SKA: Haushaltsauswirkungen aus „Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Zusammenhang mit dem Ausbau der Hamburg Messe“

Stephan Jersch

Die Finanzierungskonstruktion für den Ausbau der Hamburger Messe reiht sich nahtlos in die Kalkulations-Desaster des damaligen CDU-Senates neben Elbphilharmonie, HSH-Nordbank und dem Ausverkauf der Immobilien aus öffentlichem Eigentum ein. DIE LINKE fragt nach.

31. März 2017


Schriftliche Kleine Anfrage

der Abgeordneten Norbert Hackbusch und Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 23.03.2017

und Antwort des Senats

- Drucksache 21/8432-

 

Betr.: Hamburg-Messe

Hier: Haushaltsauswirkungen aus „Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Zusammenhang mit dem Ausbau der Hamburg Messe“

Mit Drucksache 17/2061 hatte der damalige CDU-Senat unter Federführung des damaligen 1. Bürgermeisters von Beust und des Finanzsenators Peiner den Ausbau der Messe über ein ÖPP-Leasingmodell durchgesetzt.

In der Drucksache wurden zur Darstellung der Finanzierung und der haushaltsmäßigen Auswirkungen drei Szenarien dargestellt, Variante A (Konservativ), Variante B (Best Case) und Variante C (Worst Case).

Hierzu wurden vom Senat laut Drucksache Gutachter bestellt, die an diversen „Stellschrauben“ mit Vorsichtsabschlägen arbeiten wollten. Bereits in der Drucksache wird davon gesprochen, dass sich „der Senat der Auffassung des Gutachters nicht anzuschließen vermag“. Zudem (Zitat) „teilt der Senat die Auffassung der HMC-Geschäftsführung, wonach die künftige Entwicklung entsprechend der Variante A realistisch sein dürfte bzw. sogar bessere Ergebnisse nicht ausgeschlossen sind.“.

Nun ist es aber anders gekommen und die Stadt Hamburg bezahlt deutlich mehr als kalkuliert. Somit reiht sich die Messefinanzierungskonstruktion nahtlos in die Kalkulations-Desaster des damaligen CDU-Senates neben Elbphilharmonie, HSH-Nordbank und dem Ausverkauf der Immobilien aus öffentlichem Eigentum ein. Die Mopo berichtete aktuell in einem Artikel mit der Überschrift „wie sich der CDU-Senat bei Messe-Bau verkalkulierte“.

Bereits am 5.02.2004 (Drucksache 17/4201) hatte sich der Rechnungshof kritisch mit der gewählten Finanzierungsvariante auseinandergesetzt. Hier merkt er an, dass auf der Ausgabenseite einzelne Vorhaben auf Planannahmen basieren, deren Realisierung unsicher sei und verweist explizit auf die Finanzierung der Leasingraten für die Messe-Erweiterung.

Wir fragen den Senat:

Mit Abschluss des Messevertrages gingen die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) und die Hamburg Messe und Congress GmbH (HMC) finanzielle Verpflichtungen ein, die hinsichtlich ihrer Höhe und Dauer über die gesamte Laufzeit genau festgelegt wurden und regelmäßig erfüllt werden. Hierzu sind nachträglich keine Änderungen möglich. Gegenstand einer nachträglichen Bilanzierung können daher nur die damaligen wirtschaftlichen Erwartungen an das Messegeschäft sein.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der HMC wie folgt:

1. Welche Gutachter wurden in 2003 bestellt?

Siehe Drs. 17/2061.

2. Wie sieht die Finanzierungsbilanz dieser Leasing-Modell-Maßnahme per 31.12.2016 aus?

Nachfolgend sind die Annahmen aus der Drs. 17/2061 zur Finanzierung den tatsächlichen Werten gegenübergestellt:

Kriterium

tatsächlich

Variante A

Konservativ“

Variante B

Best Case“

Variante C

Worst Case“

durchschnittlicher Umsatz

1996-2003 p.a. (TEUR)

43.624

35.287

35.287

35.287

durchschnittlicher Umsatz 2009/10

im Mittel p.a. (TEUR)

65.231

52.500

67.000

44.500

Umsatzsteigerung 2004-2010

38%

48,8%

89,9%

26,1%

durchschnittliche Umsatzsteigerung

2004-2010 p.a.

5,5%

7,0%

12,8%

3,7%

Umsatzsteigerung 2004-2016

102%




durchschnittliche Umsatzsteigerung

2004-2016 p.a.

6,0%




Entwicklung des HMC-Unternehmensergebnisses in TEUR:

Jahr

tatsächlich

Variante A

Konservativ“

Variante B

Best Case“

Variante C

Worst Case“

2004

4.088

7.300

7.300

4.200

2005

-9.282

-8.360

-6.660

-13.660

2006

-6.752

-3.270

-2.170

-6.370

2007

-18.158

-15.735

-13.735

-18.235

2008

-12.425

-8.725

-5.125

-11.625

2009

-28.926

-14.985

-10.785

-20.185

2010

-16.397

-6.785

-1.985

-13.985

2016

-1.911





 

 

 

 

 

 

 

 

3. Gibt es ein Finanzierungsbilanz-Modell für eine klassische Eigenfinanzierung der Stadt ohne Zwischenschaltung eines „Leasing-Modells“? Falls ja, bitte per 31.12.2016 gegenüberstellen?

Nein.

Im Übrigen sind dem Senat keine weiteren Leasingmodelle zur Finanzierung von Investitionsvorhaben als Ersatz für eine eigene Finanzierung der Stadt bekannt.

4. Welche privaten Unternehmen sind in dieses ÖPP-Projekt einbezogen?

Derzeit sind folgende private Unternehmen in das Projekt einbezogen:

  • Commerz Real AG,
  • Bayerische Landesbank.

5. Gibt es Möglichkeiten der Kündigung des Leasing-Konstruktes? Falls ja, zu welchen Terminen?

Kündigungen sind möglich zu den Terminen 26. Oktober 2020 und 26. April 2028. Bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung im Jahr 2020 wäre ein Restkaufpreis von ca. 315 Mio. Euro bzw. im Jahr 2028 von ca. 195 Mio. Euro zu entrichten. Zum Laufzeitende Oktober 2034 beträgt der Restkaufpreis ca. 83 Mio. Euro.“

6. Werden derzeit und aktuell weitere ÖPP-Modelle vom Senat projektiert?

Nein.