Der Antrag zum Sonntagsfrieden ist nicht mehr als eine Reparaturlösung

Der Antrag zum Sonntagsfrieden ist nicht mehr als eine Reparaturlösung

Stephan Jersch

Debatte in der Bürgerschaft am 28.6. zum Antrag für weiterhin vier verkausoffene Sonntage in Hamburg

Stephan Jersch DIE LINKE: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die klaren Ansagen des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich der Sonntagsöffnung und die daraus resultierende Nichthaltbarkeit der tatsächlich praktizierten Sonntagsöffnungen in Hamburg sind allgemein bekannt. Nichtsdestotrotz ist mir bei der vielen Lyrik im Antrag nicht wirklich klar geworden, wo hier der Paradigmenwechsel sein soll und die Grundidee einer Zukunftslösung. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann ich so dem Antrag nicht wirklich entnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir stehen vor der Situation, dass von 1992 bis 2015 – das sind die letzten Zahlen, die ich finden konnte – die Sonnabendarbeit bei den Erwerbstätigen, die Selbstständigen nicht eingeschlossen, von 21 auf 26 Prozent gestiegen ist, und bei der Sonntagsarbeit gibt es einen Anstieg von 10 auf 14 Prozent. Das ist jeder Siebte, der theoretisch auf die Frage "Kommst du am Sonntag mit shoppen?" antworten könnte: "Nein, ich muss arbeiten."

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ich bin schon da!)

– Die Kolleginnen und Kollegen des Einzelhandels sind davon ja noch weitestgehend ausgeschlossen. Diese Situation haben wir. Wir haben eine Veränderung der Arbeitswelt und wir müssen uns nach dem Ausgleich fragen und dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deswegen ist der Hamburger Sonntagsfrieden natürlich eine wichtige Institution, und es ist zu betonen, dass er auf einer breiten Basis erzielt worden ist. Aber die Zukunftsfähigkeit wird sicherlich daran festgemacht werden müssen, inwieweit es uns gelingt, angesichts der geänderten Arbeitsbedingungen in dieser Welt den Schutz aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen. Und das heißt auch, liebe Kolleginnen und Kollegen vor allen Dingen der Regierungskoalition, aber auch der CDU und der FDP, die Sie immer wieder die Globalisierung proklamieren, dass Sie hier tatsächlich selbst daran arbeiten, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einen 24-mal-7-Betrieb umgestellt werden, ohne dass es entsprechende ausgleichende Maßnahmen gibt. Das heißt, die Zwänge verursachen Sie selbst.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Kruse FDP: Zum Glück wollen Sie den Kapitalismus ja überwinden!)

– Wenn wir den Kapitalismus überwinden und jeder nach seiner Fasson glücklich wird, Herr Kruse, dann sage ich, ich bin dabei.

Zum FDP-Zusatzantrag kann ich nur sagen – der Kollege Westenberger hat es schon getan –: nice try. 28 verkaufsoffene Sonntage, völlig dereguliert in Hamburg – bei allem Verständnis für die Autonomie der Bezirke, ich glaube, die Bezirke sind so weit ausgeblutet, dass sie überhaupt gar nicht mehr in der Lage sind, dies vernünftig abzuwickeln. Deswegen werden wir diesem Antrag so nicht zustimmen.

In der Schlussfolgerung kann ich nur sagen: Der Antrag zur Aufrechterhaltung des Sonntagsfriedens ist gut für Hamburg und für den Sonntagsfrieden, aber er ist nichts anderes als eine Reparaturlösung, um den Frieden aufrechtzuerhalten, den wir bisher haben. Er ist mit Sicherheit keine langfristige Lösung im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Letztendlich werden wir klären müssen, was hier Anhang ist und was dezentrale Veranstaltung bei den Sonntagsöffnungen. Unsere Fraktion wird, wenn dies natürlich scheitert, klar dafür sein, dass eine Sonntagsöffnung im Moment nur unter den gegebenen gerichtlichen Beschränkungen gemacht werden kann. Deswegen werden wir besonders intensiv darauf schauen, inwieweit alles so umgesetzt werden kann, wie es gerichtlich vorgegeben ist. Wir werden aber diesem Antrag trotz alledem im Sinne des Sonntagsfriedens und des Kompromisses zwischen allen Beteiligten so zustimmen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)