Hamburg muss gegenüber Vattenfall Zähne zeigen

Hamburg muss gegenüber Vattenfall Zähne zeigen

Stephan Jersch

Rede in der Aktuellen Stunde am 25.4. Hamburg aus dem Würgegriff Vattenfalls befreien – Netzrückkauf und „Tschüss Kohle“ jetzt realisieren

Stephan Jersch DIE LINKE:* Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt allgemeingültige Wahrheiten, und das sind zum Beispiel, dass der Klimawandel menschengemacht ist, dass eine kapitalistisch wirtschaftende Firma

(Zurufe von der CDU: Oh!)

kein gemeinnütziges Unternehmen ist

(Beifall bei der LINKEN)

– ja, es ist unser aller Marx, es ist unser aller Marx – und dass das Ergebnis des Volksentscheids zur Rekommunalisierung der Energienetze bindend ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Vor diesem Hintergrund kann man Hamburg wirklich nur einen guten Weg wünschen. Die Ziele des Klimaplans sind ja schon von 2020 auf 2030 vertagt worden und nach wie vor ist Hamburg Kohlehauptstadt – ein Titel, den man ungern hört.

Ganz konkret geht es hier und jetzt und heute darum, nach Strom- und Gasnetz auch das letzte, das Fernwärmenetz, wieder zu rekommunalisieren, so wie es 2013 beschlossen wurde und der damalige SPD-Senat es teilumgesetzt hat. Dabei ist natürlich auch der Mindestkaufpreis, der jetzt wirklich durch die Presse geistert, Thema gewesen. Die durchgestochenen  Zahlen  des  Wertgutachtens
– das noch nicht veröffentlicht worden ist – lassen ja nur den Schluss zu:

(Vizepräsidentin Christiane Schneider übernimmt den Vorsitz.)

Entweder hat Vattenfall in den letzten fünf Jahren das Unternehmen heruntergewirtschaftet oder der Senat hat sich 2013/2014 vom Partner Vattenfall über den Tisch ziehen lassen. Aber festzustellen ist: Vattenfall hat kein Interesse am Verkauf. Es ist noch etwas rauszuholen aus Moorburg, staatliche Gelder für den Betrieb als Heizkraftwerk zum Beispiel. Spätestens seit Dezember, als Vattenfall im Aufsichtsrat die Investitionsentscheidung auf Basis der Vorlage der Umweltbehörde blockiert hat und unverhohlen tatsächlich die Flutung des Fernwärmenetzes mit Kohlewärme verlangt wurde, ist klar, wes Geistes Kind Vattenfall eigentlich ist. Aus dem Partner Vattenfall wurde der Opponent, und mit dem Antrag auf den Anschluss Moorburgs an die Fernwärmeleitung unter der Elbe, die geplant ist, ist letztlich beim Opponenten die letzte Schamgrenze der Kohlebarone verschwunden. Es ist klar: Vattenfall kennt, was den Einsatz von Kohleenergie angeht, eigentlich nur noch seine eigene Bilanz als Unternehmen.

(André Trepoll CDU: Als Staatsunternehmen! – Michael Kruse FDP: Wo ist denn jetzt dieser Würgegriff?)

Der Kuhhandel zum Einsatz Moorburgs für die Wärmeversorgung der Ölwerke Schindler ist zu einem Flop verkommen. Klimapolitisch war das Zugeständnis in der Tat schon verwerflich und letztendlich ist diese Zusage zur indirekten Einbindung Moorburgs in die Wärmeversorgung damit hinfällig.

Schon die Nutzung Vattenfalls hat dazu geführt, dass wir über 80 Prozent des Stroms und fast 50 Prozent der Wärme in Hamburg aus Kohle generieren und der Anteil an der Wärmeversorgung steigt seit 2004 kontinuierlich. Wer Wedel ablösen will – und das wollen wir hoffentlich alle –,

(Michael Kruse FDP: Und zwar schnell!)

der muss und kann nicht mit Moorburg weitermachen.

(Beifall bei der LINKEN – André Trepoll CDU: Doch, gerade!)

Umso trauriger ist, dass sich die Umweltbehörde leider auf eine einzige Ablösestrategie festgelegt hat, gegen den Rat des Energienetzbeirats, der zumindest noch eine Alternative offenhalten wollte, um eben nicht in den Würgegriff Vattenfalls zu geraten, sondern weitere Handlungsoptionen offenzuhalten. Vattenfall bremst nicht nur den Auftrag, den Klimawandel gesellschaftlich umzusetzen, es boykottiert ihn aktiv.

(André Trepoll CDU: Das als Staatsunternehmen! Das ist ein Skandal!)

Aber trotz des fehlenden Bekenntnisses der gesamten Koalition zum Nichteinsatz Moorburgs – in der Regierungserklärung habe ich leider jeden Ton zum Rückkauf vermisst – fordern wir wie viele andere klar und unmissverständlich, gegenüber Vattenfall zu handeln und Zähne zu zeigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch in der Landeshaushaltsordnung gibt es erhebliche Interessen, dringende staatliche Interessen, und die Einhaltung der Klimaziele kann nur dies sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Sommermärchen des Partners Vattenfall ist für Hamburg beendet und notfalls muss die Mindestpreisklausel auch gerichtlich angegangen werden, um den Rückkauf dann zu realen Konditionen über die Bühne zu bekommen.

(Michael Kruse FDP: Die erhöhten Preise wollten Sie sagen! Erhöhte Preise!)

Und letztendlich hilft es auch, sich zu "Tschüss Kohle" zu bekennen und diese Forderung hier zu übernehmen.

(Glocke)

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)