SKA: Atomtransporte durch Hamburg (XVI)

Stephan Jersch

Zum 16. Mal fragt Die LINKE nach dem gefährlichen Umschlag des strahlenden Materials über Hamburg.

12. April 2019
 Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Norbert Hackbusch und Stephan Jersch (DIE LINKE)
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/16768-


Betr.: Atomtransporte durch Hamburg (XVI)

Am 2. April hat der Senat den freiwilligen Verzicht auf den Umschlag von Kernbrennstoffen im Hamburger Hafen durch nun vier Unternehmen als Erfolg seiner Politik verkündet. Aber es hat vier Jahre gedauert von der Absichtserklärung im Koalitionsvertrag bis zu dieser Mitteilung.
2018 sind lt. Senatsauskünften 80 Kernbrennstofftransporte und 99 sonstige Atomtransporten nachweisbar durch unsere Stadt gegangen, also nicht weniger als in den beiden Jahren zuvor. Und das trotz Stilllegungen deutscher Atomkraftwerke vor Jahren, einem Energiesenator aus Reihen der Grünen und der Ankündigung eines freiwilligen Umschlagverzichts im Hafen im Koalitionsvertrag 2015 und – für Kernbrennstoffe - durch die städtische HHLA. Dabei ist die Anzahl der seitens der für Umweltvergehen zuständigen Wasserschutzpolizei festgestellten sicherheitsrelevanten Mängel glücklicherweise weiter rapide zurückgegangen.
Hamburgs Hafen ist nach der im Mai 2014 in der Bürgerschaft abgelehnten Teilentwidmung für Atomtransporte (vgl. Bürgerschafts-Drucksache 20/11317) also weiterhin ein Drehkreuz im internationalen Atomgeschäft , u.a. zur Versorgung von AKW.
 Uranoxide, das extrem giftige und ätzende Uranhexafluorid, unbestrahlte (neue) Brennelemente oder andere Produkte im Zusammenhang mit der Nutzung der Atomtechnologie werden weiterhin umgeschlagen und/oder durch das Hamburger Stadtgebiet transportiert, statistisch mehrfach pro Woche.
Zwar gibt der Senat nach § 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbVSA) vom 1. Dezember 1982 im Voraus keine Auskunft zu Kernbrennstofftransporten, da Informationen über zukünftige Kernbrennstofftransporte aus Sicherheitsgründen bundesweit als „Verschlusssache/nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft sind; aber wenigstens Angaben zu bereits durchgeführten Transporten und zu der Umweltbehörde vorliegenden gültigen Genehmigungen für den Transport radioaktiver Stoffe sind aus den seit Jahren immer wieder aus der Fraktion DIE LINKE gestellten diversen Anfragen, zuletzt in der Anfang Januar beantworteten Drs. 21/15632, für die interessierte Öffentlichkeit ablesbar.
Um weiterhin möglichst vollständige Zahlen über Anzahl, Art und Umfang der Atomtransporte zumindest durch Hamburgs Hafen öffentlich verfügbar zu machen, werden aus der Fraktion DIE LINKE hier zum nunmehr 34. Mal dem Senat umfassend Fragen zum Themenkomplex gestellt.

Wir fragen also den Senat,
bezogen auf Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen in und aus dem Hamburger Hafen sowie durch das Hamburger Stadtgebiet ab dem 05.01.2019 bis zum Zeitpunkt der Bearbeitung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage:
(Bitte die Tabellen in den Anlagen 1 und 2  zur Drs. 21/15632 für alle Transporte entsprechend fortführen.)

Der Transport von Kernbrennstoffen ist durch das Atomgesetz auf bundesgesetzlicher Ebene geregelt. Ein landesrechtliches Verbot des Umschlags von Kernbrennstoffen im Hamburger Hafen wäre rechtswidrig. Daher war es erklärte Absicht des Senats, bei relevanten Unternehmen darauf hinzuwirken, im Wege der Selbstbeschränkung auf den Umschlag und seeseitigen Transport derartiger Stoffe im und durch den Hamburger Hafen zu verzichten.
Mit der Zielsetzung, dass sie auf den Umschlag von Kernbrennstoffen im Hamburger Hafen im Sinne des Atomgesetzes verzichten, hat die zuständige Behörde Gespräche mit den Unternehmen HHLA, Hapag Lloyd, Eurogate und C. Steinweg (Süd-West Terminal) geführt. Mit allen Unternehmen gab es einen konstruktiven Dialog zu dem Thema. Das Ziel der Gespräche, ein freiwilliger Verzicht auf die Transporte, ist erreicht worden.
Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

 

1. Wann erfolgten Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen (bitte Datum des Eingangs bzw. Ausgangs soweit vorhanden)?
2. Um welche beförderten Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe handelte es sich dabei jeweils?
3. In welchem Umfang und welcher Menge sind Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe jeweils transportiert worden (bitte Angabe im passenden Maß)?
4. Wie hoch war die jeweilige Aktivität der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe (bitte Angabe im passenden Maß)?
5. Wie wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils klassifiziert?
6. Welche Art von Behältern wurde zum Transport der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils verwendet (bitte genaue Typen-Kennung der Behälter angeben)?
7. Welche Beförderungsmittel (z.B. Schiff, Bahn oder Lkw) wurden zum Transport der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils verwendet?
8. Wo wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils umgeladen?
9. Wie lange wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils gelagert?
10. Wer war der jeweilige Absender (Firma mit Ortsangabe) der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe?
11. Wer war der jeweilige Empfänger (Firma mit Ortsangabe) der Kernbrennstoffe und welcher (bei sonstigen radioaktiven Stoffe) der Zielhafen?

Zu den meldepflichtigen Kernbrennstofftransporten für den Zeitraum vom 5.Januar 2019 bis zum 4.April 2019 siehe Anlage 1, zur Legende siehe Anlage 5.
Daten über die im Gefahrgut-Informations-System der Polizei (GEGIS) gemeldeten Transporte liegen nur für die jeweils letzten drei Monate vor. Die Transportvorgänge mit sonstigen radioaktiven Stoffen für den Zeitraum vom 5.Januar 2019 bis zum 4.April 2019 sind in Anlage 2 zusammengefasst. Die Dauer des Umschlags sowie die Namen und Adressen der Absender und der Empfänger werden in GEGIS nicht erfasst.

 

12. In der Drs. 20/13644 führt der Senat aus, Umschlag von mit Luftfracht transportierten Kernbrennstoffen habe es in Hamburg seit vielen Jahren nicht gegeben. Über den Transport von sonstigen radioaktiven Stoffen per Luftfracht lägen dem Senat keine Informationen vor, da die Zuständigkeit für die Aufsicht für diesen Transportweg beim Luftfahrtbundesamt liegt.
In  der Drs. 20/14621 führt der Senat aus, die Zuständigkeit für die Aufsicht über Transporte radioaktiver Stoffe auf bundeseigenen Eisenbahnstrecken liege beim Eisenbahnbundesamt.
Zuletzt in der Drs. 21/15632 gab der Senat Anfang Januar Überblick über Mängel bei der Kontrolle von Güterbeförderungseinheiten (CTU) im Zusammenhang u.a. mit radioaktiven Stoffen der Klasse 7 für Schiffe und LKW.
a. Sind dem Senat für die Zeit danach solche bekannt? Wenn ja, bitte mit Datum und möglichst konkreter Beschreibung der Mangelart u.a. wie in Anlage 3 zur Drs. 21/15632 aufführen.
b. Sind dem Senat über diese hinaus auch Beanstandungen bei anderen Transportarten bekannt geworden? Wenn ja, bitte möglichst in der Tabelle mit angeben.

Daten über die bei Kontrollen festgestellten Mängel im Zusammenhang mit dem Transport radioaktiver Güter für den Zeitraum vom 7. Januar 2019 bis zum 4. April 2019 sind in der Anlage 3 zusammengestellt.
In diesem Zeitraum wurden durch die Polizei 71 Kontrollen im Zusammenhang mit dem Transport radioaktiver Güter auf Schiffen, auf der Straße und im Schienenverkehr durchgeführt. Davon verliefen 66 Kontrollen ohne Beanstandungen, bei fünf Kontrollen im Zusammenhang mit dem Verkehrsträger Schiff wurden Mängel sicherheitsrelevanter Art festgestellt. Im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr und dem Schienenverkehr wurde kein Mangel im Zuständigkeitsbereich der Polizei Hamburg festgestellt.

 

13. Insgesamt sechs Hamburger Betriebe haben eine Umschlagsgenehmigung nach § 7 StrlSchV : die drei zur HHLA gehörenden Terminals CTB, CTT und CTA, der Unikai, den die HHLA und die Grimaldi- Reedereigruppe gemeinsam betreiben, Eurogate sowie das Hafenunternehmen C. Steinweg.
a. Welche von den derzeitig gültigen Umschlagsgenehmigungen laufen gegebenenfalls in diesem Jahr und wann aus?

b. Haben die ggf. unter a. genannten Betriebe erneut eine Umschlagsgenehmigung verlangt beziehungsweise schon erhalten?

Keine.

Bezogen auf zukünftige Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen in und aus dem Hafen Hamburg sowie durch das Hamburger Stadtgebiet fragen wir soweit Meldungen vorliegen:

 

14. Hat es seit Mitte Januar bei der hamburgischen Genehmigungsbehörde (Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz) weitere Antragstellungen/Genehmigungen auf Zulassung zur Beförderung „sonstiger radioaktiver Stoffe“ gegeben? Wenn ja, bitte die Unternehmen auflisten.

Nein.

 

15. Wie viele und welche gültigen Genehmigungen für den Transport radioaktiver Stoffe liegen der Umweltbehörde derzeit vor?
Bitte auflisten mit Genehmigungsnummer, Beginn und Ende der Genehmigungsdauer, maximal zulässige Transportzahl und Menge (in Kilogramm oder Tonnen), Absender und Empfänger, Transportmittel und Art des Stoffes sowie der Behälterbezeichnung.

In der Anlage 4 (zur Legende siehe Anlage 5) sind die zum Zeitpunkt dieser Anfrage der zuständigen Behörde vorliegenden Genehmigungen für Kernbrennstofftransporte aufgelistet. Weitere Angaben werden nicht erfasst. Auf die vom Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit regelmäßig aktualisierte Liste aller gültigen Transportgenehmigungen wird verwiesen.     www.bfe.bund.de/SharedDocs/Downloads/BfE/DE/fachinfo/ne/transportgenehmigungen.html).

 

16. Gilt der von der HHLA vor längerem verkündete Kernbrennstoff- Umschlagsverzicht  auch für den Unikai, den die HHLA und die Grimaldi- Reedereigruppe gemeinsam betreiben, und der ebenfalls eine Umschlags-Genehmigung besitzt?

Siehe Drs. 21/14386.

 

17. Aus diversen Drucksachen zum Thema Atomtransporte geht hervor, dass die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) seit Beginn der Legislaturperiode im Frühjahr 2015  mit Vertretern von mindestens vier Umschlagsunternehmen sowie Reedereien das Thema Selbstverzicht auf Atomtransporte bzw. -umschlag besprochen hat.
Auf die Frage, ob weitere Gespräche zu freiwilligem Selbstverzicht stattgefunden bzw. Termine vereinbart sind, antwortete der Senat im Rahmen dieser Anfragereihe bisher mehrmals, „die zuständige Behörde befindet sich im kontinuierlichen Austausch mit der Hafenwirtschaft. Es sind weitere Termine vorgesehen. Aus Vertraulichkeitsgründen können die Gesprächspartnerinnen und -partner nicht genannt werden… Der Senat strebt an, dass sich weitere Hafenunternehmen anschließen.“ Dazu steht die zuständige Behörde wohl auch „weiterhin in Kontakt zu den relevanten Hafenunternehmen“.
Hat die zuständige Behörde bei ihrem kontinuierlichen Austausch mit der Hafenwirtschaft über die nun als erfolgreich beendeten Gespräche mit C. Steinweg und  Eurogate hinaus weitere Gespräche mit z.B. Reedereien zum Themenkomplex atomarer Umschlag geführt?

Es ist insgesamt mit vier Unternehmen gesprochen worden, im Übrigen siehe Drs. 21/13484.

 

18. Welche Einschätzung bezüglich der Entwidmung des Hafens für den Umschlag von Kernbrennstoffen, damit der freiwillige Verzicht auch gesichert werden kann, hat der Senat derzeit?

Siehe Vorbemerkung.

 

19. Sind dem Senat etwaige Verlagerungen von Kernbrennstofftransporten zu Eurogate, Steinweg-Terminal oder Unikai bzw. an andere Kaikanten nach der Ankündigung der HHLA bekannt, nachdem mit der überwiegend städtischen HHLA ein „ für den Hamburger Hafen bedeutsame(s) Unternehmen“ (Drs. 21/13484) zur Jahresmitte 2018 bekannt gab, freiwillig darauf verzichten zu wollen, Kernbrennstoffe umzuschlagen?
Wenn ja, welche und durch wen?

Nein.

 

20.  Wie lange laufen ggf. noch die Altverträge der HHLA mit welchen Atomtransporteuren (Reedereien u.a.)? Wie langfristig laufen ggf. z.B. die Verträge mit der Rederei "Godby Shipping AB" noch?

Als börsennotierte Aktiengesellschaft beantwortet die HHLA die Fragen aller ihrer Aktionäre aus aktienrechtlichen Gründen einheitlich auf der jährlichen Hauptversammlung.

Dateien

Verwandte Nachrichten