaften und der DFS auch die Flughafenbetreiber. Da die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen e.V. (ADV) das größte Einzelmitglied des BDL ist, ist die ADV ebenfalls vertreten. Die ADV hat daneben noch weitere Ad-hoc-Treffen der Deutschen Flughäfen zu diesem Themenkomplex organisiert. Der Senat bewertet die Gründung der Arbeitsgemeinschaft positiv. Die Arbeitsgemeinschaft kann einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der Verspätungen leisten, da die beteiligten Unternehmen Optimierungsmöglichkeiten ausloten und unter anderem best-practice-Beispiele in den Blick nehmen können.

Auch finden im Rahmen der Pünktlichkeitsoffensive regelmäßig Gespräche mit allen beteiligten Fluggesellschaften statt. Zwei- bis dreimal im Jahr stimmen sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Pünktlichkeitsoffensive miteinander ab. Daneben finden anlassbezogene und in regelmäßigen Abständen bilaterale Gespräche zwischen der FHG und einzelnen Fluggesellschaften sowie zwischen der Behörde für Umwelt und Energie und den einzelnen Fluggesellschaften statt.

Ziel dieser Gespräche ist es, alle Optionen auszuschöpfen, um die Zahl der Verspätungen nach 23 Uhr so gering wie möglich zu halten.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der FHG, der DFS und des BMVI wie folgt:


Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Wie hat sich die Personalausstattung der Deutschen Flugsicherung (DFS) in den letzten zehn Jahren entwickelt? Bitte die Zahlen jahrweise und aufgeschlüsselt nach Festangestellten und Leiharbeitskräften für Hamburg sowie für Bremen und die Bundesrepublik insgesamt aufführen.

2. Welche Informationen liegen den Behörden über eine personelle Unterausstattung der DFS vor?

3. Welche personelle Mindestausstattung ist für einen reibungslosen Flugbetrieb des Flughafens Hamburg notwendig?

Die Personalplanung der DFS erfolgt grundsätzlich auf Basis von Verkehrsprognosen der Europäischen Kommission, die sich nach Mengenszenarien bestimmen. Diese werden in der Folge vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) im Performanceplan für die jeweilige Regulierungsperiode (derzeit Regulierungsperiode II bis zum Jahr 2024) festgelegt. Diese Personalplanung wird verteilt auf die Verkehrszahlen an einzelnen Flugplätzen entsprechend ihren Öffnungszeiten und auf die Kontrollzentralen für den Oberen und Unteren Luftraum.

Ab dem Jahr 2019 bildet die DFS an ihrer Flugsicherungsakademie die Maximalkapazität von 120 Fluglotsen pro Jahr aus. Inklusive der Zeiten für Personalwerbung dauert die Ausbildung insgesamt ca. vier Jahre.

Ein Teil ist zur Nachführung der altersbedingten Abgänge in der Kontrollzentrale Bremen und im Tower Hamburg vorgesehen. Damit soll entsprechend der Verkehrsentwicklung die sichere und flüssige Abwicklung des Flugverkehrs durch die An- und Abflugkontrolle wie auch die Platzkontrolle am Flughafen Hamburg weiterhin sichergestellt werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

 

4. In der Berichtsdrucksache 21/14341 wird bei einer besseren Personalausstattung der DFS von einer mittelfristigen Reduzierung der wachsenden Zahl der Verspätungen gesprochen. Welche regelhafte zeitliche Bedeutung hat der Begriff 'mittelfristig' im Handeln des Senats?

Hiermit ist eine mittlere Frist bzw. über eine mittlere Zeitspanne laufend gemeint (siehe Duden).

 

5. Auf welchen Flugverbindungen wurde in den letzten fünf Jahren das in der Berichtsdrucksache aufgeführte Kriterium '25 Prozent Verspätungen innerhalb eines Monats bei mindestens drei Flügen pro Woche' erfüllt?

Dies erfolgte auf  folgenden Flugverbindungen:

2017:
Verbindungen nach Hamburg aus Stuttgart, Manchester, Mailand, Catania, Krakau, Frankfurt/Main, München.

Verbindungen von Hamburg nach London-Luton, Mailand, Edinburgh, London-Gatwick, Istanbul.

2018 (bis 31. August):
Verbindungen nach Hamburg aus Palma de Mallorca, Kos, Mailand, Málaga, Frankfurt/Main, München, Wien, Lissabon.
Verbindungen von Hamburg nach Edinburgh, London-Gatwick, Istanbul.

Die Daten für die weiteren Vorjahre liegen in der nachgefragten Form nicht aggregiert vor und können somit in der zur Beantwortung einer parlamentarischen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht aufbereitet werden.

 

6. Werden die Gründe für verspätete Starts und Landungen der Öffentlichkeit derzeit transparent dargestellt und wenn ja, wie?
    Wenn nein, warum nicht?

Die Gründe für verspätete Starts und Landungen werden im Monatsrhythmus vom Flughafen Hamburg in den Monatsberichten veröffentlicht (siehe https://www.hamburg-airport.de/de/fluglaerm_laermschutz.php).

 

7. Wie viele Flüge, die durch Förderprogramme des Flughafens unterstützt werden/wurden, waren in den letzten 5 Jahren verspätet?

Die derzeit geltende Entgeltordnung des Hamburg Airport sieht keine Unterscheidung vor, sodass eine Auswertung nicht erfolgen kann.

 

8. Welche Fluggesellschaften, die in Hamburg regelmäßig starten und landen, nehmen derzeit an der Pünktlichkeitsoffensive des Flughafens teil und welche nicht?

Es nehmen Condor, easyJet, Eurowings, Lufthansa und AirFrance / KLM teil. Alle anderen in Hamburg vertretenen Fluggesellschaften beteiligen sich nicht.

 

9. Welchen Anteil an Flügen haben die unter 8. genannten Fluggesellschaften am Gesamtaufkommen der Flüge am Flughafen Hamburg?

In den letzten zwölf Monaten machen die Flüge der teilnehmenden Airlines 57 % aller Bewegungen im Linien- und Touristikverkehr aus.

 

10. Finden im Rahmen der Pünktlichkeitsoffensive Gespräche mit den Fluggesellschaften statt, die Hamburg frequentieren?
Wenn ja, mit welchen qualitativen und quantitativen Zielsetzungen?
Wenn nein, warum wurden oder werden Gespräche nicht aufgenommen beziehungsweise wann und aus welchen Gründen wurden sie eingestellt?

Siehe Vorbemerkung. 

 

11. Welche Fluggesellschaften haben am Flughafen Hamburg Ersatzmaschinen stationiert?

Eurowings hat planmäßig in Hamburg ein Reserveflugzeug stationiert.

 

12. Wie häufig sind am Flughafen Hamburg stationierte Ersatzmaschinen zur Verhinderung von Verspätungen in den letzten fünf Jahren zum Einsatz gekommen? Bitte auch angeben, ob diese Verspätungen aufgrund von Umlaufverspätungen oder technischer Defekte auftraten.

13. Auf welchen Strecken mit regelhafter oder häufiger Verspätung haben welche Fluggesellschaften Ersatzmaschinen stationiert, diese aber bisher nicht oder nur in Einzelfällen eingesetzt (zum Beispiel die Lufthansa auf Strecken von und nach Hamburg)?

14. Wie oft kamen auf den unter 13. aufgeführten Strecken seit 1. Januar 2017 Ersatzmaschinen zur Abwendungen von Verspätungen zum Einsatz? Bitte auch angeben, ob diese Verspätungen aufgrund von Umlaufverspätungen oder technischer Defekte auftraten.

Es gibt keine einzelnen Reserveflugzeuge, deren Einsatz durch den Flughafen statistisch beobachtet werden könnte. In der Regel fällt die Anzahl basierter Flugzeuge insgesamt höher aus, als es für den Flugplan notwendig ist. Einzelne Flugzeuge können bei Ereignissen im Tagesverlauf getauscht werden, zum Beispiel bei technischen Problemen. Dazu kommt, dass bei einer Entscheidung für einen Tausch auch Flugzeuge zum Einsatz kommen können, die zum Beispiel in Frankfurt oder Düsseldorf stationiert sind und planmäßige Flüge nach Hamburg übernehmen.

Wann und aus welchen Gründen Fluggesellschaften im Einzelfall Ersatzmaschinen einsetzen, liegt im Verantwortungsbereich der jeweiligen Airline. Angaben dazu liegen dem Senat nicht vor.

 

15. Ist der Senat der Ansicht, dass eine bundesweite Arbeitsgruppe mit der Luftverkehrswirtschaft (BDL) ohne Einbeziehung des Flughafenverbandes (ADV) einen Beitrag zur Reduzierung der Verspätungen leisten kann?
    Wenn ja, welchen?

Siehe Vorbemerkung.

 

16. Wie hat sich der Senat zur Initiative der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen (BR 550/15 - Entwurf eines Gesetzes zum besseren Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm) sowohl im Bundesrat als auch in den drei befassten Ausschüssen verhalten und warum ist Hamburg nicht als Mitantragssteller aufgetreten?

Die Abstimmung über die genannte Bundesratsinitiative wurde vor der Plenarsitzung des Bundesrates am 21. Oktober 2018 von der Tagesordnung gestrichen. Einer Auskunft zum Verhalten der Hamburger Vertreterinnen und Vertretern in den Bundesratsausschüssen steht § 37 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrats entgegen, wonach die Verhandlungen grundsätzlich vertraulich sind.

 

17. Wie positioniert sich der Senat im Rahmen der Evaluierung des Fluglärmschutzgesetzes von 2007?
    Falls es eine oder mehrere Stellungnahmen gibt: Wo ist/sind diese zugänglich?

Zum Entwurf des Berichts der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag nach § 2 Absatz 3 des im Jahre 2007 novellierten Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmgesetz – FluLärmG) wurde sowohl den Verkehrsministerien als auch den Umweltministerien der Länder Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es gibt eine „Gemeinsame Stellungnahme des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg, des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen der Freien Hansestadt Bremen, des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern und des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus“. Daneben hat die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) eine eigene Stellungnahme abgegeben.
Die Stellungnahmen sind nicht öffentlich zugänglich.

 

18. Der Senat hat in verschiedenen Anfragen bereits geantwortet, dass er die Förderung des Bahnverkehrs als Ziel verfolgt. Welche Anstrengungen, Initiativen, Gesetzesänderungen oder Ähnliches hat es seitens des Senats dazu seit 2015 gegeben und mit welchem Ergebnis jeweils?

Hamburg hat zum aktuellen Bundesverkehrswegeplan diverse Projekte zum Ausbau des Schienennetzes angemeldet. Durch den Ausbau wird das Schienennetz leistungsfähiger. Es können mehr Güter mit der Bahn transportiert werden, und auch die Kapazitäten für den Schienenpersonenverkehr werden erweitert. Über den Bundesrat und in Bund-Länder-Gremien wirkt Hamburg an der Gesetzgebung zum Eisenbahnwesen mit und setzt sich für eisenbahnfreundliche Entscheidungen ein. Hamburg hat sich beispielsweise im Bundesrat gegen eine Erhöhung der Gebühren für Eisenbahnunternehmen eingesetzt.