SKA: Atomtransporte durch Hamburg

Stephan Jersch

Die vierteljährliche Routineabfrage zum Stand der atomaren Logistik in der Freien und Hansestadt ergibt: Im Hafen nichts Neues und auch nicht auf Hamburgs Straßen und Schienen. So sehr sich die Regierung auch bemüht: Die Unternehmen hören einfach nicht auf damit, Mensch und Umwelt mit ihrer strahlenden Fracht zu gefährden.

30. April 2020

Schriftliche Kleine Anfrage

der Abgeordneten Norbert Hackbusch und Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 23.04.2020

undAntwort des Senats

- Drucksache 22/130 -

Betr.: Atomtransporte durch Hamburg

Laut Senatsauskünften (zuletzt in der Drs. 21/19760) sind 2019 schon wieder ca. 140 Atomtransporte, darunter 76 mit Kernbrennstoffen, nachweisbar durch unsere Stadt gegangen. Und das trotz Stilllegungen deutscher Atomkraftwerke vor Jahren und der Verkündung des freiwilligen Verzichts auf den Umschlag von Kernbrennstoffen im Hamburger Hafen durch die letzten dabei tätigen Unternehmen am 2. April des letzten Jahres.

Diese Zahl zeigt immer noch: Hamburgs Hafen ist nach der im Mai 2014 in der Bürgerschaft abgelehnten Teilentwidmung für Atomtransporte (vgl. Bürgerschafts-Drucksache 20/11317) also weiterhin ein Drehkreuz im internationalen Atomgeschäft, u.a. zur Versorgung von AKW.

Uranoxide, das extrem giftige und ätzende Uranhexafluorid, unbestrahlte (neue) Brennelemente oder andere Produkte im Zusammenhang mit der Nutzung der Atomtechnologie werden weiterhin umgeschlagen und/oder durch das Hamburger Stadtgebiet transportiert, statistisch mehrfach pro Woche.

Zwar gibt der Senat nach § 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbVSA) vom 1. Dezember 1982 im Voraus keine Auskunft zu Kernbrennstofftransporten, da Informationen über zukünftige Kernbrennstofftransporte aus Sicherheitsgründen bundesweit als „Verschlusssache/nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft sind; aber wenigstens Angaben zu bereits durchgeführten Transporten und zu der Umweltbehörde vorliegenden gültigen Genehmigungen für den Transport radioaktiver Stoffe sind aus den seit einem Jahrzehnt immer wieder aus der Fraktion DIE LINKE gestellten diversen Anfragen, zuletzt in der Mitte Januar beantworteten Drs. 21/19760, für die interessierte Öffentlichkeit ablesbar.

Um weiterhin möglichst vollständige Zahlen über Anzahl, Art und Umfang der Atomtransporte zumindest durch Hamburgs Hafen öffentlich verfügbar zu machen, werden aus der Fraktion DIE LINKE hier zum nunmehr 40.Mal dem Senat umfassend Fragen zum Themenkomplex gestellt.

Wir fragen den Senat:

bezogen auf Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen in und aus dem Hamburger Hafen sowie durch das Hamburger Stadtgebiet ab dem 16.10.2019 bis zum Zeitpunkt der Bearbeitung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage:

(Bitte die Tabellen in der Anlage zur Drs. 21/19760 für alle Transporte entsprechend fortführen.)

1. Wann erfolgten Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen (bitte Datum des Eingangs bzw. Ausgangs soweit vorhanden)?

2. Um welche beförderten Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe handelte es sich dabei jeweils?

3. In welchem Umfang und welcher Menge sind Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe jeweils transportiert worden (bitte Angabe im passenden Maß)?

4. Wie hoch war die jeweilige Aktivität der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe (bitte Angabe im passenden Maß)?

5. Wie wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils klassifiziert?

6. Welche Art von Behältern wurde zum Transport der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils verwendet (bitte genaue Typen-Kennung der Behälter angeben)?

7. Welche Beförderungsmittel (z.B. Schiff, Bahn oder Lkw) wurden zum Transport der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils verwendet?

8. Wo wurden die Kernbrennstoffe jeweils umgeladen?

9. Wie lange wurden die Kernbrennstoffe jeweils gelagert?

10. Wer war der jeweilige Absender (Firma mit Ortsangabe) der Kernbrennstoffe und welcher der Abgangshafen bei sonstigen radioaktiven Stoffen?

11. Wer war der jeweilige Empfänger (Firma mit Ortsangabe) der Kernbrennstoffe und welcher (bei sonstigen radioaktiven Stoffe) der Zielhafen?

Zu den meldepflichtigen Kernbrennstofftransporten für den Zeitraum vom 21. Januar 2020 bis zum 27. April 2020 siehe Anlage 1, zur Legende siehe Anlage 5.

Daten über die im Gefahrgut-Informations-System der Polizei (GEGIS) gemeldeten Transporte liegen nur für die jeweils letzten drei Monate vor. Die Transportvorgänge mit sonstigen radioaktiven Stoffen für den Zeitraum vom 21. Januar 2020 bis zum 27. April 2020 sind in Anlage 2 zusammengefasst. Die Dauer des Umschlags sowie die Namen und Adressen der Absender und der Empfänger werden in GEGIS nicht erfasst.

Für den Zeitraum vom 16. Oktober 2019 bis zum 20. Januar 2020 siehe Drs. 21/19760.

12. Am 16.03.20 erfolgte laut dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) ein Kernbrennstofftransport von "unbestrahltem Uran" aus der "PJSC Mashinostroitelny zavod" in "Elektrostal/RUS" in die Brennelementfabrik "Advanced Nuclear Fuels GmbH" in Lingen. Das BASE hatte dafür Seetransporte, Umschlag und Straßentransporte genehmigt (Genehmigung-Nummer 7691). Da das BASE nur den Eintritt in deutsches Hoheitsgebiet angibt:

a. Welche Informationen sind dem Senat über den Transport bekannt?

b. Ist dieser Transport über Hamburger Gebiet befördert worden?

Wenn ja:

i. Welche Verkehrsträger wurden genutzt (Schiff, Straße) beziehungsweise welcher Umschlagsort (zum Beispiel Eurogate)

ii. Falls per Schiff: mit welchem Frachter?”

 

Der in der Fragestellung genannte Transport erfolgte nicht über Hamburger Gebiet. Dem Senat liegen dazu keine weiteren Erkenntnisse vor.

 

13. In der Drs. 20/13644 führt der Senat aus, Umschlag von mit Luftfracht transportierten Kernbrennstoffen habe es in Hamburg seit vielen Jahren nicht gegeben. Über den Transport von sonstigen radioaktiven Stoffen per Luftfracht lägen dem Senat keine Informationen vor, da die Zuständigkeit für die Aufsicht für diesen Transportweg beim Luftfahrtbundesamt liegt.

In der Drs. 20/14621 führt der Senat aus, die Zuständigkeit für die Aufsicht über Transporte radioaktiver Stoffe auf bundeseigenen Eisenbahnstrecken liege beim Eisenbahnbundesamt.

Zuletzt in der Drs. 21/19760 gab der Senat Mitte Januar Überblick über Mängel bei der Kontrolle von Güterbeförderungseinheiten (CTU) im Zusammenhang u.a. mit radioaktiven Stoffen der Klasse 7 für Schiffe und LKW.

a. Sind dem Senat für die Zeit danach solche bekannt? Wenn ja, bitte mit Datum und möglichst konkreter Beschreibung der Mangelart u.a. wie in Anlage 3 zur Drs. 21/17740 aufführen.

b. Sind dem Senat über diese hinaus auch Beanstandungen bei anderen Transportarten bekannt geworden? Wenn ja, bitte möglichst in der Tabelle mit angeben.

Daten über die bei Kontrollen festgestellten Mängel im Zusammenhang mit dem Transport radioaktiver Güter für den Zeitraum vom 20. Januar 2020 bis zum 26. April 2020 (einschließlich) sind in der Anlage 3 zusammengestellt.

In diesem Zeitraum wurden durch die Polizei 215 Kontrollen im Zusammenhang mit dem Transport radioaktiver Güter auf Schiffen, auf der Straße und im Schienenverkehr durchgeführt. Davon verliefen 214 Kontrollen ohne Beanstandungen. Eine Kontrolle im Zusammenhang mit dem Beförderungsmittel Schiff führte zu einem formalen Mangel. Im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr wurde im Zuständigkeitsbereich der Polizei Hamburg kein Mangel im angegebenen Zeitraum festgestellt. Im Schienenverkehr wurde in dem angegebenen Zeitraum ebenfalls kein Mangel durch die Polizei Hamburg festgestellt.

 

14. Insgesamt sechs Hamburger Betriebe haben eine Umschlagsgenehmigung nach § 7 StrlSchV: die drei zur HHLA gehörenden Terminals CTB, CTT und CTA , EUROGATE, das Hafenunternehmen C. Steinweg sowie der Unikai, den die HHLA und die Grimaldi-Reedereigruppe gemeinsam betreiben.

a. Welche von den derzeitig gültigen Umschlagsgenehmigungen laufen gegebenenfalls in diesem Jahr und wann aus?

b. Haben die gegebenenfalls unter a. genannten Betriebe erneut eine Umschlagsgenehmigung verlangt beziehungsweise schon erhalten?

Die Genehmigung von CTA läuft am 31. August 2020 aus, eine erneute Umschlagsgenehmigung werde weder verlangt noch erteilt.

 

Bezogen auf zukünftige Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen in und aus dem Hafen Hamburg sowie durch das Hamburger Stadtgebiet fragen wir soweit Meldungen vorliegen:

15. Hat es seit Januar bei der hamburgischen Genehmigungsbehörde (Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz) weitere Antragstellungen/Genehmigungen auf Zulassung zur Beförderung „sonstiger radioaktiver Stoffe“ gegeben bzw. sind Zulassung entfallen? Wenn ja, bitte die Unternehmen auflisten.

Nein.

 

16. Wie viele und welche gültigen Genehmigungen für den Transport radioaktiver Stoffe liegen der Umweltbehörde derzeit vor?

Bitte auflisten mit Genehmigungsnummer, Beginn und Ende der Genehmigungsdauer, maximal zulässige Transportzahl und Menge (in Kilogramm oder Tonnen), Absender und Empfänger, Transportmittel und Art des Stoffes sowie der Behälterbezeichnung.

In der Anlage 4 (zur Legende siehe Anlage 5) sind die zum Zeitpunkt dieser Anfrage der zuständigen Behörde vorliegenden Genehmigungen für Kernbrennstofftransporte aufgelistet (der Vollständigkeit halber inklusive einer nur sehr kurz gültigen, bereits abgelaufenen Genehmigung, die in der Anfrage 21/19760 noch nicht enthalten war).Weitere Angaben werden nicht erfasst. Auf die vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung regelmäßig aktualisierte Liste aller gültigen Transportgenehmigungen wird verwiesen:

https://www.base.bund.de/SharedDocs/Downloads/BASE/DE/fachinfo/ne/transportgenehmigungen.pdf.

 

17. In der Antwort auf die Frage 17 in der Drs. 21/ 19760, ob bis maximal 2021 noch Verträge zum Umschlag von Kernbrennstoffen zwischen Hamburger Hafenumschlagsunternehmen und Reedereien/Transporteuren laufen, teilte der Senat mit: „Die in diesem Zusammenhang relevanten Hafenunternehmen haben erklärt, auf den Umschlag von Kernbrennstoffen im Hamburger Hafen freiwillig zu verzichten. Ihre Geschäftsverträge unterliegen den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Im Übrigen liegen keine neuen Erkenntnisse vor.“

Liegen mittlerweile selbige vor bzw. bemühte sich der Senat und wenn ja wie. um Erkenntnisgewinn in dieser schon im Koalitionsvertrag von 2015 aufgeworfenen Frage?

Die Sachlage ist unverändert

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