SKA: Grundsatzentscheidung zur Ersatzlösung Wedel im VWH-Aufsichtsrat: Gasmotoren am Standort Stellingen oder Fernwärme aus dem HKW Moorburg?

Stephan Jersch

In der Sitzung des Energienetzbeirats am 10.11.2016 wurden die Mitglieder des Beirats von den Vertretern der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) überrascht mit der Ankündigung, dass Mitte Dezember im Aufsichtsrat der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH (VWH) eine Richtungsentscheidung zwischen zwei Szenarien zum Ersatz des Kohle-Heizkraftwerks Wedel getroffen werden soll.

Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 17.11.16 und Antwort des Senats

Drucksache 21/6777 | 25. November 2016

Betr.: Grundsatzentscheidung zur Ersatzlösung Wedel im VWH-Aufsichtsrat: Gasmotoren am Standort Stellingen oder Fernwärme aus dem HKW Moorburg?

In der Sitzung des Energienetzbeirats am 10.11.2016 wurden die Mitglieder des Beirats von den Vertretern der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) überrascht mit der Ankündigung, dass Mitte Dezember im Aufsichtsrat der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH (VWH) eine Richtungsentscheidung zwischen zwei Szenarien zum Ersatz des Kohle-Heizkraftwerks Wedel getroffen werden soll.

Leider entsprach die BUE nicht der Bitte des Beirats, den Mitgliedern des Beirats Präsentationen schon vor den Sitzungen zuzusenden. Daher fühlten sich zahlreiche Beiratsmitglieder von der BUE „überfahren“. Der Beirat war unter diesen Bedingungen nicht in der Lage, noch vor der Sitzung des Aufsichtsrats der VWH seinerseits eine Empfehlung an die BUE abzugeben zur Frage, welches der zwei zur Wahl stehenden Szenarien zu bevorzugen sei.

Das „Szenario Nord“ entspricht weitgehend dem am 1.9.2016 präsentierten „BUE-Szenario“. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass am Standort Stellingen 13 Gasmotoren eingesetzt werden sollen. Das „Szenario Süd“ entspricht im Wesentlichen dem „Szenario Konzepte Stellingen und MVR“ vom 1.9.2016. Bei diesem soll etwa die Hälfte der Wärme für die Ersatzlösung Wedel aus der Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm (MVR) bezogen werden. Dazu müsste eine etwa 10 km lange Fernwärmeleitung von der MVR nach Bahrenfeld mit Elbunterquerung gebaut werden. Die von der MVR produzierte Wärme, die bisher in das Industriegebiet Neuhof an die Firma Schindler geliefert wurde, soll nun nach Bahrenfeld in das Netz der VWH geleitet werden. Für die Belieferung der Firma Schindler soll Fernwärme vom Steinkohle-Heizkraftwerk Moorburg eingesetzt werden. Zu diesem Zweck soll eine zweite neue Fernwärmeleitung vom Vattenfall-Steinkohle-HKW Moorburg zur MVR gebaut werden.

Bei der Präsentation der beiden Szenarien und der folgenden Diskussion war bereits eine recht eindeutige Bevorzugung des „Szenario Süd“ durch die BUE erkennbar. Beim „Szenario Nord“ wurden Vorteile und Nachteile aufgeführt. Beim „Szenario Süd“ dagegen nur Vorteile, obwohl in der öffentlichen Debatte vor der Beiratssitzung bereits eine ganz Reihe von Nachteilen bekannt geworden war.

Das Mitte Oktober 2016 fertiggestellte Gutachten des Hamburg Instituts „Einsatz von erneuerbaren Energien im Fernwärmenetz“ wurde den Mitgliedern des Beirats noch nicht vorgelegt. Es wurden lediglich fünf potenzielle erneuerbare Wärmequellen genannt – drei zum „Szenario Nord“, zwei zum „Szenario Süd“ gehörende. Eine Bewertung dieser Wärmequellen soll erst 2016/2017 erfolgen. Für alle fünf ist aber bereits erkennbar, dass sie kaum bedeutende Beiträge liefern werden und in Verbindung mit dem Hochtemperatur-Wärmenetz der VWH kaum wirtschaftlich darstellbar sein werden.

Im Gegensatz dazu hätte die industrielle Abwärme von Aurubis einen als erneuerbar anerkannten Beitrag zur Ersatzlösung Wedel von etwa 40 Prozent mit mittel- und langfristig äußerst attraktiven Wärme-Gestehungskosten erbringen können, wenn sie im Heizwerk HafenCity eingespeist worden wäre. Die Mitglieder des Energienetzbeirats wurden bei der Sitzung am 10.11.2016 ohne Vorinformation überrascht durch die Entscheidung von Vattenfall, zwei Drittel der Abwärme von Aurubis beim Wärmeumformwerk Spaldingstraße in das östliche Teilnetz einspeisen zu wollen, ohne eine Nutzung im Rahmen der Ersatzlösung Wedel.

Ich frage den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement Vattenfall Wärme Hamburg GmbH, VWH und der Vattenfall Kraftwerk Moorburg GmbH wie folgt:

1. Ist es richtig, dass Vattenfall bei der Sitzung des Energienetzbeirats als Ziel-Zeitpunkt für eine Übereinkunft mit Aurubis das Ende des Jahres 2017 nannte und damit einen Zeitpunkt nach der eventuellen Ankündigung der Kaufabsicht für das VWH-Netz durch die Freie und Hansestadt Hamburg?

Die VWH strebt für Mitte des Jahres 2017 eine Verständigung auf Eckpunkte für eine nicht besicherte Belieferung von Abwärme (40 MW) durch Aurubis an.

2. Welche der folgenden Erzeugungsanlagen sind jeweils als „hocheffiziente KWK-Anlagen“ im Sinne der EU-Richtlinie 2012/27/EU, Anhang II, einzustufen: Erzeugungsanlagen, die gegenwärtig in das Fernwärmenetz der VWH einspeisen; Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm?

Sämtliche in das Fernwärmenetz einspeisenden KWK-Anlagen der VWH erfüllen das Hocheffizienz-Kriterium. Für die Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm liegen keine entsprechenden Daten vor.

3. Ab welchem Umfang einer Wärmeauskopplung ist das HKW Moorburg als „hocheffiziente KWK-Anlage“ im Sinne der EU-Richtlinie 2012/27/EU, Anhang II, einzustufen?

Seit Aufnahme der Dampflieferung an den Industriekunden erfüllt Moorburg das Kriterium einer hocheffizienten KWK-Anlage. Dies ist unabhängig vom Umfang der Wärmeauskopplung.

4. Ist dem Senat bekannt, dass die KWK-Förderung für neue KWK-Anlagen mit einer Leistung zwischen 1 MW und 50 MW ab 2017 ausgeschrieben werden wird, mit der Folge dass im Gegensatz zum „Szenario Nord“ für die wenigen im „Szenario Süd“ vorgesehenen neuen Gasmotoren oder BKHW nicht mehr verlässlich mit einer KWK-Förderung zu rechnen ist?

5. Beim „Szenario Nord“ mit mehr als zehn Gasmotoren besteht die Bedingung, dass diese Anlagen bis zum 31.12.2022 in Betrieb genommen werden müssen, damit Zuschlagszahlungen für den KWK-Strom erfolgen können (KWKG, §§ 6, 7). Um Zuschläge nach dem KWKG für den Ausbau von Wärmenetzen zu erhalten, ist die Inbetriebnahme ebenfalls bis zum 31.12.2022 nötig (KWKG §§ 18, 19).
Inwieweit ist die Einhaltung des Termins 31.12.2022 auch beim „Szenario Süd“ von wesentlicher Bedeutung, wenn in diesem Szenario die gesamte Leistung der neuen KWK-Anlagen so gering ist, dass die KWK-Förderung nur per Ausschreibungen erteilt werden wird?

Dieser Aspekt ist Bestandteil der derzeit laufenden Gutachten und Untersuchungen. Dabei wird jeweils die aktuelle Rechtslage berücksichtigt.

6. Bei den KWK-Anlagen Gasmotoren besteht in etwa zwanzig Jahren die Perspektive einer einfachen vollständigen Umstellung auf erneuerbare Energien durch den Einsatz von strombasiertem erneuerbarem Wasserstoff (gegebenenfalls auch erneuerbarem Methan) anstelle von Erdgas. Welche Möglichkeit einer ähnlich vollständigen Umstellung auf erneuerbare Wärme sieht der Senat für Müllheizkraftwerke wie die MVR, bei denen gegenwärtig per Vereinbarung nur 50 Prozent der gelieferten Wärme als erneuerbar gelten?

Der Einsatz der Müllverbrennungsanlagen erfolgt in erster Linie aus abfallwirtschaftlichen Gründen. Wenn aus diesem Prozess resultierende Abwärme für die Wärmeversorgung verwendet werden kann, hält der Senat dies grundsätzlich für sinnvoll.

Mit dem Einsatz von Müllverbrennungsanlagen in der Wärmerzeugung auch in zwanzig Jahren hat sich der Senat nicht abschließend befasst.

7. Eine Berechnung der Kosten für die Trasse Bahrenfeld – MVR ergibt einen Anteil dieser Kosten am Wärmegestehungspreis (bei Investitionskosten von 165 Millionen Euro; Zinssatz 4 Prozent, Betrieb und Wartung 2 Prozent; Amortisationszeit 20 Jahre), der in etwa so hoch ist wie der gesamte Wärmegestehungspreis für Gasmotoren. Welcher Wärmegestehungspreis ist zusätzlich zu den reinen Trassenkosten für die aus der MVR ausgekoppelte Müll-Fernwärme anzusetzen?

In den Szenarien der zuständigen Behörde wird von einem Preis in der Größenordnung der Wärme aus der MVB ausgegangen. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. und 5.

8. Stimmt der Senat mit der Einschätzung überein, dass die durch den Trassenbau Bahrenfeld – MVR verursachten hohen Gestehungskosten für Wärme aus der MVR den Unternehmenswert der VWH vermindern werden und daher ungünstig für den durch den Netze-Volksentscheid geforderten Rückkauf des Fernwärmenetzes sind?

Hiermit hat sich der Senat nicht befasst.

9. Wann wird das Gutachten des Hamburg Instituts „Einsatz von erneuerbaren Energien im Fernwärmenetz“ den Mitgliedern des Energienetzbeirats zugänglich gemacht werden und wann der allgemeinen Öffentlichkeit?

Das Gutachten wird nach Fertigstellung und Abnahme durch die zuständige Behörde dem Energienetzbeirat und der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

10. Welche Wärmeleistungen und welche Wärmearbeiten sind jeweils zu erwarten von

  • Abwasserwärmepumpe Dradenau,
  • Wärmepumpe Elbe,
  • Aquifer-Speicher Stellingen,
  • Stroh-HKW Stellingen,
  • Solarthermie Altenwerder West,
  • ÜNB/New 4.0?

11. Die Technologie Abwasserwärmepumpe erhielt im Gutachten von BET aufgrund des hohen Strombedarfs und des damit verbundenen CO2-Ausstoßes die schlechteste Bewertung in der Klimaverträglichkeit unter allen geprüften EE-Wärmequellen.
Wie groß sind jeweils unter Berücksichtigung des Einsatzes von Strom beziehungsweise von fossilen Energiequellen die spezifischen CO2-Emissionsfaktoren für eine in das Netz der VWH eingespeiste Kilowattstunde Fernwärme von

  • einer Abwasserwärmepumpe Dradenau,
  • einer Wärmepumpe Elbe,
  • einem Aquifer-Speicher Stellingen,
  • einer Solarthermie Altenwerder West?

Generell hängen die Wärmeleistungen und mögliche Wärmearbeit von der Einbindung der Module, der Verfügbarkeit und dem Bedarf im System ab.

 

Mit der genannten Fragestellung beschäftigt sich das Gutachten „Erneuerbare Energien im Fernwärmenetz Hamburg“. Im Übrigen siehe Antwort zu 9.

12. Im Gutachten von BET wurden für Abwasser-Wärmepumpen die höchsten spezifischen Gestehungskosten der erneuerbaren Erzeuger angegeben (Abbildung 17). Unter allen erneuerbaren Erzeugern erhielt sie die schlechteste Bewertung (Abbildung 23). Die sehr schlechte Wirtschaftlichkeit dieser Technologie wurde bei diesem Einsatz hervorgehoben. Welcher Anteil der über 50 Prozent EE-Anteil des „Szenarios Süd“ ist diesem Projekt Abwasser-Wärmepumpe „Standort Neuhof/Dradenau“ zuzuordnen?

Siehe Antworten zu 4. und 5. sowie 9.

13. Wie groß ist das Potenzial an Stroh für ein Stroh-HKW Stellingen

a) in Hamburg und

b) in der Metropolregion Hamburg ausgedrückt in GWh pro Jahr?

Siehe Antworten zu 9. und zu 11.

14. Inwieweit passt ein Stroh-HKW Stellingen aus Sicht der Stadtreinigung Hamburg in das abfallwirtschaftliche Konzept der SRH in Stellingen?

Siehe Antwort zu 4. und 5.

15. Zu einem Aquifer-Speicher in Stellingen ergeben sich folgende Fragen:

a. Wie weit ist geklärt, ob dieser Standort für einen Aquifer-Speicher
infrage kommt?

b. Mit welchen Temperaturen der eingelagerten Wärme ist zu rechnen?

c. Mit welchem Wärmeverlust-Anteil ist zu rechnen?

d. Welche Erzeugungsanlagen sollen die Wärme für die Aufladung dieses Speichers in erster Linie liefern?

e. Welche Kapazität soll dieser Speicher erhalten?

Siehe Antwort zu 13.

16. Wann wird das Gutachten „Energiemarktszenario“ von LBD den Mitgliedern des Energienetzbeirats zugänglich gemacht werden? Wann der allgemeinen Öffentlichkeit?

Das Gutachten wird nach Fertigstellung und Abnahme durch die zuständige Behörde dem Energienetzbeirat und der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

17. Im „Szenario Süd“ wird eine geschlossene Fernwärmeverbindung vom HKW Moorburg zum zentralen Fernwärmenetz hergestellt werden durch die vorgesehene Fernwärmeleitung von Bahrenfeld zur MVR und durch die vom HKW Moorburg ausgehende Fernwärmeleitung zur Versorgung des Fernwärmekunden Schindler, von der anzunehmen ist, dass sie über die MVR laufen wird, da von dort aus gegenwärtig der Kunde in Neuhof versorgt wird.

Fernwärme aus einem Steinkohle-Heizkraftwerk Moorburg kann über diese Fernwärmeverbindung zu erheblich niedrigeren Preisen angeboten werden als Fernwärme aus dem Abfallwirtschaftlichen Konzept der Stadtreinigung Hamburg (SRH). Wie will der Senat ausschließen, dass in Zukunft im „Szenario Süd“ nach Einsatz-Entscheidungen gemäß Merit-Order die von der SRH angebotene Fernwärme durch Kohle-Fernwärme vom HKW Moorburg verdrängt wird und die SRH damit wirtschaftlich
geschädigt wird?

Hiermit hat sich der Senat nicht abschließend befasst.

18. Die BUE gibt als „Vorteil“ für das „Szenario Süd“ an, „Ausbau und Erschließung im Hamburger Süden“.

a. Lassen sich damit die infrage kommenden Fernwärmequellen im Hamburger Süden nicht auch ohne eine teure Fernwärmetrasse mit Elbunterquerung erschließen und sinnvoll einsetzen?

Bei dem gegenwärtigen Wärmebedarf im Hamburger Süden ergibt sich keine entsprechende Einsatzmöglichkeit.

b. Inwieweit wurde bei „Ausbau und Erschließung“ an eine Verbindung mit dem HKW Moorburg gedacht?

Die Belieferung eines Industriekunden mit Wärme aus dem Kraftwerk Moorburg ist ein möglicher Bestandteil eines Szenarios.

19. Nach Verlautbarungen der BUE soll das Kohle-HKW Moorburg ausdrücklich nicht in die Ersatzlösung Wedel eingebunden werden. Da die Ersatzlösung Wedel in der gegenwärtigen Legislaturperiode nicht mehr fertiggestellt werden wird, ergeben sich verschiedene Fragen zur Absicherung dieser Absicht über das Ende der Legislaturperiode hinaus:

a. Strebt der Senat eine Einigung aller Bürgerschaftsfraktionen auf die Nichteinbindung des HKW Moorburg in das zentrale Fernwärmenetz an?

b. Strebt der Senat eine gesetzliche Regelung an, die die Einbindung des HKW Moorburg in das zentrale Fernwärmenetz unterbindet?

c. Auf welche andere Art und Weise will der Senat eine Absicherung über das Ende der Legislaturperiode hinaus erreichen?

d. Senator Kerstan hat bei der Sitzung des Beirats am 10.11.2016 ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Kauf des VWH-Netzes unter dem Vorbehalt der Landeshaushaltsverordnung stehe. Wie soll die Einbindung des HKW Moorburg in das VWH-Netz verhindert werden für den Fall, dass die Freie und Hansestadt Hamburg auf die Kaufoption für das VWH-Netz verzichtet?

Hiermit hat sich der Senat nicht befasst.

20. Der BUND Hamburg als einer der Akteure, an deren Widerstand die
sogenannte „Moorburgtrasse“ gescheitert ist, hat bereits in einer Pressemeldung am 3.11.2016 angekündigt, er lehne eine direkte oder auch nur indirekte Wärmeauskopplung aus dem Kohlekraftwerk Moorburg in das 2019 in kommunale Hand übergehende Fernwärmenetz strikt ab.

Wird der Senat im Falle, dass das „Szenario Süd“ bei der bevorstehenden Richtungsentscheidung gewählt wird, auch die Planung des „Szenarios Nord“ als „Plan B“ weiterführen für den Fall, dass auch diesmal eine Fernwärmetrasse in Richtung des HKW Moorburg am Widerstand der Bürgerinnen und Bürger Hamburgs scheitern wird?

In seiner Funktion als Gesellschafter der VWH wird sich der Senat dafür einsetzen, dass mehrere Szenarien untersucht werden.

21. Nicht nur das HKW Moorburg gehört Vattenfall, sondern auch die Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm ist mehrheitlich im Besitz von Vattenfall. Nach dem Bau einer Fernwärmetrasse zur MVR kann Vattenfall die Fernwärmepreise diktieren, wenn nicht andere Fernwärmeerzeugungsanlagen im westlichen Fernwärmenetz als längerfristig einsetzbare Alternativen zur Verfügung stehen.

Wie will der Senat verhindern, dass eine Fernwärmetrasse von Bahrenfeld zur MVR zu einer gestrandeten Investition wird, wenn Vattenfall (beziehungsweise bei einem Verkauf des HKW Moorburg und/oder der MVR der Rechtsnachfolger) Fernwärme aus der MVR beziehungsweise aus dem HKW Moorburg nur zu nicht akzeptablen Konditionen liefern würde?

Im Fernwärmebereich werden i.d.R. langfristige Lieferverträge geschlossen, die sowohl die Pflichten von Lieferanten und Abnehmern der Wärme regeln als auch beiden Parteien entsprechende Sicherheiten bieten.

Im Übrigen siehe Antwort zu 4. und 5.

22. Die BUE ordnet dem „Szenario Süd“ einen hohen EE-Anteil an erneuerbarer Wärme von über 50 Prozent zu und verspricht zusätzlich noch Perspektiven für weitere EE-Potenziale. In den über 50 Prozent enthalten ist mit 23 Prozent der biogene Anteil der Wärme, die gegenwärtig in das Industriegebiet Neuhof geleitet wird und die in diesem Szenario
lediglich in eine andere Richtung, nämlich nach Bahrenfeld, gelenkt werden soll. Mit diesem EE-Anteil wird also kein Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen Hamburgs geleistet werden.

Wie wird der Senat sicherstellen, dass nicht dennoch eine Verrechnung in der CO2-Bilanz Hamburgs erfolgt?

Die CO2-Bilanzierung erfolgt anlagenscharf nach den Regularien der Amtlichen Statistik.

23. Konfrontiert mit dem Vorwurf, dass bei einer reinen Umlenkung von Müllwärme der MVR von Neuhof nach Bahrenfeld im gesamten Stadtgebiet keine CO2-Einsparung auftreten würde, erklärte Senator Kerstan am 10.11.2016 dem Energienetzbeirat, seine Aufgabe sei es nicht, CO2 einzusparen, sondern ein Heizkraftwerk zu ersetzen.

Ist es nach Auffassung des Senats tatsächlich mit dem Klimaschutzziel Hamburgs für 2030 (50 Prozent Einsparung von CO2 gegen 1990), mit dem Ziel des Energienetze-Volksentscheids und mit dem Klimaschutzvertrag von Paris vereinbar, dass die Einsparung von CO2 bei der Ersatzlösung Wedel nicht zu den Hauptzielen der BUE gehören sollte?

Der Senat ist der Auffassung, dass neben der Wirtschaftlichkeit und der Versorgungssicherheit die Klimaverträglichkeit und damit verbunden die Einsparung von CO2-Emission ein Hauptziel bei der Ersatzlösung Wedel ist.

24. Der für Energie zuständige Amtsleiter der BUE behauptete in der Sitzung des Energienetzbeirats am 10.11.2016, Fernwärme aus dem Heizkraftwerk Moorburg sei reine Abwärme, für deren Erzeugung kein zusätzlicher Brennstoff bereitgestellt würde?
Schließt sich der Senat dieser Behauptung an?
Wenn nein: Wie ist die Auffassung des Senats?

Die Frage, ob es sich bei der Auskopplung um reine Abwärme handelt, hängt von der Auskopplungstechnologie, der zu produzierenden Strommenge, der Temperatur der Abwärme und der Wärmemenge ab. Diese Faktoren sind noch nicht abschließend festgelegt. Deshalb sind Aussagen zu einem zusätzlichen Brennstoffeinsatz nicht möglich.

Im Übrigen siehe Antwort zu 4. und 5.

25. Weiter wurde von Vertretern der BUE behauptet, Fernwärme, die aus dem Steinkohle-HKW Moorburg ausgekoppelt würde, sei wesentlich klimafreundlicher als diejenige aus dem HKW Wedel.

Schließt sich der Senat dieser Behauptung an und widerspricht er damit einem der wichtigsten Ergebnisse des „Basisgutachtens“ (November 2010) des arrhenius-Instituts in dessen Abbildung 24, nach welcher die CO2-Faktoren für „Moorburg statt Wedel“ fast identisch mit denen für „Wedel“ sind?

Mit den CO2-Faktoren hat sich der Senat nicht abschließend befasst.

26. Bei den kommenden Versionen der Energieeinsparverordnung wird sich durch eine Neuordnung des Energieeinsparrechts der Primärenergiefaktor (PEF) des Fernwärmenetzes der VWH wegen seiner Kohlelastigkeit mit ziemlicher Sicherheit ganz erheblich verschlechtern, was der Entwicklung des Fernwärmeunternehmens „Wärme Hamburg“ erheblich schaden würde. Vollständig erneuerbare Wärme wie die Abwärme von Aurubis und neue Erzeugungsanlagen mit KWK bei der Ersatzlösung Wedel könnten dies verhindern. Teilerneuerbare Wärme wie Müllwärme und die Wärme aus den meisten der vom Hamburg Institut vorgeschlagenen kleineren EE-Wärmequellen wären hierbei nicht hilfreich sein. Sogar der Einsatz von Biomasse würde wenig helfen.
Hat sich der Senat mit dieser Problematik genauer befasst?

Wenn ja: mit welchen Folgerungen?
Wenn nein: aus welchen Gründen nicht?

Ein Gesetzentwurf zur Novellierung des Energieeinsparrechts liegt noch nicht vor.

Im Übrigen siehe Antwort zu 4. und 5.

27. Welche Wärmeleistung kann das HKW Moorburg maximal auskoppeln und wie groß ist die maximale Leistung der Stromerzeugung
a) ohne ausgekoppelte Wärme,
b) bei der maximal möglichen ausgekoppelten Wärme?

Laut Vattenfall Kraftwerk Moorburg GmbH sind im Heizkraftwerk Moorburg alle Komponenten für eine Fernwärmeauskopplung von bis zu 450 MW thermisch installiert. Bei dieser Fernwärmeauskopplung könnte das Kraftwerk maximal ca. 1.500 MW elektrisch ins Netz einspeisen. Bei reiner Stromerzeugung und ohne Nutzung der Wärme kann das Heizkraftwerk Moorburg heute ca. 1.560 MW elektrisch an Strom ins Netz einspeisen.

28. Mit welcher Auslastung wird das HKW Moorburg derzeit durchschnittlich pro Monat betrieben und welche Maximal- und Minimalwerte sind jeweils aufgetreten? Bitte für die Monate seit Januar 2015 aufführen.

Laut Vattenfall Kraftwerk Moorburg GmbH befand sich das Heizkraftwerk Moorburg im Januar 2015 noch in der Bauphase. Erst im September 2015 waren beide Blöcke im bestimmungsgemäßen Betrieb. Auch das Jahr 2016 war wegen mehrmonatiger geplanter Garantierevisionen und Umbauten zur weiteren Flexibilisierung des Kraftwerks noch durch längere Stillstände gekennzeichnet, so dass Werte vor Sommer 2016 keine Rückschlüsse über den zukünftigen Betrieb zulassen.

Für die Zeit ab September 2015 (Aufnahme des bestimmungsgemäßen Betriebs des zweiten Blocks) liegen folgende Daten vor, jeweils errechnet aus Stunden mit Netzeinspeisung geteilt durch die Anzahl aller Stunden im jeweiligen Monat:

  • September 2015: 92%
  • Oktober 2015: 81%
  • November 2015: 58% (Block B Revision)
  • Dezember 2015: 56% (Block B Revision)
  • Januar 2016: 85%
  • Februar 2016: 69%
  • März 2016: 83%
  • April 2016: 86%
  • Mai 2016: 94%
  • Juni 2016: 79% (Block A Revision)
  • Juli 2016: 90%
  • August 2016: 98%
  • September 2016: 100%
  • Oktober 2016: 100%

Die minimale Auslastung des Kraftwerks im Sinne der in einem Kalendermonat erzeugten Strommenge seit der Betriebsaufnahme des zweiten Kraftwerksblocks gab es im Dezember 2015. Hier wurden nur 216 Millionen Kilowattstunden ins Netz eingespeist, da der Block B wegen einer geplanten Revision nicht verfügbar war und in der Weihnachtswoche traditionell die Stromnachfrage eher gering ist. Mit einer theoretisch maximalen Einspeisung von 1161 Millionen Kilowattstunden (31 Tage x 24 Stunden x 2 Blöcke x 780 MW) ergibt dies eine „Auslastung“ von 19% des gesamten Heizkraftwerks Moorburg bzw. von 38% des einen nicht in Revision befindlichen Blocks.

Der Monat mit der bisher maximalen „Auslastung“ der gesamten Doppelblockanlage im Sinne der in einem Kalendermonat erzeugten Strommenge war der August 2016 mit 69%, errechnet aus einer Einspeisung von 805 Millionen Kilowattstunden und einer theoretisch maximal erzeugbaren Menge von ebenfalls 1161 Millionen Kilowattstunden.

Monatsübersichten zur Stromproduktion stellt das Kraftwerk Moorburg unter http://kraftwerk-moorburg.hamburg/ zur Verfügung.